1. 'Uberraschung' und die Empfindung des raschen Einziehens des Atems. 2. "Ich hoffe unentwegt, . . ." im Gegensatz zu "Ich hoffe du wirst kommen!". Dies hei#t ungefa%hr das Gleiche wie: "Du wirst doch kommen! " 3. Man sagt "Ich wu%nsche . . ." normalerweise gewi# nicht auf Grund einer Selbstbeobachtung -- es ist eben Wunscha%u#erung -- es kann aber doch vorkommen, da# man einen Wunsch durch Beobachtung der eigenen Reaktionen erkennt, entdeckt. Wenn du nun fragst "Erkennst du in so einem Fall dasselbe, was du im andern durch die A%u#erung ausdru%ckst, -- so liegt in der Frage ein Fehler. (Als fragte man: Ist es derselbe Sessel, den ich sehen kann und auf dem ich sitzen kann?) 4. Ich sage "Ich hoffe, du wirst kommen", aber nicht "Ich glaube: ich hoffe, du wirst kommen"; wohl aber wa%re es mo%glich zu sagen: "Ich glaube, ich hoffe noch immer, er werde kommen". [Zettel 79; in anderen Zusammenha%ngen wird der blo#e Buchstabe Z Zettel vertreten.] 5. "Aber erlebt man nicht die Bedeutung?" "Aber ho%rt man nicht das Klavier?" Jede der beiden Fragen kann sachlich und begrifflich gemeint sein, d.h.: gcbraucht werden. (Zeitlich, oder zeitlos.) 6. Er sagt "Ich willjetzt ausgehen", plo%tzlich sagt er "Nein" und tut etwas anderes. Als er "Nein" sagte, fiel ihm plo%tzlich ein, er wolle zuerst . . . -- Er sagte "Nein"; aber dachte er auch "Nein"? Dachte er eben nicht an jene andere Angelegenheit? Man kann sagen, er dachte an sie. Er mu#te dazu aber weder laut noch im Stillen einen Gedanken aussprechen. -- Er ko%nnte freilich spa%ter die Absicht in einen Satz kleiden. Zur Zeit des Wechsels mochte ihm ein Bild vorgeschwebt haben, oder aber er sagte nicht nur "Nein", sondern irgend ein Wort, das A%quivalent eines Bildes. Wollte er etwa zuerst den Schrank zuschlie#en, so sagte er vielleicht "Der Schrank!"; wollte er erst die Ha%nde waschen, so sah er sie etwa an und verzog das Gesicht. "Aber ist das Denken?" -- Ich wei# es nicht. Sagt man denn in so einem Falle nicht, Einer habe sich etwas 'u%berlegt', er habe sich anders 'besonnen' ? Aber mu# er zu diesem Denken unbedingt eine Sprache be- herrschen lernen? Ko%nnte nicht ein 'intelligentes' Tier so handeln? Man hat es abgerichtet, einen Gegenstand von dort und dort zu holen und ihn dorthin zu bringen. Es geht nun, ohne den Gegenstand dem Ziele zu, kehrt plo%tzlich um (als ha%tte es gesagt "Ach, ich habe . . . vergessen!") und holt den Gegenstand, etc. Sa%hen wir so etwas, so wu%rden wir sagen: es sei in ihm, in seinem Geiste, damals etwas vorgefallen. Und was ist denn in mir vorgefallen, wenn ich so handle? "Nicht gar viel" mo%chte ich sagen. Und was innen vorgeht, ist nicht wichtiger, als was a%u#erlich, durch Sprechen, Zeichnen, etc. vorgehen kann. ((Woraus du lernen kannst, wie das Wort "denken" gebraucht wird.)) 7. Denk dir nun, Einer habe einen Bau aufzufu%hren, mit Bausteinen, oder 'Mechano'. Er probiert nun verschiedene Stu%cke, versucht sie zusammenzupassen, macht vielleicht eine Skizze, etc. etc. Nun sagt man, er habe bei dieser Ta%tigkeit gedacht! -- Gewi#, man unter- scheidet so dies Tun von einem sehr anders gearteten. Aber ist es eine gute Beschreibung dieses Unterschieds: in einem Falle gehe mit dem manuellen Tun noch etwas anderes einher? Ko%nnte man etwa dieses Andere isolieren, und es geschehen lassen, ohne die u%brige Ta%tigkeit? Es ist nicht wahr, da# Denken eine Art Sprechen ist, wie ich einmal sagte.1 Der Begriff 'denken' ist vom Begriff 'sprechen' kategorisch verschieden. Aber natu%rlich ist das Denken keine Begleitung des Sprechens, noch sonst irgend eines Vorgangs. Das hei#t: man kann z.B. den 'Denkvorgang' nicht unbegleitet vor sich gehen lassen. Er hat auch nicht Abschnitte, die den Abschnitten der andern Ta%tigkeit (des Redens z.B.) entsprechen. D.h.: wenn man von einem 'Denkvorgang' redet, so ist er so etwas wie das Operieren (schriftlich oder mu%ndlich) mit Zeichen. Das Schlie#en und Rechnen ko%nnte man einen 'Denkvorgang' nennen. 8. Es wa%re auch nicht ganz falsch, das Sprechen 'das Instrument des Denkens' zu nennen. Aber man kann nicht sagen, der Sprech- vorgang sei ein Instrument des Denkvorgangs; oder die Sprache gleichsam der Tra%ger des Gedankens, wie etwa die To%ne eines Lieds die Tra%ger der Worte genannt werden ko%nnen. 9- Man kann das Wort denken so verwenden' da# es' beila%ufig gesprochen, ein Reden zu einem Zweck bezeichnet, d.h. also, ein Sprechen oder Schreiben, ein Sprechen in der Vorstellung, sozusagen ein 'Kopfsprechen'. Eine Form dies zu tun, ist: sich die Rede leise vorsagen oder aufschreiben und Korrekturen anbringen. Man sagt sich etwa einen Satz vor, schu%ttelt den Kopf, sagt "Das ist zu lang" etc.; sagt den Satz wieder in einer anderen Form. 11. Man ko%nnte etwa, was Denken ist, beschreiben, indem man den Unterschied zwischen einem Geistesschwachen und einem normalen Kind, das zu denken anfa%ngt, beschreibt. Wollte man die Ta%tigkeit angeben, die der Normale lernt, der Geistesschwache nicht lernen kann, man ko%nnte sie nicht aus ihrem Benehmen herausklauben. 12. Das Wort "Denken" wird in gewisser Weise sehr anders gebraucht als zum Beispiel "Schmerzen haben", "traurig sein", etc.: Man sagt nicht "Ich denke" als A%u#erung eines Seelenzustands. Ho%chstens "Ich denke nach". "La# mich in Ruh; ich denke u%ber . . . nach." Und damit meint man natu%rlich nicht "La# mich in Ruh; ich benehme michjetzt so und so." Also ist "Denken" kein Benehmen. 13. Ich dachte 'der Stab ist zu lang, ich mu# einen Andern probieren'." -- Als ich das dachte, sagte ich mir vielleicht gar nichts, -- vielleicht ein oder zwei Worte. Und doch ist der Bericht nicht unwahr (oder kann doch wahr sein). Er hat eine Verwendung. Man sagt z.B. "Ja, ich hab dir zugeschaut und hab mir gedacht, da# du dir das gedacht hast". 14. "Der Mensch denkt, fu%hlt, wu%nscht, glaubt, will, wei#." Das klingt wie ein vernu%nftiger Satz. So wie: "Der Mensch zei=hnet, malt, modelliert." Oder: "Der Mensch kennt Saiteninstrumente, Blasinstrumente . . ." Der erste Satz ist eine Aufza%hlung alles dessen, was der Mensch mit seinem Geiste tut. Aber so, wie man zum Satz u%ber die Instrumente die Frage stellen kann "Und kennt der Mensch nicht auch Instrumente, die aus quiekenden Ma%usen bestehen?" und die Antwort darauf wa%re: Nein--so mu%#te es zu der Aufza%hlung der Geistesta%tigkeiten auch eine Frage geben der Art: "Und ko%nnen die Menschen nicht auch . . . ?" 15. Jemand sagt: "Der Mensch hofft." Wie ha%tte man das natur- geschichtliche Pha%nomen zu beschreiben? -- Man ko%nnte ein Kind beobachten und warten, bis es eines Tages Hoffnung a%u#ert; und man ko%nnte dann sagen: "Heut hat es zum ersten Mal gehofft." Aber das klingt doch seltsa1n! Obwohl es ganz natu%rlich wa%re zu sagen "Heut hat es zum ersten Mal gesagt 'ich hoffe". Und warum seltsam? Man sagt doch nicht von einem Sa%ugling, er hoffe . . ., und man sagt es doch vom Erwachsenen. -- Nun, das ta%gliche Leben wird nach und nach zu dem, worin fu%r Hoffnung Raum ist. [Z 469a.] 16. Ich habe in diesem Fall den Ausdruck "eingebettet gebraucht, gesagt, die Hoffnung, der Glaube, etc. sei im menschlichen Leben, in allen den Situationen und Reaktionen, die das menschliche Leben ausmachen, eingebettet. Das Krokodil hoffe nicht, der Mensch hoffi. Oder: Vom Krokodil kann man nicht sagen, es hofft; aber vom Menschen. Wie aber mu%#te sich ein Mensch verhalten, von dem man sagen wu%rde: er hoffe nie? -- Die erste Antwort ist: Ich wei# es nicht. Eher ko%nnte ich schon sagen, wie ein Mensch sich benehmen mu%#te, der sich nie nach irgend etwas sehnt; oder der sich nie u%ber irgend etwas freut; oder der nie erschrickt, oder sich vor nichts fu%rchtet. 17. Furchtbenehmen bei Furchtanla%ssen (etc.) ist ein Pha%nomen unseres Lebens. Aber Furcht? -- Nun, man ko%nnte sagen, statt "Ich fu%rchte mich": "Das Pha%nomen der Furcht zeigt sich in mir"; wobei man nicht an das eigene Benehmen denkt. Ko%nnte man dann aber im gleichen Sinne sagen: "Das Pha%nomen der Furcht zeigt sich in ihm"? 18. Wenn ich jemandem sage: 'Die Menschen denken' fu%hlen' - - - ' so mache ich ihm, scheint es, eine naturgeschichtliche Mitteilung. Sie soll ihm etwa den Unterschied des Menschen von den Tierarten zeigen. Kann er sie aber exemplifizieren, indem er sagt "Ja; ich selbst z.B. sehe jetzt"? Ist denn "Ich sehe . . ." eine naturgeschichtliche Mit- teilung u%ber mich? Wu%rde es na%mlich nicht ebenso gut sein, wenn ich sagte "Ich sehe nicht"? 19. "Der Mensch denkt, fu%rchtet sich, etc. etc.": das ko%nnte man etwa Einem antworten, der gefragt hat, welche Kapitel ein Buch u%ber psychologie enthalten soll. [Z 468.] 20. Woher nehmen wir den Begriff'denken', den wir hier betrachten wollen? Aus der Alltagssprache. Was unsrer Aufmerksamkeit zuerst ihre Richtung gibt, ist das Wort "denken". Aber der Gebrauch dieses Worts ist verworren. Und wir ko%nnen es nicht anders erwarten. Und das la%#t sich natu%rlich von allen psychologischen Verben sagen. Ihre Verwendung ist nicht so klar, und so leicht zu u%bersehen, wie die der Wo%rter der Mechanik z.B. [Z 113.] 21. Es ist mit den psychologischen Wo%rtern etwa so, wie mit denen, die aus der Sprache des Alltags in die der Mediziner u%bergehen. ("Schock.") 22. Ich sage Einem: "Die Menschen denken." Er fragt mich: "Was ist denken?" -- Nun erkla%re ich ihm den Gebrauch dieses Worts. Aber ist danachjener erste Satz noch eine Mitteilung? ((Ko%nnte nicht eine Ameise so zu einer Ameise sprechen?)) 23. "Die Menschen denken, die Heuschrecken nicht." Das hei#t etwa: Der Begriff 'denken' bezieht sich auf das Leben der Menschen, nicht der Heuschrecken. Und diese Mitteilung ko%nnte man Einem machen, der das deutsche Wort "denken" nicht versteht und etwa irrtu%mlich glaubt, es beziehe sich auf etwas, was Heuschrecken tun. 24. "Heuschrecken denken nicht." Wohin geho%rt das? -- Ist es ein Glaubensartikel, oder geho%rt es in die Naturgeschichte? Wenn das letztere, so sollte es etwa ein Satz sein wie: "Heuschrecken ko%nnen nicht lesen und schreiben." Dieser Satz hat einen klaren Sinn, und wenn er vielleicht auch nie verwendet wird, so ist es doch leicht, sich eine Verwendung fu%r ihn vorzustellen. 25. Eine Dampfmaschine hat einen Kreuzkopf, eine Dampfturbine nicht." Wem, in welchem Zusammenhang, wu%rde man das sagen? 26. Kann ein Mensch verstehen, was 'lesen' ist, es sei denn, er ko%nne selber lesen; kann er verstehen, was 'fu%rchten' ist, ohne Furcht zu kennen; u.s.w.?" Nun, ein Analphabet kann doch gewi# sagen, er ko%nne nicht lesen, aber sein Sohn habe es gelernt. Ein Blinder kann sagen, er sei blind und die Leute um ihn seien sehend. "Ja, aber meint er nicht doch etwas anderes mit den Worten 'blind' und 'sehend', als der Sehende?" Worauf beruht es, da# man das sagen will? Nun, wenn Einer nicht wu%#te, wie ein Leopard ausschaut, so ko%nnte er doch sagen und verstehen "Dieser Ort ist sehr gefa%hrlich, es gibt Leoparden dort". Man wu%rde aber doch vielleicht sagen, er wei# nicht, was ein Leopard ist, also nicht, oder nur unvollsta%ndig, was das Wort "Leopard" bedeutet, bis man ihm einmal ein solches Tier zeigt. Nun kommt es uns mit den Blinden a%hnlich vor. Sie wissen, sozusagen, nicht, wie sehen ist. -- Ist nun 'Furcht nicht kennen' analog dem 'nie einen Leoparden gesehen haben'? Das will ich natu%rlich verneinen. [Z 618, v0n "Ein Blinder kann sagen" an.] 27. Die Frage ist: Was fu%r Sprachspiele kann, der die Furcht nicht kennt, eo ipso, nicht spielen? Man ko%nnte da z.B. sagen: er wu%rde einer Trago%die ohne Versta%ndnis zuschauen. Und man ko%nnte das so erkla%ren: Wenn ich den Andern in einer furchtbaren Lage sehe, auch wenn ich selbst gar nichts zu fu%rchten habe, so kann ich schaudern, aus Mitgefu%hl schaudern. Wer aber die Furcht nicht kennte, ta%te das nicht. Wir fu%rchten uns mit ihm, auch wenn wir nichts zu fu%rchten haben; und das ist es, was Jener nicht kann. Wie ich mein Gesicht schmerzlich verziehe, wenn man dem Andern Schmerz zufu%gt. 28. Gut; aber wa%re es nicht denkbar, da# Einer, der den Schmerz nie gefu%hlt hat, ihn in der Form des Mitleids dennoch empfa%nde? Er wu%rde also, was immer ihm gescha%he, nicht sto%hnen, wohl aber, wenn einem Andern Schmerz zugefu%gt wird. Aber ob wir nun von Diesem sagen wu%rden, er habe Mitleid? Ob wir nicht sagen wu%rden: "Es ist eigentlich kein Mitleid, weil er ja eigenen Schmerz gar nicht kennt."-- ? Oder man ko%nnte sich in so einem Fall denken, da# die Leute sagten, diesem Menschen habe Gott ein Gefu%hl fu%r das Leid, die Furcht des Andern gegeben. So etwas wu%rde man vielleicht eine Intuition nennen. 29. "Die Menschen denken manchmal." Wie habe ich gelernt, was "denken" hei#t? -- Es scheint, ich kann es nur gelernt haben, indem ich mit Menschen lebte. -- Man ko%nnte sich freilich denken, da# Einem das Leben der Menschen im Film vorgefu%hrt wu%rde, oder da# er das Leben nur beobachten du%rfte, ohne mitzutun. Er wu%rde ihr Leben dann etwa verstehen, wie wir das Leben der Fische verstehen, oder gar der Pflanzen. Von Lust und Leid etc. der Fische ko%nnen wir nicht reden. 30. Ich meine aber natu%rlich nicht: Er kann es, erfahrungsgema%#, nicht verstehen, wenn er das Leben nicht mitlebt (als sagte man: man kann Rudern nicht lernen, indem man blo# Andern beim Rudern zuschaut) -- sondern gemeint ist: Ich wu%rde von mir nicht (noch vom Andern) sagen, wir verstu%nden die Lebensa%u#erungen, die uns fremd sind. Und hier gibt es natu%rlich Grade. 31. Das Denken kann man keine Erscheinung nennen; wohl aber kann man von 'Erscheinungen des Denkens' reden, und Jeder wird wissen, was fu%r Erscheinungen da gemeint sind. 32. Man kann offenbar sagen: "Denk an Zornanla%sse und Zorner- scheinungen (Zornbenehmen) . " Nenne ich aber den Zorn eine Erscheinung, so mu# ich meinen Zorn, meine Zornerfahrung eine Erscheinung nennen. (Eine Er- scheinung meines Innenlebens etwa.) 33. Sieh es einmal rein behaviouristisch an: Jemand sagt: Der Mensch denkt, wu%nscht, freut sich, ist zornig, etc. Denk, es sei hier nur von gewissen Formen des Verhaltens bei gewissen Anla%ssen die Rede. Man ko%nnte sich vorstellen, wer so vom Menschen redet, habe diese Verhaltungsweisen zuerst bei andern Wesen beobachtet und sage nun, beim Menschen lie#en sich diese Erscheinungen auch beobachten. Das wa%re also, wie wenn wir dies von einer Tierart sagten.-- 34. Plo%tzlich la%chle ich und sage . . . Als ich la%chelte, war mir der Gedanke gekommen. Worin bestand er? Er bestand in gar nichts; denn das Bild, oder Wort, etc., das etwa auftauchte, war nicht der Gedanke. 35. Ich wu%rde gerne sagen: Die Psychologie hat es mit bestimmten Aspekten des menschlichen Lebens zu tun. Oder auch: mit gewissen Erscheinungen -- aber die Wo%rter "denken", "fu%rchten", etc. etc. bezeichnen nicht diese E1- scheinungen. 36. "Wie ist es aber mo%glich, da# man ein Ding einer Deutung gema%# sieht?" -- Die Frage stellt diese als ein seltsames Faktum dar; als wa%1e hier etwas in eine Form gezwa%ngt worden, was eigentlich nicht hineinpa#t. Aber cs ist hier kein Dru%cken und Zwa%ngen geschehen- [Philosophische Untersuchungen II, xi, S. 200, Absatz e.] 37. Und nun ist das Merkwu%rdige, da# man sozusagen nicht wei#, was man tut, wenn man die Figur einmal als das, einmal als das ansieht, oder sieht. Das hei#t, man ist versucht, zu fragen "Wie mache ich das?", "Was sehe ich eigentlich anderes?" -- Und darauf erha%lt man keine relevante Erkla%rung zur Antwort. 38. Denn nicht das ist die Frage: was ich mache, wenn . . . (dies ko%nnte nur eine psychologische Frage sein) -- sondern, welche Bedeutung die A%u#erung hat, was sich aus ihr entnehmen la%#t, welche Folgen sie hat. 39. Wer den Aspektwechsel nicht empfa%nde, wa%re nicht geneigt zu sagen: "Jetzt sieht es ganz anders aus!" oder "Es ist als ha%tte sich das Bild vera%ndert, und hat sich doch nicht vera%ndert!" oder "Die Form ist gleich geblieben und doch hat sich etwas vera%ndert; etwas, was ich die Auffassung nennen mo%chte und was man sieht!" -- 40. Etwas einmal als das, einmal als das sehen, ko%nnte ein blo#es Spiel sein. Man redet zum Kind einmal in dieser Weise -- etwa: "Jetzt 1st es . . .! jetzt . . .! ' -- und es reagiert; ich meine, es lacht, macht nun verschiedene solche U%bungen (so, als ha%tte man es darauf auf- merksam gemacht, da# die Vokale Farben haben). Ein anderes Kind empfindet weder diese Farben, noch versteht es, was mit jener A%nderung gemeint ist. 41. Wie aber, wenn man diesem Kind die Aufgabe stellte, die Gestalt 4 in der Figur aufzusuchen?1 (Dies ko%nnte eine Aufgabe im ersten Unterricht der Kinder sein.) Ko%nnte es die Aufgabe nicht lo%sen (oder die, eine Reihe verschiedener Gestalten 1: jener Figur zu finden), wenn es sich einer Aspekta%nderung nicht bewu#t wird, nicht sagen mo%chte, die Figur a%ndere sich irgendwie, werde zu einem anderen Gebilde, oder dergleichen? 42- u sagst' der normale Mensch sa%he die Figur 2 als zwei Kreise von einer Geraden durchschnitten. Aber wie zeigt sich das? Wenn er die Figur etwa kopiert, soll ich sagen, es zeige sich darin, wie er's tut? Wenn er die Figur mit Worten beschreibt, zeigt es sich darin, welche Beschreibung er wa%hlt? Diese Wahl ko%nnte durch die Bequemlichkeit der Darstellung bestimmt sein. Ja, wenn das Kind auf verschiedene Arten der zeichnerischen Wiedergabe (Reihen-- folgen der Striche) ka%me, wa%re das unser Kriterium fu%r den Wechsel des Aspekts? -- Wenn es aber sagt "Jetzt ist es . . . --jetzt . . .", wenn es redet, als sa%he es jedesmal einen anderen Gegenstand, dann werden wir sagen, es sieht die Figur auf verschiedene Weisen. 43. Das Wesentliche am Sehen ist, da# es ein Zustand ist, und ein solcher in einen anderen umschlagen kann. Aber wie wei# ich, da# er in einem solchen Zustand ist? nicht also in einem, der einer Disposition vergleichbar ist, wie das Wissen, das Verstehen oder eine Auffassung. Was ist das logische Charakteristikum so eines Zustands? 44. Denn, sagen, man erkenne ihn eben als solchen, wenn man ihn habe, ist Unsinn. Denn woran erkennt man ihn? (Das Kriterium der Identita%t.) 45. Ich will von einem 'Bewu#tseinszustand' reden, und das Sehen eines bestimmten Bildes, das Ho%ren eines Tons, eine Schmerz-- empfindung, Geschmacksempfindung, etc. so nennen. Ich will sagen: Glauben, Verstehen, Wissen, Beabsichtigen, u.a. seien nicht Be-- wu#tseinszusta%nde. Wenn ich diese letzteren fu%r einen Augenblick "Dispositionen" nenne, so ist ein wichtiger Unterschied zwischen Dispositionen und Bewu#tseinszusta%nden, da# eine Disposition durch eine Unterbrechung des Bewu#tseins, oder eine Verschiebung der Aufmerksamkeit nicht unterbrochen wird. (Und das ist natu%rlich keine kausale Bemerkung.) Man sagt wohl u%berhaupt kaum, man habe etwas seit gestern "ununterbrochen" geglaubt, oder verstanden Eine Unterbrechung des Glaubens wa%re aber eine Periode des Unglaubens, nicht z.B. die Abwendung der Aufmerksamke1t von dem Geglaubten, oder z.B. der Schlaf. (Der Unterschied zwischen 'knowing' und 'being aware of'.) [ Z 85, von "Man sagt wohl u%berhaupt kaum" an.] 46. Das ist wohl der Punkt, an dem man sagt, man ko%nne dem Andern eben nur die Form mitteilen, nicht aber den Inhalt. -- So redet man also zu sich selbst u%ber den Inhalt! und was hei#t das? (Wie 'bezieher1' sich meine Worte auf den mir bewu#ten Inhalt? und zu welchem Zweck?) [Z 87.] 47. Wir ziehen in diesen Betrachtungen oft, was man 'Hilfslinien' nennen kann. Wir machen Konstruktionen wie die des 'seelenlosen Stamms' -- die am Schlu# aus der Betrachtung herausfallen. Da# sie herausfielen, mu#te gezeigt werden. 48. 'Schmerz ist ein Bewu#tseinszustand, Verstehen nicht." -- "Nun, ich fu%hle eben das Verstehen nicht." -- Aber diese Erkla%rung tut's nicht. Es wa%re auch keine Erkla%rung zu sagen: Was man in irgend einem Sinne fu%hlt, ist ein Bewu#tseinszustand. Das hie#e ja nur: Bewu#tseinszustand = Gefu%hl. (Man ha%tte nur ein Wort durch ein anderes ersetzt.) [Z 84.] 49. Beobachte dich beim Schreiben, und wie die Hand die Buchstaben formt, ohne da# du es eigentlich veranla#t. Du fu%hlst wohl etwas in deiner Hand, allerlei Spannungen und Dru%cke, aber da# die dazu no%tig sind, diese Buchstaben zu erzeugen, davon wei#t du nichts. und gib mir ein Zeichen, wenn das Bild, das Gera%usch, etc. sich a%ndert. Es gibt da u%berhaupt ein Aufmerken. Wa%hrend man nicht das Vergessen des Gewu#ten, u. dergl., mit der Aufmerksamkeit verfolgen kann. [Z 81.] 51. Denk an das Sprachspiel: Bestimm mit der Stoppuhr, wie lange der Eindruck dauert. Man ko%nnte so nicht die Dauer des Wissens, Ko%nnens, Verstehens bestimmen. [ Z 82.] 52. "Aber die Verschiedenheit von Wissen und Ho%ren liegt doch nicht einfach in so einem Merkmal, wie die Art ihrer Dauer. Sie sind doch ganz und gar grundverschieden! " Freilich. Aber man kann eben nicht sagen: " Wisse und ho%re, und du wirst den Unterschied merken!" [Z83.] 53. Man kann nicht das Wissen und das Ho%ren betrachten und sehen, wie verschieden sie sind. Wie man nicht Fichtenholz und einen Tisch betrachten kann, um einen Eindruck von ihrer Verschiedenheit zu kriegen. 54. Wenn ich, um mir den Unterschied der Begriffe Wissen und Sehen vorzufu%hren, das Sprachspiel mit der Stoppuhr z.B. anwende, so macht dies freilich den Eindruck, als zeigte ich eine a%u#erst du%nne Unterscheidung, wo die wirkliche doch enorm ist. Aber dieser enorme Unterschied liegt eben darin (so mo%chte ich immer sagen), da# die beiden Begriffe ganz anders in unsern Sprachspielen eingebettet sind. Und der Unterschied, auf den ich aufmerksam machte, war eben nur ein Hinweis auf diese durch- gehende Verschiedenheit. 55. Das Kind lernt "Ich wei# das jetzt und "Ich ho%re dasjetzt"; aber Gott! wie verschieden die Anla%sse, die Anwendung, Alles! Wie kann man den Gebrauch u%berhaupt vergleichen? Es ist schwer zu sehen, wie man sie zusammenstellen soll, um Unterschiede anzugeben. Wo der Unterschied so gro# ist, da ist es schwer auf eine Unterscheidung hinzuweisen. 56. Ich kann sagen "So und a%hnlich wird dieses Wort verwendet, so und a%hnlich jenes." Die Vergleichbarkeit ist schwer zu sehen; nicht der Unterschied. 57. Der gemeinsame Unterschied aller Bewu#tseinszusta%nde von den Dispositionen scheint mir zu sein, da# man sich nicht durch Stichproben u%berzeugen mu#, ob sie noch andauern. [Z 72.] 58. Man mu# daran denken, da# es einen Zustand der Sprache geben kann (und wohl gegeben hat), in welchem sie den allgemeinen Begriff der Sinnesempfindung nicht besitzt, aber doch Wo%rter entsprechend unseren "sehen", "ho%ren", "schmecken". [Z 473 . ] 59. Sinneswahrnehmungen nennen wir Sehen, Ho%ren, . . . Zwischen diesen Begriffen bestehen Analogien und Zusammenha%nge, sie sind unsere Rechtfertigung fu%r diese Zusammenfassung. [Z 474.] 60. Man kann also fragen: Was fu%r Zusammenha%nge und Analogien bestehen zwischen Sehen und Ho%ren? Zwischen Sehen und Greifen? Zwischen Sehen und Riechen? -- [Z 475.] 61. Und fragt man das, so ru%cken die Sinne so zu sagen gleich weiter auseinander, als sie auf den ersten Blick zu liegen scheinen. [Z 476.] 62. Die Begriffe der psychologie sind eben Begriffe des Alltags. Nicht von der Wissenschaft zu ihren Zwecken neu gebildete Begriffe, wie die der Physik und Chemie. Die psychologischen Begriffe verhalten sich etwa zu denen der strengen Wissenschaften wie die Begriffe der wissenschaftlichen Medizin zu denen von alten Weibern, die sich mit der Krankenpflege abgeben. 63. Plan zur Behandlung der psychologischen Begriffe. Psychologische Verben charakterisiert dadurch, da# die dritte Person des Pra%sens durch Beobachtung zu identifizieren ist, die erste Person nicht. Satz in der dritten Person Pra%sens: Mitteilung, in der ersten Person Pra%sens A%u#erung. ((Stimmt nicht ganz.)) Sinnesempfindungen: ihre inneren Zusammenha%nge und Ana- logien. Alle haben echte Dauer. Mo%glichkeit der Angabe des Anfangs und Endes. Mo%glichkeit der Gleichzeitigkeit, des zeitlichen Zusammen- fallens. Alle haben Grade und qualitative Mischungen. Grad: kaum merkbar -- nicht auszuhalten. In diesem Sinne gibt es nicht Lage- oder Bewegungs-emp- findung. Ort der Empfindung am Leib: unterscheidet Sehen und Ho%ren von Druck-, Temperatur-, Geschmacks-, und Schmerzempfindung. (Wenn Empfindungen die Lage der Glieder und die Bewegungen charakterisieren, so ist ihr Ort jedenfalls nicht das Gelenk.) Die Lage der Glieder und ihre Bewegungen wei# man. Man kann sie z.B. angeben, wenn man gefragt wird. So wie man auch den Ort einer Empfindung (Schmerz) am Leibe wei#. Reaktion des Beru%hrens der schmerzhaften Stelle. Kein lokales Merkmal an der Empfindung. So wenig wie ein zeitliches am Erinnerungsbild. (Zeitliche Merkmale an der Photo- graphie.) Schmerz von andern Sinnesempfindungen unterschieden durch charakteristischen Ausdruck. Dadurch verwandt der Freude (die keine Sinnesempfindung) . "Sinnesempfindungen lehren uns die Au#enwelt kennen." Vorstellung: Geho%rsvorstellung, Gesichtsvorstellung, wie unterscheiden sie sich von den Empfindungen? Nicht durch "Lebhaftigkeit". Vorstellungen belehren uns nicht u%ber die Au#enwelt, weder richtig noch falsch. (Vorstellungen sind nicht Halluzinationen, auch nicht Einbildungen.) Wa%hrend ich einen Gegenstand sehe, kann ich ihn mir nicht vorstellen. Verschiedenheit der Sprachspiele: "Schau die Figur an! " und "Stell dir die Figur vor!" Vorstellung dem Willen unterworfen. Vorstellung nicht Bild. Welchen Gegenstand ich mir vorstelle, ersehe ich nicht aus der A%hnlichkeit des Vorstellungsbildes mit ihm. Auf die Frage "Was stellst du dir vor" kann man mit einem Bild antworten. [Z 472, 483, 621.] 64. Man mo%chte sagen: Der vorgestellte Klang sei in einem ande1n Raum als der geho%rte. (Frage -- Warum?) [Z 622, Anfang von a.] 65. Ich lese ein Buch und stelle mir wa%hrend des Lesens, also wa%hrend des aufmerksamen Schauens, alles mo%gliche vor. [Z 623.1 66. Es ko%nnte Leute geben, die nie den Ausdruck gebrauchen "etwas vor dem inneren Auge sehen", oder einen a%hnlichen; und diese ko%nnten doch im Stande sein, 'aus der Vorstellung', oder Erinnerung zu zeichnen, zu modellieren, das charakteristische Benehmen Anderer nachzuahmen, etc. Sie mo%gen auch, ehe sie etwas aus der Erinnerung zeichnen, die Augen schlie#en, oder wie blind vor sich hinstarren. Und doch ko%nnten sie leugnen, da# sie dann vor sich sehen, was sie spa%ter zeichnen. [Z 624, Anfang.] 67. "Siehst du sie, wie sie zur Tu%r hereinkommt?" -- und nun macht man's nach. 68. 'Sehen' ist na%mlich mit 'Schauen' unzertrennlich verbunden. ((D.h., das ist eine Art der Begriffsbestimmung, die eine Physio0- gnomie ergibt.)) Die Wo%rter, die beschreiben, was man sieht, sind Eigenschaften der Dinge, man lernt ihre Bedeutung nicht im Zusammenhang mit dem Begriff des 'inneren Sehens'. 69. Fragt man aber: "Was ist der Unterschied zwischen ei1nem Gesichtsbild und einem Vorstellungsbild?" -- so ko%nnte die Antwort lauten: DDie gleiche Beschreibung kann darstellen, was ich sehe, und was ich mir vorstelle. Zu sagen, es sei ein Unterschied zwischen Gesichtsbild und Vorstellungsbild, hei#t: man stellt sich etwas anders vor als es ausschaut. 70. Ich ha%tte fru%her auch sagen ko%nnen: Der Zusammenhang zwischen Vorstellen und Sehen ist eng; eine A%hnlichkeit aber gibt es nicht. [Z625a.] 71. Die Sprachspiele mit den beiden Begriffen sind grundver- schieden, -- ha%ngen aber zusammen. [Z 625b.] 72. Unterschied: trachten, etwas zu sehen' -- 'trachten, sich etwans vorzustellen'. Im ersten Fall sagt man etwa "Schau genau hin!", im zweiten "Schlie# die Augen! [Z 626.] 73. So wei#t du also nicht, ob Gesehenes (z.B. ein Nachbild) und eine Vorstellung im u%brigen nicht ganz gleich ausschauen? (Oder soll es hei#en: sind?)--Diese Frage ko%nnte nur eine empirische sein und etwa hei#en: "kommt es vor, oder gar oft vor, da# Einer e1ne Vorstellung la%ngere Zeit ungesto%rt vor der Seele erhalten, und sie so in allen Einzelheiten beschreiben kann, wie etwa ein Nachbild?" ich kann ihn noch sehen." Das hei#t nicht: Ich stelle ihn mir vielleicht vor. 75. "Sehen und Vorstellen sind verschiedene Pha%nomene." -- Die Wo%rter "sehen" und "vorstellen" werden ungleich verwendet. "Ich sehe" wird anders verwendet als "Ich stelle mir vor"; "Sieh!" wird anders verwendet als "Stell dir vor!"; "Ich versuche, es zu sehen" anders als "Ich versuche, mir's vorzustellen".--"Aber die Pha%nomene sind eben: da# die Menschen sehen und da# wir uns Dinge vorstellen." Ein Pha%nomen ist etwas, das man beobachten kann: Wie beobachtet man nun, da# die Menschen sehen? Ich kann z.B. beobachten, da# die Vo%gel fliegen, oder Eier legen. Ich kann Einem sagen: "Siehst du, diese Gescho%pfe fliegen. Schau, wie sie mit den Flu%geln schlagen und sich in die Luft erheben." Ich kann auch sagen: "Siehst du, dieses Kind ist nicht blind; es sieht. Schau, wie es der Kerzenflamme folgt." Aber kann ich mich sozusagen davon u%berzeugen, da# Menschen sehen ? "Menschen sehen." -- Im Gegensatz wozu? Dazu etwa, da# alle blind sind? 76. Kann ich mir den Fall vorstellen, da# ich sagte: "Ja, du hast Recht: Menschen sehen." -- Oder: ' Ja, du hast recgt: die Menschen sehen, so wie ich auch." 77. "Sehen und Verstehen1 sind verschiedene Pha%nomene." -- Die Wo%rter "sehen" und "verstehen"1 haben verschiedene Bedeutungen! Ihre Bedeutungen beziehen sich auf eine Menge wichtiger Arten und Weisen menschlichen Verhaltens, auf Pha%nomene des menschlichen Lebens. Die Augen schlie#en, um sich etwas vorzustellen, ist ein Pha%nomen; mit verkniffenen Augen angestrengt schauen, ist ein Anderes; einem Ding in Bewegung mit den Augen folgen, wieder eins. Denk, Einer sagte: "Der Mensch kann sehen oder blind sein" "Sehen", "Vorstellen", "Hoffen" sind eben nicht Pha%nomenwo%rter, ko%nnte man sagen. Das hei#t aber natu%rlich nicht, da# der Psychol0ge nicht Pha%nomene beobachtet. [a: Z 629.] 78. Der Ausdruck, das Vorstellen unterstehe dem Willen, kann irrefu%hren, weil er den Schein erweckt, als wa%re der Wille eine Art Motor und die Vorstellungen mit diesem im Zusammenhang, so da# er sie hervorrufen, bewegen, abstellen ko%nnte. 79. Aber wa%re es nicht denkbar, da# bei einem Menschen das gewo%hnliche Sehen dem Willen unterstu%nde? -- Wu%rde ihn das Sehen dann u%ber die Au#enwelt belehren? Ha%tten denn die Dinge Farben, wenn wir sie sehen ko%nnten, wie wir wollten? 80. Weil die Vorstellung dem Willen untertan ist, unterrichtet sie uns eben nicht u%ber die Au#enwelt. Insofern -- aber nicht in anderer Weise -- ist sie einer Ta%tigkeit wie dem Zeichnen verwandt. Und doch ist es nicht leicht, das Vorstellen eine Ta%tigkeit zu nennen. [a: Vgl. Z 627.] 81. Wie ist es aber, wenn ich dir sage: "Stell dir eine Melodie vo1 ? Ich mu# sie mir 'innerlich vorsingen'. Das wird man ebenso eine Ta%tigkeit nennen, wie das Kopfrechnen. 82. Denk auch daran, da# man Einem befehlen kann "Zeichne den N.N. nach der Vorstellung" und da#, ob er dies tut, oder nicht, nicht nach der A%hnlichkeit des Bildnisses entschieden wird. Und dem ist analog, da# ich mir den N.N. vorstelle, auch wenn ich ihn mir falsc:h vorstelle. 83. Wenn ich sage, die Vorstellung sei dem Willen unterworfen, so hei#t das nicht, sie sei gleichsam eine willku%rliche Bewegung itm Gegensatz zu einer unwillku%rlichen. Denn dieselbe Bewegung, des Armes etwa, die jetzt willku%rlich ist, ko%nnte auch unwillku%rlich sein. -- Ich meine: Es hat Sinn einen Befehl zu geben: "Stell dir das vor", oder auch "Stell dir das nicht vor". 84.1 Aber betrifft die Verbindung mit dem Willen nicht nur, so zu sagen, die Maschinerie, durch die die Vorstellung (das Vorstellungs- bild) erzeugt, gea%ndert wird? -- Es wird hier kein Bild erzeugt; es sei denn, Einer fertige ein Bild, ein wirkliches Bild, an. 85. Der Dolch, den Macbeth vor sich sieht, ist kein vorgestellter Dolch. Eine Vorstellung kann man nicht fu%r Wirklichkeit halten, noch Gesehenes fu%r Vorgestelltes; aber nicht, weil sie einander so una%hnlich sind. 86. Gegen die Willku%rlichkeit der Vorstellung kann man sagen, da# Vorstellungen oft gegen unsern Willen sich uns aufdra%ngen urd bleiben, sich nicht verscheuchen lassen. Doch aber kann der Wille gegen sie anka%mpfen. Ist aber, sie willku%rlich zu nennen, nicht, als nennte ich eine Armbewegung willku%rlich, zu der ei11 Anderer meinen Arm gegen meinen Willen zwingt? 87- Sag dir wieder' wenn Einer darauf besteht' was er Gesichts- vorstellung" nennt, sei a%hnlich dem Gesichtseindruck: da# er sich vielleicht irrt! Oder: Wie, wenn er sich darin irrte? Das hei#t: was wei#t du von der A%hnlichkeit seines Gesichtseindrucks und seiner Gesichtsvorstellung?! (Ich rede vom Andern, weil, was von ihm gilt, auch von mir gilt.) Was wei#t du also von dieser A%hnlichkeit? Sie a%u#ert sich nur 1n den Ausdru%cken, die er zu gebrauchen geneigt ist; nicht in dem, was er mit diesen Ausdru%cken sagt. "Es ist gar kein Zweifel: die Gesichtsvorstellung und der Gesichtseindruck sind von derselben Art!" Das mu#t du aus de1ner eigenen Erfahrung wissen; und dann ist es also etwas, was fu%r dich stimmen mag und fu%r Andere nicht. (Und das gilt natu%rlich auch fur mich, wenn ich es sage.) Nichts ist schwerer, als den Begriffen uorurteilslos gegenu%berstehen- (Und das ist die Hauptschwierigkeit der Philosophie.) [a, b: Z 630; c: Z631.] 88. Sich etwas vorstellen, ist zu vergleichen mit einer Ta%tigkeit. (Schwimmen.) Wenn wir uns etwas vorstellen, beobachten wir nicht. Da# die Bilder kommen und vergehen, geschieht uns nicht. Wir sind nicht u%berrascht von diesen Bildern und sagen "Sieh da! . . ." [b: Z 632.] 89. Wir verscheuchen nicht Gesichtseindru%cke, aber Vorstellungen. [Z 633 Anfang. 90. Ko%nnten wir die Eindru%cke verscheuchen und vor unsere Seele rufen, sie ko%nnten uns nicht u%ber die Wirklichkeit informieren. -- Scj unterscheiden sich Eindru%cke von Vorstellungen nur dadurch, da# wir diese bewegen ko%nnen und jene nicht? So ist also der Unterschied empirisch! So ist es eben nicht. 91. Aber ist es denn undenkbar, da# Gesichtseindru%cke sich ver- scheuchen, oder zuru%ckrufen lie#en? Ja, ist es nicht wirklich mo%glich? Wenn ich meine Hand ansehe und dann bewege ich sie aus dem Gesichtsfeld, habe ich ihren Gesichtseindruck nicht willku%rlich abgebrochen? -- Aber, wird man mir sagen, so etwas nennt man doch nicht "das Bild der Hand verscheuchen"! Freilich nicht; aber wo ist der Unterschied? Man mo%chte sagen: der Wille bewegt die Vorstellungen unmittelbar. Denn, wenn ich meinen Gesichtseindruck willku%rlich a%ndere, so folgen die Dinge meinem Willen. 92. Wie aber, wenn die Gesichtseindru%cke sich eben unmittelbar regieren lie#en? Soll ich sagen: "Dann ga%be es keine Eindru%cke , sondern nur Vorstellungen"? Und wie wa%re das? Wie erfu%hre ich z.B., da# der Andere eine bestimmte Vorstellung ha%tte? Er wu%rde es mir sagen. -- Aber wie wu%rde er die dazu no%tigen Worte lernen -- sagen wir "rot" und "rund"? Denn ich ko%nnte sie ihn doch nicht 17 II--88 lehren, indem ich auf etwas Rotes und Rundes zeige. Ich ko%nnte mi1 nur die Vorstellung hervorrufen, da# ich auf etwas derartiges zeige. Und ich ko%nnte auch nicht pru%fen, ob er mich versteht. Ja, ich ko%nnte ihn natu%rlich auch nicht sehen, sondern ihn mir nur vorstellen. Ist die Annahme nicht u%berhaupt so wie die, es ga%be in der Welt nur Dichtung und nicht Wahrheit? 93. Und ich selbst ko%nnte natu%rlich auch keine Beschreibung meiner Vorstellungen lernen, noch sie auch selbst erfinden. Denn was hie#e es, z.B., da# ich mir ein rotes Kreuz auf wei#em Grunde vorstelle? Wie sieht denn ein rotes Kreuz aus? So?? -- Aber ko%nnte nicht ein ho%heres Wesen durch Intuition wissen, was ich mir vorstelle, und dies in seiner Sprache beschreiben, wenn sie mir auch unversta%ndlich wa%1e? -- Angenommen, dies ho%here Wesen sagte "Ich wei#, was sich dieser Mensch jetzt vorstellt; es ist dies: . . ." -- Aber wie konnte ich das "wissen" nennen? Es ist ja ganz anders, als das, was wir nennen "wissen, was sich der Andere vorstellt". Wie vergleicht man denn den gewo%hnlichen Fall mit jenem erdichteten? Wenn ich mich in diesem Fall als Dritten denke, so wu%#te ich gat nicht, was das ho%here Wesen damit meint: es wisse, welche Vorstellung der Mensch hat, der nur Vorstellungen und keine Eindru%cke hat. 94. "Aber kann ich mir nicht doch so einen Fall vorstellen?" Vor allem kannst du u%ber ihn reden. Aber das zeigt nicht, da# du ihn gamz durchgedacht hast. (5 Uhr auf der Sonne.)1 95. Man mo%-chte davon reden, wie ein Gesichtseindruck und wie eine Vorstellung ausschauen. Und etwa fragen: "Ko%nnte nicht etwas so ausschauen, wie z.B. mein gegenwa%rtiger Gesichtseindruck, sich aber im u%brigen benehmen wie eine Vorstellung?" Und hier ist offenbar ein Fehler. 96. Aber denk dir dies: Wir lassen jemand durch ein Loch in eine Art Guckkasten schauen, und in diesem bewegen wir nun verschieder1e Gegensta%nde, Figuren, und zwar durch Zufall, oder mit Absicht so, da# die Bewegung gerade die ist, die der Beobachter wollte; so da# er sich einbildet, was er sieht, gehorche seinem Willen. -- Konnte der sich nun ta%uschen; glauben, seine Gesichtseindru%cke seien Vor- stellungen? Das klingt ganz absurd. Ich brauche ja den Guckkasten gar nicht, sondern mu# nur, wie oben, meine Hand betrachten und sie bewegen. Ko%nnte ich aber auch den Vorhang dort dru%ben willku%rlich bewegen, oder zum Verschwinden bringen,1 so wu%rde ich das doch nicht als einen Vorgang in meiner Phantasie deuten. (?) 97. Ich kann eben von Haus aus einen Eindruck nicht fu%r eine Vorstellung halten. Aber was hei#t das? Ko%nnte ich mir denn einen Fall denken, da# ein Anderer das ta%te? Wie kommt es, da# das nicht denkbar ist? 98. Wenn Einer wirklich sagte "Ich wei# nicht, sehe ich jetzt einen Baum, oder stelle ich mir einen vor", so wu%rde ich zuna%chst glauben, er meine: "oder bilde ich mir nur ein, es stehe dort einer". Meint er das nicht, so ko%nnte ich ihn u%berhaupt nicht verstehen. -- Wollte mir aber jemand diesen Fall erkla%ren und sagte "Er hat eben so au#ergewo%hnlich lebhafte Vorstellungen, da# er sie fu%r Sinnesein- dru%cke halten kann" -- verstu%nde ich'sjetzt? [Z 634.] 99. Denk dir aber nun dennoch einen Menschen, der sagte Me1ne Vorstellungen sind heute so lebhaft, wie wirkliche Gesichtsein- dru%cke", -- mu%#te der lu%gen, oder Unsinn reden? Nein, gewi# nicht. Ich mu%#te freilich erst von ihm erfahren, wie sich denn dies zeigt. Sagte er mir aber "Ich wei# oft nicht, ob ich etwas sehe, oder es mir nur vorstelle", so wu%rde ich das nicht einen Fall u%berlebhafter Vorstellung nennen. 100. Mu# man aber hier nicht unterscheiden: sich, sagen wir, das Gesicht eines Freundes vorstellen, aber nicht im Raum, der mich umgibt -- und andrerseits: sich an dieser Wand dort ein Bild, etwa, vorstellen? Man ko%nnte z.B. auf die Aufforderung "Stell dir dort dru%ben einen runden Fleck vor" sich einbilden, wirklich einen dort zu sehen. [Z635.] 101. Freilich, wenn ich sage "Ist dort nicht wirklich ein Fleck?" und also etwa genauer hinschaue, so gehorcht, was ich hier Vorstellung nenne, nicht meinem Willen. Und eine Einbildung gehorcht ja nicht meinem Willen. 102. Man darf nicht vergessen, da# die materielle Implikation tatsa%chlich auch ihre Verwendung, ihre praktische Verwendung, hat; wenn sie auch nicht ha%ufig vorkommt. 103. Wer den Satz Wenn p, so q verneint, verneint einen Zusammenhang. Er sagt: "Es mu# nicht so sein." Und das Wort "mu#" deutet auf den Zusammenhang. 104. Aus "nicht p & nicht q folgt nicht "Wenn p, so q . Es ist nicht aus "nicht p & nicht q" zu erschlie#en. Der Sinn von "Wenn p, so q" ist von dem des Satzes "p impliziert q" grundverschieden. Wenn auch ein Zusammenhang besteht. Dieser: "p & q", welches die Implikation wahr macht, tut dies auch fu%r den Satz "Wenn . . . so . . .", oder spricht doch fu%r seine Wahrheit. "p & nicht q" widerspricht der Implikation und auch dem Wenn-so-Satz, oder ist seiner Wahrheit nicht gu%nstig. "Nicht p & q" und "nicht p & nicht q" bewahrheiten die Implikation und entscheiden nichts u%ber die Wahrheit von "Wenn...,so...". 105. Wenn dies eintrifft, so wird das eintreffen. Habe ich Recht, so zahlst du mir einen Schilling, habe ich Unrecht, so zahle ich dir einen, bleibt es unentschieden, so zahlt keiner." Das ko%nnte man auch so ausdru%cken: Der Fall, in welchem die Pra%misse nicht eintrifft, interessiert uns nicht, wir reden nicht von ihm. Oder auch: es ist uns hier nicht natu%rlich, die Wo%rter "ja" und "nein" so zu gebrauchen, wie in dem Falle (und solche Fa%lle gibt es), in welchem uns die materielle Implikation interessiert. Mit "Nein" wollen wir hier sagen "p & nicht q", mit "Ja" nur "p & q". [Vgl. Z 677.] 106. Es ist z.B. ganz gewo%hnlich, auf die Wahrheit einer Vorhersage zu wetten. Wetten wir nun auf die Behauptung "Wenn p eintrifft, so wird q eintreffen", so wird man zwar auch sagen "Wenn du Recht hast, zahle ich dir . . ., wenn nicht, . . ."; aber beim Nicht-eintreffen von p wird die Wette nicht gelten. Es handelt sich doch hier um zwei verschiedene Arten der Verwendung der Verneinung eines Satzes. Und so, wie "nich nicht p" nicht p ist, wenn die Verdoppelung der Verneinung eine Versta%rkung der Verneinung bedeutet, so ist auch "p v nicht p", wie wir die Verneinung gebrauchen, nicht unbedingt eine Tautologie. In dem obigen Fall sollte die Behauptung, der Bedingungssatz sei wahr oder aber falsch, eigentlich das unbedingte Eintreffen des Ereignisses behaupten.1 Denn jene Behauptung ist ja, der Bedingungssatz werde nicht unentschieden bleiben. - 107. Der Satz "Die Vorstellung ist dem Willen unterworfen" ist kein Satz der Psychologie. 108. Ich lerne den Begriff 'sehen' in Verbindung mit 'schauen'. Die Verwendung des einen Worts verbunden mit der des andern. 109. Wenn man sagt "Der Erlebnisinhalt des Sehens und des Vorstellens ist wesentlich derselbe", so ist das wahr daran, da# eim gemaltes Bild wiedergeben kann, was man sieht und wiedergeben kann, was man sich vorstellt. Nur darf man sich vom Mythus des inneren Bildes ta%uschen lassen. 110. Das 'Vorstellungsbild' tritt nicht dort ins Sprachspiel ein, wo man es vermuten mo%chte. [Z 636.] 111. Ich lerne den Begriff 'sehen' m1t dem Beschreiben dessen, was ich sehe. Ich lerne beobachten und das Beobachtete beschreiben. Ich lerne den Begriff 'vorstellen' in einer ga%nzlich andern Verbindung. Die Beschreibungen des Gesehenen und des Vorgestellten sind allerdings von derselben Art, und eine Beschreibung ko%nnte sowohl das eine, wie auch das andere sein; aber sonst sind die Begriffe durchaus verschieden. Der Begriff des Vorstellens ist eher wie der eines Tuns, als eines Empfangens. Das Vorstellen ko%nnte man einen scho%pferischen Akt nennen. (Und nennt es ja auch so.) [Z 637.] 112. "Ja, aber die Vorstellung selbst, sowie der Gesichtseindruck, ist doch das innere Bild,1 und du redest nur von den Verschiedenheiten der Erzeugung, Entstehung, Behandlung des Bildes." Die Vor- stellung ist nicht ein Bild, noch ist der Gesichts eindruck eines. Weder 'Vorstellung' noch 'Eindruck' ist ein Bildbegriff, obwohl in beiden Fa%llen ein Zusammenhang mit einem Bild statt hat, und jedesmal ein anderer. [Z 638.] 113. "Aber ko%nnte ich mir nicht einen Erlebnisinhalt denken von der Art der visuellen Vorstellung, aber dem Willen nicht unterworfen, in dieser Beziehung wie der Gesichtseindruck?" Hier ist das Irre- fu%hrende das Reden vom Erlebnisinhalt. Wenn wir von einem fu%rs visuelle Vorstellen typischen Erlebnisinhalt reden, so mu# der Inhalt in mir mit dem Inhalt in dir verglichen werden ko%nnen. Und, so seltsam es klingt, mu%#te man, glaube ich, sagen, der Erlebnisinhalt -- wenn man u%berhaupt diesen Begriff hier gebrauchen will -- sei fu%r visuelle Vorstellung und visuellen Eindruck der Gleiche. Und das klingt paradox, weil Jeder ausrufen mo%chte: Du willst mir doch nicht sagen, da# man je diese beiden, Vorstellung und Eindruck, mit einander verwechseln ko%nnte! -- So wenig, ko%nnte ich antworten, wie z.B. Zeichnen und Sehen. Aber was gezeichnet und was gesehen wird, mag doch dasselbe sein. Vorstellung und Eindruck 'schauen' eben nicht verschieden 'aus'. [Der erste Satz: Z 640.] 114. Man ko%nnte aber auch sagen, da# "Erlebnisinhalt" fu%r Vor- stellung und Eindruck nicht die gleiche Bedeutung hat, sondern nur verwandte Bedeutungen. Wenn ich mir z.B. ein Gesicht ganz genau so vorstelle, wie es ausschaut, wenn ich's spa%ter sehe, hatte mein Eindruck und meine Vorstellung den gleichen Erlebnisinhalt. Man kann nicht sagen, es sei nicht der Gleiche, da Vorstellung und Eindruck nie gleich aussa%hen. Der Inhalt der Beiden ist also dies -- (indem ich etwa auf ein Bild zeige). Aber ich mu#te es nicht beide Male "den Inhalt" nennen. 115. Vorstellung und Intention. Auch insofern ist Vorstellen dem Schaffen eines Bildes zu vergleichen, als ich mir nicht den vorstelle, dem mein Vorstellungsbild a%hnlich ist, sondern den, den ich mir vorstellen will. 116. Ich glaube, wenn man Vorstellen mit einer Ko%rperbewegung vergleicht, wie das Atmen, das manchmal willku%rlich, manchmal unwillku%rlich geschieht, so darf man den Sinneseindruck gar nicht mit einer Bewegung vergleichen. Nicht so kann der Unterschied gefa#t werden, da# das eine geschieht, ob wir's wollen oder nicht, wa%hrend wir das andere regieren. Vielmehr ist der eine Begriff dem einer Handlung a%hnlich, der andre nicht. Der Unterschied ist eher wie der zwischen Sehen, da# meine Hand sich bewegt -- und Wissen (ohne sie zu sehen), da# ich sie bewege. 117. "Wenn ich die Augen schlie#e, steht er vor mir." -- Man ko%nnte sich denken, da# solche Ausdru%cke nicht gelernt, sondern poetisch spontan gebildete sind. Da# sie dem Einen 'treffend scheinen' und dann dem Andern auch. 118. Ich sehe ihn deutlich vor mir!" -- Nun, vielleicht steht er wirklich vor dir. -- "Nein, dazu ist mein Bild zu wenig lebhaft." 119. Ko%nnten wir uns nicht diese Erscheinung denken: Wir seien im Stande, indem wir einen Lichtschirm anschauen, auf ihm nach Willku%r, 'durch den blo#en Willen', Bilder zu erzeugen, zu bewegen, verschwinden zu lassen, etc., Bilder, die nicht blo# der, der sie erzeugt, sondern auch der Andere sieht. -- Wa%re, was ich auf diesem Schirm sehe, so etwas wie eine Vorstellung? Oder vielleicht 22 II--114 richtiger gefragt: Hie#e "ich sehe . . . auf dem Schirm etwas A%hnliches wie: "Ich stelle mir . . . vor"? -- oder soll ich sagen, der Satz "Auf dem Schirm zeigt sich jetzt . . ." entspreche dem "Ich stelle mir . . . vor"? -- Nein; so ist es nicht. Die Schwierigkeit ist hier, da# ich keinen klaren Begriff davon habe: 'die Bilder durch den Willen zu erzeugen' etc. Denn eigentlich ist ja der Fall nicht ganz phantastisch: Ich kann mir ja wirklich auf einer fleckigen Wand alles mo%gliche vorstellen; und wenn der Andere, wenn er auf die Wand schaut, immer wu%#te, was ich mir vorstelle, so wa%re der Fall nun a%hnlich dem oben beschriebenen. ((Ko%nnte man aber nicht auch von dem sagen, er erzeuge Bilder auf der Wand durch den blo#en Willen, der sie auf die Wand zeichnet?)) "Durch den blo#en Willen bewegen" was hei#t es? Etwa, da# d:e= Bilder meinem Willen immer genau folgen, wa%hrend meine zeichnende Hand, mein Bleistift, das nicht tut? Immerhin wa%re es ja dann doch mo%glich zu sagen: "Fu%r gewo%hnlich stelle ich mir ganz genau vor, was ich will; heute ist es anders ausgefallen." Gibt es denn ein 'Mi#lingen der Vorstellung'? [b: Z 643.] 120. Wenn nicht, so will man das etwa so erkla%ren, da# das Vorstellungsbild masselos ist und dem Willen keinen Tra%gheits -- odeje andern Widerstand entgegensetzt. Nein; "ich sehe auf dem Schirm . . ." kann nicht meinem Vorstellen entsprechen. Auch nicht "ich projiziere auf den Schirm . . ." -- denn dann ko%nnte es gelingen und mi#lingen. Eher noch das : "Fu%r mich ist, was auf diesem Schirm ist,jetzt ein Bild von . . ."1 121. Es gibt freilich ein Sprachspiel mit dem Befehl "Stell dir . . . vor!" -- aber ist es denn wirklich ohne Weiteres gleich zu setzen dem "Dreh deinen Kopf nach rechts!"? Oder auch so: Hat es denn ohne Weiteres Sinn, zu sagen, Gesichtsbilder, innere Bilder, folgten menem Willen? (Wohlgemerkt: nicht "meinem Wunsch".) t22. Denn das, wovon man normalerweise sagt, es folge, oder folge nicht, dem Willen, sind nicht 'innere Bilder'. Es ist also nicht klar da# man den Begriff die-ses Folgens ohne Weiteres auf die andere Kategorie anwenden kann. 123. (Da# man na%mlich die 'Willku%rlichkeit' der Vorstellung nicht mit der der Bewegung von Ko%rpern vergleichen kann, ist klar; denn, ob die Bewegung stattgefunden hat, das zu beurteilen sind auch Andere befa%higt; wa%hrend es bei der Bewegung meiner V0r- stellungen immer nur darauf anka%me, was ich zu sehen behaupte, - was immer irgend ein Anderer sieht. Es wu%rden also die sich bewegenden wirklichen Gegensta%nde aus der Betrachtung heraus-- fallen, da es auf sie gar nicht anka%me.) [Z 641.] 124. Sagte man also: "Vorstellungen sind innere Bilder, a%hnlich, oder ganz so, w1e meine Gesichtseindru%cke, nur meinem Willen untertan" -- so ha%tte das bis auf Weiteres noch keinen Sinn. Denn wenn Einer zu berichten gelernt hat, was er dort sieht, oder was ihm dort zu sein scheint, so ist es doch nicht klar, was der Befeh] bedeute, er solle jetzt das dort sehen, oder es solle ihm jetzt das dort zu sein sche1nen. [Z 0642.] 125. Es ist freilich eine gewisse Verwandtschaft zwischen dem Vorstellen und einer Handlung, die sich eben in der Mo%glichkeit des Befehls ausdru%ckt; aber der Grad dieser Verwandtschaft 1nu# erst untersucht werden. Gegenstand. 127. "Bewege, was du siehst." Es ko%nnte auch hei#en: Nimm etwas ein, was deine Gesichtsein- dru%cke beeinflu#t. 128. Welches merkwu%rdige Pha%nomen, da# ein Kind wirklich die menschliche Sprache lernen kann! Da# ein Kind, ohne irgend etwsa zu wissen, anfangen kann und, auf sicherem Wege, diese ungeheuer komplizierte Technik erlernt. Dieser Gedanke kam mir, als mir, in einem bestimmten Fall, zum Bewu#tsein kam, wie ein Kind mit nichts anfa%ngt, und eines Tages d1'e Negation gebraucht wie wir! 129. Mit dem Satz "Vorstellungen sind willku%rlich, Empfindungen nicht" unterscheidet man nicht Empfindungen von Vorstellungen sondern die Sprachspiele, in denen wir's mit diesen Begriffen zu tun haben. 130. Es gibt, was man Erscheinungen des Sehens und Erscheinungen des Vorstellens nennen kann; und den Begriff des Sehens und der: Begriff der Vorstellung. Man kann von 'Unterschieden' innerhalb dieser Paare reden. 24 II--124 stellungen immer nur darauf anka%me, was ich zu sehen behaupte, -- was immer irgend ein Anderer sieht. Es wu%rden also die sich bewegenden wirklichen Gegensta%nde aus der Betrachtung heraus- fallen, da es auf sie gar nicht anka%me.) [Z 641.] 124. Sagte man also: "Vorstellungen sind innere Bilder, a%hnlich, oder ganz so, wie meine Gesichtseindru%cke, nur meinem Willen untertar:" -- so ha%tte das bis auf Weiteres noch keinen Sinn. Denn wenn Einer zu berichten gelernt hat, was er dort sieht, oder was ihm dort zu sein scheint, so ist es doch nicht klar, was der Befehl bedeute, er solle jetzt das dort sehen, oder es solle ihm jetzt das dort zu sein scheinen. [Z 0642.] 125. Es ist freilich eine gewisse Verwandtschaft zwischen dem Vorstellen und einer Handlung, die sich eben in der Mo%glichkeit des Befehls ausdru%ckt; aber der Grad dieser Verwandtschaft mu# erst untersucht werden. 120%. "Bewege dein inneres Bild!" ko%nnte hei#en: bewege den Gegenstand. 127. "Bewege, was du siehst." Es ko%nnte auch hei#en: Nimm etwas ein, was deine Gesichtsein-- dru%cke beeinflu#t. 128. Welches merkwu%rdige Pha%nomen, da# ein Kind wirklich die menschliche Sprache lernen kann! Da# ein Kind, ohne irgend etwas zu wissen, anfangen kann und, auf sicherem Wege, diese ungeheuer komplizierte Technik erlernt. Dieser Gedanke kam mir, als mir, in einem bestimmten Fall, zum Bewu#tsein kam, wie ein Kind mit nichts anfa%ngt, und eines Tages d1e= Negat1on gebraucht wie wir! 129. Mit dem Satz "Vorstellungen sind willku%rlich' Empfindungen nicht" unterscheidet man nicht Empfindungen von Vorstellungen, sondern die Sprachspiele, in denen wir's mit diesen Begriffen zu tnn haben. 130. Es gibt, was man Erscheinungen des Sehens und Erscheinungen des Vorstellens nennen kann; und den Begriff des Sehens und den Begriff der Vorstellung. Man kann von 'Unterschieden' innerhalb dieser Paare reden. 24 II--124 131. Wenn man sagt "Die Vorstellung hat es mit dem Willen zu tun", so meint man dieselbe Art des Zusammenhangs, die man mit dem Satz meint "Die Vorstellung hat es nicht mit der Beobachtung zu tun . 132. Ich sagte, es gebe Pha%nomene des Sehens, -- was meinte ich damit? Nun etwa alles das, was sich auf Bildern darstellen la%#t und mit "sehen" beschrieben wu%rde. Das genaue Beobachten; das Anschauen einer Landschaft; ein Mensch vom Licht geblendet; det: freudig u%berraschende Blick; das Wegwenden um nicht sehen zu mu%ssen. Alle die Arten des Benehmens, die den sehenden Menscheti vom Blinden unterscheiden. (Es hat doch einen Grund, warum mir gerade diese Bilder aus dem menschlichen Leben hier einfallen.) 133. Pha%nomene des Sehens, -- das ist, was der Psychologe beo- bachtet. du: "Er sieht es nicht, er stellt es sich nur vor. Er schaut ja gar nicht; siehst du, wie er vor sich hinstarrt?" -- Man ko%nnte sich sehr beil~-ufig auch so ausdru%cken: "So sieht es nicht aus, wenn jemand etwas s1eht:, sondern wenn er sich etwas vorstellt." Hier vergleichen wir Erscheinungen des Sehens mit Erscheinungen des Vorstellens. So auch, wenn wir zwei Leute eines fremden Stammes beobachteten, die wa%hrend einer bestimmten Ta%tigkeit ein Wort gebrauchen, welche:s wir fu%r ein A%quivalent unseres "sehen" erkannt haben. Und wie wir nun ihren Gebrauch jenes Worts bei dieser Gelegenheit verfolgen, schlie#en wir, es mu%#te h1er "vor dem innern Auge sehen" bedeuten. (Ebenso ko%nnte man auch zu dem Schlu# kommen, das Wort mLsse hier verstehen bedeuten.) 135. Was hei#t es z.B., da# 'sehen' mit 'beobachten' zusammen- ha%ngt? -- Wenn wir "sehen" gebrauchen lernen, so lernen w1r es zugleich und in Verbindung mit "schauen" gebrauchen, mit "beobachten' ', etc . 136. Wie wir den Schachko%nig in Verbindung mit den Bauern gebrauchen lernen und das Wort "Ko%nig" zusammen mit dem Wort "Schachmatt". 137. Ein Sprachspiel umfa#t ja doch den Gebrauch mehrerer Wo%rter. [Z 644.] 25 II--131 138. Nichts kann falscher sein, als zu sagen, Sehen und Vorstellen seien verschiedene Ta%tigkeiten. Das ist, als sagte man, im Schach ziehen und verlieren seien verschiedene Ta%tigkeiten. [Z 645 .] 139. Die Worte "Vorstellen ist willku%rlich, sehen nicht , ode1 a%hnliche, ko%nnen Einen irreleiten. Wenn wir als Kinder lernen, die Worte "sehen", "schauen", "vorstellen" gebrauchen, so spielen dabei Willenshandlungen, Befehle hinein. Aber in anderer Weise fu%r jedes der drei Wo%rter. Das Sprachspiel mit dem Befehl "Schau! " und mit dem Befehl "Stell dir . . . vor!" -- wie soll ich sie nur vergleichen? -- Wenn wir jemand abrichten wollen, da# er auf den Befehl "Schau . . .!" reagiert und wenn wir ihn dazu abrichten wollen, da# er den Befehl "Stell dir . . vor!" versteht, so mu%ssen wir ihn doch offenbar ganz Anderes lehren. Reaktionen, die zu diesem Sprachspiel geho%ren, geho%ren zu jenem nicht. Ja, ein enger Zusammenhang der Sprachspiele ist natu%rlich da, aber eine A%hnlichkeit? -- Stu%cke des einen sind Stu%cken des andern a%hnlich, aber die a%hnlichen Stu%cke sind nicht homolog. [b: Z 646]. 140. Ich ko%nnte mir etwas A%hnliches fu%r wirkliche Spiele denken. Es ko%nnte etwa in zwei wesensverschiedenen Spielen -- Spielen, die in wichtigem Sinne einander viel una%hnlicher wa%ren, als Dame und Schach -- ein und dasselbe Brett mit denselben Zu%gen vorkommen, nur, wenn ich so sagen darf, in einer andern Stellung. Im einen Spiel ko%nnte es z.B. die Aufgabe sein, den Andern mattzusetzen; im andern wa%re der ganze Verlauf des Mattsetzens im voraus gegeben, und die beiden Spieler ha%tten mit Bezug auf ihn eine Aufgabe ganz anderer Art. Es wa%ren den Spielern z.B. zwei Wege des Mattsetzens gegeben und sie mu%#ten ie beiden in psychologischer Hinsicht vergleichen. So gibt es ein Spiel: ein Kreuzwortra%tsel auflo%sen, und ein anderes: mehrere mir gegebene Auflo%sungen eines Kreuz- wortra%tsels in irgend einem Sinne auf ihre Gu%te zu pru%fen. [Der erste Satz: Z 647.] 141. Das Sehen untersteht dem Willen in anderer Weise, als das Vorstellen. Oder: 'sehen' und 'vorstellen' haben zum 'wollen' verschiedene Beziehungen. 26 II--138 142. Nun scheint es aber doch, als wa%ren Vorstellungen matte Spiegelungen der Sinneseindru%cke. Wann scheint es so, und wem? Es gibt natu%rlich ein klar und unklar in den Vorstellungen. Und wenn ich sage "Mein Vorstellungsbild von ihm ist viel unbestimmter als mein Gesichtseindruck, wenn ich ihn sehe", so ist das wahr, denn ich kann ihn aus der Vorstellung auch nicht anna%hernd so genau beschreiben, als wenn ich ihn vor mir habe.1 Es kann aber doch geschehen, da# eines Menschen Gesicht sich so tru%bt, da# er einen Andern viel unscha%rfer sieht, als er sich ihn vorstellen kann. 143. Wenn ich mir, und ein Andrer sich, einen Schmerz vorstellen kann, oder wir doch sagen, da# wir's ko%nnen, -- wie kann man herausfinden, ob wir ihn uns richtig vorstellen, und wie genau? [Zs3s.] 144. Ko%nnte es nicht Leute geben, die die Zu%ge eines Menschen aus dem Geda%chtnis ho%chst genau beschreiben ko%nnten, ja, die auch sagen, jetzt wu%#ten sie plo%tzlich, wie er ausschaut, -- die aber die Frage, ob sie den Menschen in jenem Augenblick in irgendeinem Sinn 'vor sich sa%hen' (oder dergleichen) unbedingt verneinten? Leute also, denen der Ausdruck "ich sehe ihn vor mir" durchaus nicht passend vorkame? Dies scheint mir eine sehr wichtige Frage. Oder auch: die wichtige Frage ist, ob diese Frage Sinn hat. -- Denn, was fu%r einen Grund habe ich, zu glauben, da# das nicht unser Aller Fall ist? Oder, wie kann ich die Frage entscheiden, ob der Andere (ich nehme mich einstweilen aus) sich jemand wirklich 'visuell vorstellt', oder nur im Stande ist, ihn visuell zu beschreiben (zu zeichnen, etc.) -- plus dem Faktum, da# er, wenn ich so sagen darf, eine 'Erleuchtung' kennt, oder einen Zustand der Erleuchtung, a%hnlich dem 'Jetzt wei# ich's'. ((Echte Dauer.)) 145. Die uisuelle Vorstellung ist eben nicht nur durch das Zeichnen- ko%nnen und dergleichen charakterisiert, sondern auch durch feinere Abschattungen des Benehmens. Zu dem Sprachs-piel mit "vorstellen" geho%rt jedenfalls die Beschreibung der Vorstellung. (Das hei#t nicht, da# nicht in Grenzfa%llen eine A%u#erung vorkommen kann: "Ich kann mir's genau vorstellen, aber absolut nicht beschreiben." Ein Spiel la%#t Grenzfa%lle zu -- eine Regel Ausnahmen. Aber Ausnahme und Regel ko%nnten nicht ihre Rolle vertauschen, ohne das Spiel zu vernichten. Der 'ffbergang von der Quantita%t zur Qualita%t ?) 146. "Wenn Ausnahme und Regel ihre Rolle vertauschen, so ist es eben nicht mehr dasselbe!" -- Aber was hei#t das? Etwa, da# sich dann mit einem Schlage unsere Einstellung zu dem Spiel a%ndern wird? Ist es, als kippte nach einem allma%hlichen Beschweren der einen und Erleichtern der andern Schale der Waagebalken, nicht allma%hlich, um? 147. Wie ko%nnte nun die Beschreibung der Vorstellung einer Bewegungsempfindung ausschauen ? 148. Fortsetzung der Klassifizierung der psychologischen Begriffe. Gemu%tsbewegungen. Ihnen gemeinsam echte Dauer, ein Verlauf. (Zorn flammt auf, la%#t nach, verschwindet; ebenso: Freude, Depression, Furcht.) Unterschied von den Empfindungen: sie sind nicht lokalisiert (auch nicht diffus!). Gemeinsam: sie haben ein charakteristisches Ausdrucksbenehmen. (Gesichtsausdruck.) Und daraus folgt schon: auch charakteristische Empfindungen. So geht die Trauer oft mit dem Weinen einher, und mit ihm charakteristische Empfindungen. (Die tra%nenschwere Stimme.) Aber die Empfindungen sind nicht die Gemu%ts- bewegungen. (In dem Sinne, wie die Ziffer 2 nicht die Zahl 2 ist.) Unter den Gemu%tsbewegungen ko%nnte man gerichtete von ungerichteten unterscheiden. Furcht vor etwas, Freude a%ber etwas. Dies Etwas ist das Objekt, nicht die Ursache der Gemu%ts- bewegung. Das Sprachspiel "Ich fu%rchte mich" enthalt schon das Objekt. Angst ko%nnte man ungerichtete Furcht nennen, insofern ihre A%u#erungen verwandt mit denen der Furcht sind. Der Inhalt einer Gemu%tsbewegung -- darunter stellt man sich so etwas vor wie ein Bild, oder etwas, wovon ein Bild gemacht werden kann. (Die Finsternis der Depression, die sich auf Einen hernieder- senkt, die Flammen des Zornes.) Man ko%nnte auch das menschliche Gesicht ein solches Bild nennen und den Verlauf der Leidenschaft durch seine Vera%nderungen darstellen. Zum Unterschied von den Empfindungen: sie unterrichten uns nicht u%ber die Au#enwelt. (Grammatische Bemerkung.) Liebe und Ha# ko%nnte man Gemu%tsdispositionen nennen; auch Furcht in einem bestimmten Sinne. Es ist eines, akute Furcht empfinden, und ein anderes, jemand 'chronisch' fu%rchten. Aber Furcht ist keine Empfindung. 'Schreckliche Furcht': sind es die Empfindungen, die so schrecklich sind? 28 II--146 Typische Ursachen des Schmerzes einerseits, der Depression, Trauer, Freude anderseits. Ursache dieser zugleich ihr Objekt. Das Benehmen des Schmerzes und das Benehmen der Traurigkeit. -- Man kann diese nur mit ihren a%u#eren Anla%ssen beschreiben. (Wenn die Mutter das Kind allein la%#t, mag es vor Trauer weinen; wenn es hinfa%llt, vor Schmerz.) Benehmen und Art des Anlasses geho%ren zusammen. [a--f: Z 488; g--i: Z 489; j: Z 490; k--l: Z 491; m-- p: Z 492.] 149. Vielleicht wird man sagen: Wie kann man den Begriff 'Schmerz' durch die Schmerzanla%sse charakterisieren? Schmerz ist doch, was er ist -- was immer ihn veranla#t! -- Frage jedoch: Wie identifiziert man Schmerz? Der Anla# bestimmt den Nutzen des Schmerzsignals. 150. Der Schmerzbegriff ist eben auf eine bestimmte Weise in unserm Leben eingebettet. Ist charakterisiert durch ganz bestimmte Zusammenha%nge. Wie es einen Zug mit dem Schachko%nig nur in einem bestimmten Zusammenhang gibt. Er la%#t sich aus diesem Zusammenhang nicht lo%sen. -- Denn dem Begriff entspricht eine Technik. (Das Auge1 la%chelt nur in einem Gesicht.) [a: Vgl. Z 532, 533.] 151. Nur inmitten gewisser normaler Lebensa%u#erungen gibt es eine Schmerza%u#erung. Nur inmitten von noch viel weitgehender bestimmten Lebensa%u#erungen den Ausdruck der Trauer, oder der Zuneigung. U.s.f. [Z 534.] 152. Gemu%tseinstellungen (Liebe z.B.) kann man pru%fen, Gemu%ts- bewegungen nicht. [Vgl. Z 504.] 153. Ich mo%chte sagen: Gemu%tsbewegungen ko%nnen die Gedanken ar den'k or@ersbc merz n1cl t- n arum re he mahn vonl rahur1geEn ist, als ko%nnte man sagen: Furcht, oder gar Hoffnung, ko%nne geradezu aus Gedanken bestehen, aber doch nicht Schmerz. Nun, Schmerz hat vor allem die Merkmale der Empfindung und Furcht nicht. Furcht ha%ngt mit Befu%rchtungen zusammen, und Befu%rchtungen sind Gedanken. 29 I(--149 154. Die Hoffnung kann man eine Gemu%tsbewegung nennen. D.h., sie mit Furcht, Zorn, Freude zusammenstellen. Sie ist verwandt mit dem Glauben, der keine Gemu%tsbewegung ist. Es gibt keinen typischen Ko%rperausdruck des Glaubens. Vergleiche die Bedeutung von "ununterbrochener Schmerz" mit: "ununterbrochener Zorn", Jubel, Trauer, Freude, Furcht, und anderseits "ununterbrochener Glaube" oder "ununterbrochene Hoffnung ' ' . Aber auch Furcht, Hoffnung, Sehnsucht, Erwartung sind schwer mit einander zu vergleichen. Die Sehnsucht ist eine Bescha%ftigung i1: Gedanken mit einem bestimmten Objekt. Die Furcht vor einem Ereignis (apprehension) scheint von a%hnlicher Art zu sein; nicht abe1 die Furcht vor dem Hund, der mich anbellt. Es ko%nnten hier zwei verschiedene Worte gebraucht werden. Ebenso kann "erwarten" bedeuten: glauben, das und das werde geschehen -- aber auch: die Zeit mit erwartenden Gedanken und Ta%tigkeiten hinbringen, also harren . 155. Der Glaube ist keine Bescha%ftigung mit dem Gegenstand des Glaubens. Die Furcht, die Sehnsucht, die Hoffnung aber bescha%ftigen sich mit ihrem Objekt. Wir sagen in einer wissenschaftlichen Untersuchung alles mo%gliche, machen viele Aussagen, deren Rolle wir in der Unter- suchung nicht verstehen. Denn wir sagen ja nicht etwa alles mit einem bewu#ten Zweck, sondern unser Mund geht eben. Wir gehen durch herko%mmliche Gedankenbewegungen, machen, automatisch, Gedankenu%berga%nge gema%# den Formen, die wir gelernt haben. Und nun mu%ssen wir erst, was wir gesagt haben, sichten. Wir haben eine ganze Menge unnu%tze, ja zweckwidrige Bewegungen gemacht, mu%ssen nun unsere Gedankenbewegungen philosophisch kla%ren. [b. Vermischte Bemerkungen , zweite Ausgabe, S . 125.] 156. Wenn ich erza%hle "Ich habe mich den ganzen Tag vor seinem Kommen gefu%rchtet" -- da ko%nnte ich doch ins Einzelne gehen: Ich habe gleich beim Erwachen gedacht . . . Dann u%berlegte ich mir . .. Ich sah immer wieder zum Fenster hinaus, etc. etc. Das ko%nnte man einen Bericht u%ber die Furcht nennen. Wenn ich aber damals zu jemand sprach "Ich fu%rchte mich . . ." -- ist das gleichsam ein Sto%hnen der Furcht, oder eine Betrachtung u%ber meinen Zustand? -- Es ko%nnte das eine, oder auch das andere sein: Es mag einfach ein Sto%hnen der Furcht sein; es mag aber auch sein, da# ich dem Andern berichten will, wie ich den Tag verbracht habe. Wenn ich ihm nun sagte: "Ich habe den ganzen Tag in Furcht verbracht (nun folgen vielleicht 30 II--154 Einzelheiten) und auch jetzt bin ich voll Angst" -- was sollen wir nur1 u%ber dieses Gemisch von Bericht und A%u#erung sagen -- nun was sollen wir sagen, als da# wir hier die Verwendung des Wortes "Furcht" vor uns sehen. 157. Wenn es Leute ga%be, die in den Fa%llen, wo wir Befu%rchtungen mit Angstgefu%hlen aussprechen, einen stechenden Schmerz in der linken Seite empfinden, -- wu%rde dies Stechen bei ihnen den Platz unsres Furchtgefu%hls einnehmen? -- Wenn wir also diese Leute beobachteten, und, so oft sie eine Befu%rchtung ausspra%chen, d.h., etwas sagten, was bei uns jedenfalls eine Befu%rchtung wa%re, und sie zuckten dabei zusammen und hielten sich die linke Seite, -- wu%rden wir sagen: Diese Leute empfinden ihre Furcht als stechenden Schmerz? Offenbar nicht. -- 158- Warum verwendet man aber das Wort Leiden" fu%r die Furcht und auch fu%r den Schmerz? Nun, es sind ja Verbindungen genug. -- [Zs00.] 159. Denke, man sagte: Fro%hlichkeit wa%re ein Gefu%hl, und Traurig- keit bestu%nde darin, da# man nicht fro%hlich ist. -- Ist denn die Abwesenheit eines Gefu%hls ein Gefu%hl? [Z 512.] 10%0. Wenn ich sage "Ich habe 1mmer mit Furcht daran gedacht" -- hat die Furcht meine Gedanken begleitet? -- Wie stellt man sich die Trennung des Begleitenden von der Begleitung vor? Man ko%nnte fragen: Wie durchdringt die Furcht den Gedanker1? Denn sie scheint nicht nur mit ihm einherzugehen. Wenn ich sage "Ich denke mit Beklemmung daran", so ko%nnte es allerdings so scheinen, als ob der Gedanke, etwa die Worte, mit einem besondern Gefu%hl in der Brust einhergingen und darauf angespielt wu%rde. Aber die Verwendung dieses Satzes ist eben anders. Man sagt auch: "Es beklemmt mir den Atem, daran zu denken" und meint nicht nur, da# erfahrungsgema%# die und die Empfindung und Reaktion diesen Gedanken begleiten. 10%1. Auf die A%u#erung "Ich kann nicht ohne Furcht daran denken . . . antwortet man etwa: "Es ist kein Grund zur Furcht, denn. . . ." Das ist jedenfalls ein Mittel, Furcht zu beseitigen, im Gegensatz zu Schmerzen. Ist Ekel eine Empfindung? -- Hat er einen Ort? -- Und er hat einen Gegenstand, wie die Furcht. Und es gibt hier charakteristische Empfindungen. [a: Z 501.] 31 II--157 162. Ja, du mu#t dich immer fragen: Was wird durch diese Sa%tze dem Andern mitgeteilt? und das hei#t: welche Verwendung kann er nun davon machen ? 1063. Ich konstatiere, ich habe Furcht. -- Besinne ich mich dazu meiner Gedanken in der letzten halben Stunde, oder lasse ich mir rasch einer1 Gedanken an den Zahnarzt durch den Kopf gehen, um zu sehen, wie er mich affiziert; oder konnte mir ein Zweifel kommen, ob es wirklich Furcht vor dem Zahnarzt ist und nicht ein anderes organisches Unwohlgefu%hl? t64. Oder ist das Konstatieren, ich ha%tte Furcht, wie ein a%u#erst gemildertes Sto%hnen der Furcht? Nein; denn mit dem Sto%hnen will ich dem Andern nicht unbedingt das mitteilen. Die Konstatierung ist, sozusagen, ein Teil eines Gesprachs. 165. Kann man sagen: "Ich fu%rchte mich vor der Operation nur, wa%hrend ich gerade an sie denke"? Und hei#t das: wa%hrend ich u%ber sie nachdenke? Kann mir nicht vor etwas grauen, auch wa%hrend ich nicht, sozusagen, ausdru%cklich daru%ber nachdenke. Kann ich Einem nicht sagen "Mir graut vor diesem Zusammentreffen", obwohl ich das Ereignis sozusagen nur aus dem Augenwinkel sehe. 1606. Vergessen wir doch einmal ganz, da# uns der Seelenzustand des Fu%rchtenden interessiert. Gewi# ist, da# uns auch sein Benehmer1 unter gewissen Umsta%nden als Anzeichen fu%r ku%nftiges Verhalten interessieren kann. Warum sollten wir also nicht dafu%r ein Wort haben. Es kann dies ein Verbum oder Adjektiv sein. Man ko%nnte nun fragen, ob dies Wort sich wirklich einfach auf das Benehmen, einfach auf die Vera%nderungen des Ko%rpers bezo%ge. Und das wollen wir verneinen. Es liegt uns ja nichts daran, den Gebrauch dieses Worts derart zu vereinfachen. Es bezieht sich auf das Benehmen unter gewissen a%u#eren Umsta%nden. Wenn wir diese und jenes beobachten, sagen wir, Einer sie. . . . Wenn das Wort in der ersten Person gebraucht wird, ist die Analogie mit dem Gebrauch in der dritten Person dieselbe, wie die zwischen "ich sch1ele" und "er schielt". [a, b -- au#er dem letzte1: Satz von a und den zwei letzten Worten von b: Z 523.] 167. Ich will nun sa@en, da# Menschen, welche einen solchen Begriff gebrauchen, seinen Gebrauch nicht mu%#ten beschreiben ko%nnen. Und sollten sie's versuchen, so ko%nnten sie eine ganz unzula%ngliche Beschreibung geben. (Wie die meisten, wenn sie versuchen wollten, die Verwendung des Papiergelds richtig zu beschreiben.) [Vgl. Z525.] 32 II--162 168. Es ist z.B. mo%glich, da# sie diese Aussage von einem Menscher1 machen, ohne doch recht sagen zu ko%nnen, welches Benehmen in ihm sie dazu veranla#t. Sie ko%nnten sagen "Ich sehe es; aber ich wei# nicht genau, was ich sehe". Wie wir sagen: "Es hat sich etwas an ihm vera%ndert, aber ich wei# nicht genau, was." Die ku%nftige Erfahrung mag ihnen Recht geben. 169. Es ko%nnte nun sein, da# Leute ein Verbum ha%tten, dessen dritte Person sich genau mit unseren "Er fu%rchtet sich" deckt; dessen erste Person aber nicht mit unserem "Ich fu%rchte mich". Denn die Behauptung in der ersten Person wu%rde sich auf Selbstbeobachtung stu%tzen. Sie wa%re nicht die A%u#erung der Furcht, und es ga%be ein "Ich glaube, ich . . .", "Es kommt mir vor, ich . . .". Diese erste Person ha%tte nun, so scheint es mir, keine, oder eine sehr seltene Ver- wendung. Wu%rde mein Benehmen in einer bestimmten Situation gefilmt, so ko%nnte ich, wenn mir der Film vorgefu%hrt wird, sagen: "Mein Benehmen macht den Eindruck . . .". 170. Das "Ich glaube, er fu%hlt, was ich unter solchen Umsta%nder1 fu%hle" gibt es hier noch nicht: Die Interpretation, da# ich in mir etwas sche, was ich in ihm vermute. Denn in Wahrheit ist das eine rohe Interpretation. Ich vermute -- im allgemeinen -- die Furcht nicht in ihm, -- ich sehe sie. Es ist mi1 nicht, als schlo%sse ich aus einem A%u#eren auf die wahrscheinliche Existenz eines Inneren; sondern als sei das menschliche Gesicht quasi durchscheinend, und ich sa%he es nicht im reflektierten, sondern im eigenen Licht. 171. "Mir graut davor." -- Das ist nicht eine Abbildung von etwas, was ich sehe. Ja, so wie ich schaue, sehe ich nichts, oder nicht eigentlich, was ich meinte. Es ist dann, als wa%re dies ein so feiner Schleier, da# man von ihm wissen, aber ihn nicht eigentlich seher: ko%nnte. Als wa%re das Grauen ein ganz feines dumpfes Gera%usch neben den Tagesgera%uschen, das ich nur merken und nicht e1gentlich ho%ren ko%nnte. Denk dir ein Kind, das lange nicht recht sprechen lernen konnte, gebrauche plo%tzlich den Ausdruck, den es von den Erwachsenen geho%rt hatte, "Mir graut vor . . .". Und sein Gesicht und die Umsta%nde und was folgt lassen uns sagen: Es hat das wirklich gemeint. (Man ko%nnte ja immer sagen: "Eines scho%nen Tages gebraucht nun das Kind das Wort.") Ich habe den Fall des Kindes gewa%hlt, weil hier, was in ihm vorgeht, uns noch fremder erscheir1t als im Erwachsenen. Was wei# ich -- so mo%chte ich sagen -- von einem Hintergrund der Worte "Mir graut . . ."? La%#t das Kind mich plo%tzlich in sich hineinschauen? 33 II--168 172. Diese Sache erinnert auch an das Ho%ren eines Gera%usches au~ einer bestimmten Richtung. Es ist beinahe, als fu%hlte man die Beschwerde in der Magengegend aus der Richtung der Furcht. D.h. eigentlich, da# "Mir ist schlecht vor Furcht" nicht e1ne Ursache der Furcht angibt. [Vgl. Z 496.] 173. Gibt es psychologische Konglomerate; und ist das Erwarten eines? Vielleicht das Harren, aber nicht das Erwarten. 174. Da# es ein Furchtkonglomerat, z.B., gibt, hei#t nicht, da# Furcht ein Konglomerat ist. [Vgl. Z 502.] 175. Sage ich "Ich erwarte sehnsu%chtig sein Kommen", so hei#t das: ich beschafaige mich mit seinem Kommen (in Gedanken, und man kann auch sagen: in Gedanken und Handlungen). Den Zustand des sehnsu%chtigen Erwartens kann man also ein Konglomerat nennen Aber es ist nicht, sozusagen, ein Konglomerat von Handlungen einer bestimmten Art, sondern es geht um die Intention der Handlungen, also um ein Motiv, nicht eine Ursache. 170%. Wenn ich sage, ich verwende die Worte "Ich habe Schmerzen", "Ich sehne mich nach ihm", etc. etc. als Mitteilung, nicht a11 Naturlaut,1 so charakterisiert dies meine Intention. Ich will z.B., da# der Andere darauf in bestimmter Weise reagiere. Hier bin ich aber noch die Erkla%rung des Begriffs der Intention sehuldig, und die Intention ist nun nicht etwa eine Art Empfindung, auf die ich alles reduzieren will; der ich, sozusagen, alles in die Schuhe schiebe. (Denn die Intention ist keine Empfindung.) 177. Wenn wir Furcht, Trauer, Freude, Zorn, etc. Seelenzusta%nde nennen, so hei#t das, da# der Furchtvolle, Trauervolle, etc. die Mitteilung machen kann: "Ich bin im Zustand der Furcht", etc., da# diese Mitteilung -- ganz wie die primitive A%u#erung -- nicht auf eines Beobachtung beruht. 178. Absicht, Intentign, ist weder Gemu%tsbewegung, Stimmung, noch Empfindung, oder Vorstellung. Sie ist kein Bewu#tseins- zustand. Sie hat nicht echte Dauer. Die Absicht kann man eine seelische Disposition nennen. Dieser Ausdruck ist insofern irrefu%h- rend, als man eine solche Disposition in sich nicht durch Erfahrung wahrnimmt. Die Neigung zur Eifersucht dagegen ist eine Disposition im eigentlichen Sinne. Erfahrung lehrt mich, da# ich sie habe. [Die ersten Sa%tze: Z 45.] 179. "Ich beabsichtige" ist nicht die A%u#erung eines Erlebnisses. Es gibt keinen Schrei der Absicht, so wenig wie des Wissens, oder Glaubens. Wohl aber ko%nnte man den Entschlu#, mit welchem oft eine Absicht beginnt, ein Erlebnis nennen. 180. Ist Entschlu# ein Gedanke? Er kann das Ende eines Gedanken- ganges se1n. 181. Einer sagt mir etwas; ich schaue ihn erstaunt an; er erkla%rt . . Mein fragender Blick war gleichbedeutend der Frage: "Wieso?" Oder "Was meinst du?" oder "Warum?" oder "Das willst du tun, wo du doch immer . . .?" -- Der plo%tzliche Gedanke. 1 82. Absichtlich -- unabsichtlich. Willku%rlich -- unwillku%rlich. Was ist der Unterschied zwischen einer Handbewegung ohne besondere Absicht und der gleichen Handbewegung, die als Zeichen gemeint ist? 183. Denken wir uns, da# Einer eine Arbeit verrichtet, in der es ein Vergleichen, Versuchen, Wa%hlen gibt. Er stellt etwa einen Ge- brauchsgegenstand aus gewissen Materialstu%cken mit gegebenen Werkzeugen her. Immer wieder entsteht das Problem "Soll ich dies Stu%ck dazu nehmen?" -- Das Stu%ck wird verworfen, ein anderes versucht. Stu%cke werden versuchsweise zusammengestellt, auseinan- dergenommen; es wird nach einem passenden gesucht, etc. etc. Ich denke mir nun diesen ganzen Hergang gefilmt. Der Arbeitende gibt etwa auch Laute von sich, wie "Hm" oder "Ha!". Sozusagen, Laute des Zo%gerns, des plo%tzlichen Findens, des Entschlusses, der Zufrieden- heit, der Unzufriedenheit. Aber kein Wort wird geredet. Jene Laute mo%gen im Film aufgenommen werden. Der Film wird m1r vorgefu%hrt; und ich erfinde nun ein Selbstgespra%ch des Arbeitenden, welches zu seiner Arbeitsweise, dem Rhythmus seiner Arbeit, seinem Mienenspiel, seinen Geba%rden und Naturlauten pa#t, welches all dem entspricht. Ich lasse ihn also manchmal sagen "Nein, das Stu%ck ist zu lang, vielleicht pa#t ein anderes besser". -- Oder "Was soll ich jetzt tun? -- Ich hab's!" -- Oder "Das ist ganz gut" etc. Wenn der Arbeitende reden kann, -- wa%re es eine Verfa%lschung des wirklichen Vorgangs, wenn er ihn genau beschriebe und etwa sagte: "Dann dachte ich: Nein, das geht nicht; ich mu# es anders versuchen." usw. - obwohl er wa%hrend der Arbeit nicht gesprochen , und sich auch diese Worte nicht vorgestellt hatte? 35 II--179 Ich will sagen: Kann er nicht seine wortlosen Gedanken spa%ter in Worten wiedergeben? So zwar, da# wir, die den Arbeitsvorgang sa%hen, mit dieser Wiedergabe einverstanden sein ko%nnten? -- Umsomehr, wenn wir dem Mann nicht nur einmal, sondern o%fters bei der Arbeit zugesehen ha%tten? [Z 100.] 184. Wir ko%nnten natu%rlich sein 'Denken' von der Ta%tigkeit nicht trennen. Das Denken ist eben keine Begleitung der Arbeit; so wenig, wie der denkenden Rede. [Z 101.] 185. Denk dir, Einer pausiert in der Arbeit, blickt, wie nachdenkend, vor sich hin, in einer Situation, in der wir uns eine Frage vorlegen, Mo%glichkeiten erwa%gen wu%rden, -- wu%rden wir von ihm unbedingt sagen, er u%berlege? Ist dazu nicht auch no%tig, da# er eine Sprache beherrscht, also no%tigenfalls die ffberlegung auch aussprechen ko%nnte? 186. Nun, wenn wir Wesen bei der Arbeit sa%hen, deren Arbeits- rhythmus, deren Mienenspiel, etc. dem unsern a%hnlich wa%re, nur da# diese Leute nicht sprachen, dann wu%rden wir vielleicht sagen, sie da%chten, u%berlegten, machten Entscheidungen. Das hei#t: es wa%re eben in so einem Falle viel dem der gewo%hnlichen Menschen a%hnlich. Und es ist nicht klar, wieviel a%hnlich sein mu#, damit wir den Begriff 'Denken', der in unserm Leben zu Hause ist, auch bei ihnen anzuwenden ein Recht ha%tten.1 [Vgl. Z 102.] 187. Und wozu sollen wir auch diese Entscheidung fa%llen? Wir werden einen wichtigen Unterschied machen zwischen Wesen, die eine Arbeit, selbst eine komplizierte, 'mechanisch' zu verrichten lernen ko%nnen, und solchen, die bei der Arbeit probieren, vergleichen. -- Was aber "probieren" und "vergleichen" zu nennen ist, kann ich nur wieder an Beispielen erkla%ren, und diese Beispiele werden unserm Leben, oder einem, das dem unsern a%hnlich ist, entnommen sein. [Z 103.] 188. Na%hme nun das Probieren gar die Form an des Herstellens einer Art von Modell (oder gar einer Zeichnung), so wu%rden wir, ohne zu zweifeln, sagen, diese Wesen da%chten. Freilich ko%nnte man hier auch von einem Operieren mit Zeichen reden. 189. "Aber ko%nnte nicht das Operieren mit Zeichen auch mechanisch sein?" -- Freilich; d.h., auch dies mu# in einer bestimmten Umgebung sein, damit man sagen ko%nne, es sei nicht mechanisch. 190. Es ist also, als wa%ren unsere Begriffe, als wa%re d1e Verwendung unserer Worte, bedingt durch ein Geru%st von Tatsa%chlichem. Aber wie kann das sein?! Wie ko%nnten wir denn das Geru%st beschreiben, wenn wir nicht die Mo%glichkeit von etwas Anderem zulie#en? -- Du machstja, mo%chte man sagen, Unsinn aus jeder Logik! 191. Das Problem, das uns hier beunruhigt, ist das Gleiche wie das in der Betrachtung: "Menschen ko%nnten nicht za%hlen lernen, wenn alle Gegensta%nde um sie im schnellen Entstehen und Vergehen begriffen wa%ren. 192. Du kannst doch auch sagen: "Hast du keine Sta%bchen, Steinchen, etc. zur Hand, so kannst du Einen nicht rechnen lehren." Ganz so wie: "Hast du keine Schreibfla%che noch Schreibmaterial zur Hand, so kannst du ihn die Differentialrechnung nicht lehren" (oder: so kannst du die Division 76570 w 319 nicht ausfu%hren). Man sagt vom Tisch und Stuhl nicht, da# sie denken, auch von der Pflanze nicht, auch vom Fisch nicht, kaum vom Hund; aber vom Menschen. Und auch nicht von allen Menschen. Wenn ich aber sage "Ein Tisch denkt nicht", so ist das nicht a%hnlich einer Aussage wie "Ein Tisch wa%chst nicht". Denn ich wu%#te gar nicht, 'wie das wa%re, wenn' ein Tisch da%chte. Und hier gibt es offenbar einen graduellen ffbergang zu dem Fall des Menschen. [b, c: Vgl. Z 129.] 193. "Denken ist eine geistige Ta%tigkeit." -- Denken ist keine ko%rperliche Ta%tigkeit. Ist Denken eine Ta%tigkeit? Nun, man kann Einem befehlen "Denk daru%ber nach!". Wenn aber nun Einer in Befolgung dieses Befehls zu sich selbst oder auch zum Andern spricht, verrichtet er da zwei Ta%tigkeiten? Also ist Denken doch wieder nicht recht einer Ta%tigkeit zu vergleichen. Denn man kann auch nicht sagen, Denken sei: in der Vorstellung sprechen. Dies kann man tun auch ohne zu denken. [Z 123 -- bis dem Satz "Also ist Denken . . ."=] 194. Man darf nie vergessen, da# "denken" ein Wort der Alltags- sprache ist, so wie auch alle andern psychologischen Bezeichnungen. Es ist von diesem Wort nicht zu erwarten, da# es eine einheitliche Verwendung habe; es ist vielmehr zu erwarten, da# es sie nicht habe. [a: Vgl. Z 113; b: Z 112.] 37 II--189 195. Wenn Einer u%ber ein Problem nachdenkt und ich zeige ihm plo%tzlich eine gewisse Zeichnung, so wird er vielleicht ausrufen "Ach, so ist es!" oder "Jetzt wei# ich's". Und gefragt, was dabei in ihm vorgegangen ist, wird er in diesem Falle wohl einfach sagen "Ich habe die Zeichnung gesehen". Ich beschreibe diesen Fall, um einen Vorgang in der Vorstellung durch einen des Sehens zu ersetzen. Wird er nun sagen: "In dem Augenblick, als ich die Zeichnung sah, stand mir die ganze Lo%sung vor Augen"? Er ko%nnte auch, wenn ich ihm mit der Zeichnung zu Hilfe komme, sagen: "Ja, jetzt ist es leicht! 196. "Mir stand die Benu%tzung des Wortes vor der Seele" -- wird man das auch dann sagen, wenn Einem mit dem Wort ein fu%r seine Bedeutung charakteristisches Bild gezeigt wird? ((Das Bedeutungserlebnis scheint hier vom Gesehenen u%berto%nt zu werden.)) 197. Wir sagen: Gras ist gru%n, Kreide wei#, Kohle schwarz, Blut rot, etc. -- Wie wa%re es in einer Welt, in der dies unmo%glich wa%re, in der also die u%brigen Eigenschaften eines Dings mit seiner Farbe nicht zusammenhingen?1 Dies ist, ob richtig oder falsch gestellt, eine wichtige Frage, und nur ein Exempel unza%hliger a%hnlicher Fragen. 198. Denk dir, ich ka%me in ein Land, wo die Farben der Dinge, wie ich sagen wu%rde, unaufho%rlich wechselten, etwa durch eine Eigen- heit der Atmospha%re. Die Einwohner sehen nie ruhige Farben. Ihr Gras sieht bald gru%n, bald rot, etc. aus. Ko%nnten diese Leute ihren Kindern die Farbwo%rter beibringen?--Vor allem einmal ko%nnte es sein, da# ihrer Sprache die Farbwo%rter fehlten. Und wenn wir dies fa%nden, so wu%rden wir's vielleicht damit erkla%ren, da# sie fu%r gewisse Sprachspiele wenig, oder keine Verwendung ha%tten. 199. Wie ko%nnten denn Leute, in einem Land, wo alles nur eine Farbe ha%tte, den Gebrauch der Farbworte lernen? Kann ich aber nun sagen: "Nur weil in unserer Umgebung Dinge verschiedener Farbe existieren und weil . . ., ko%nnen wir Farbnamen gebrauchen."?? Es wird hier zwischen logischer und physischer Mo%glichkeit der Unterschied nicht gesehen. -- Nicht das interessiert uns: unter welchen Umsta%nden das Sprachspiel mit den Farbnamen physisch nicht mo%glich -- also eigentlich, nicht wahrscheinlich ist. Ohne Schachfiguren kann man nicht Schach spielen -- das ist die Unmo%glichkeit, die uns interessiert. 200. Man lernt das Wort "denken", d.i. seinen Gebrauch, unter gewissen Umsta%nden, die man aber nicht beschreiben lernt. [Z 114.] 201. Man lernt es etwa nur vom Menschen sagen, es von ihm behaupten, oder leugnen. Die Frage "Denkt ein Fisch?" existiert unter seinen Sprachverwendungen nicht, wird nicht gestellt. (Was kann natu%rlicher sein, als so ein Zustand; als so eine Sprachverwendung!) [Z117.] 202. Ah diese) Fall hat niemand gedacht" kann man sagen. Ich kann zwar nicht die Bedingungen aufza%hlen, unter denen das Wot "denken" zu gebrauchen ist, -- aber, wenn ein Umstand den Gebrauch zweifelhaft macht, so kann ich's sagen, und auch, wie die Lage von der gewo%hnlichen abweicht. [Z 1 18.] 203. Und hier mu%#te man etwas u%ber mein Sprachspiel No. 21 saken. -- Untcr u'elcheu Umsta nden wu%rde man die Laute des Bauenden, etc., wirklich eine Sprache nennen? Unter allen? Gewi# nicht!--War es nun falseh, ein Sprachrudiment zu isolieren und es Sprache zu nennen? Soll man etwa sagen, da# dies Rudiment nur in der Umgebung des Ganzen, was wir unsere Sprache zu nennen gewoh1it sind, ein Sprachspiel ist?? (Vgl. Z 98.] 204. Nun, vor allem ist die UmgebunQ nicht die geistige Begleitung des Sprechens, nicht das 'Meinen' und 'Verstehen', das man sich als der Sprache wesentlich vorzustellen geneigt ist. stillschweigend schon voraus, da# diese Menschen denken; da# sie 1n Hicser Beziehung den uns bekannten Menschen gle1chen; da# sie jenes Sprachspiel hicht rein mechan1sch betreiben. Denn stelltest du dir vor , Lebe11jener Menschen dem unser1i i1i vieler Beziehung gleichen mu#, und da~ ich u%be~ diese A%hnlichkeiten nichts gesagt habe. Das Wichtige aber ist eben, da# ich mir ihre Sprache, wie auch ihr Denken primitiv vorstellen kann; da# es ein 'primitives Denken' gibt, welches durch ein primitives L'erhalten zu beschreiben ist. [Vgl. Z 99.] 2o0%. Ich sage von jemandem: er vergleicht zwei Gegensta%nde. Ich wei#, wie das ausschaut, wie man das macht. Ich kann es Einem vorfiihren. Aber was ich so vorfu%hre, wu%rde ich dennoch nicht unter allrn Umsta%nden ein 'Vergleichen' nennen. (ch kann m1r nur etwa Fa%lle vorstellen, in welchen ich nicht geneigt wa%re zu sagen, da# verglichen wird; aber die Umsta%nde, unter welchen dies ein Vergleichen ist, beschreiben, das ko%nnte ich nicht. -- Aber ich kann einen Menschen den Gebrauch des Wortes lehren! denn dazu ist ein Beschreiben jener Umsta%nde nicht no%tig. [Der letzte Satz: Z11s.] 207. Ich lehre ihn eben das Wort unter bestimmten Umstanden.1 [Z 116.] 208. Manchmal ist es wirklich, als ob ein Denken neben dem Reden (Lesen z.B.) einherliefe. Nicht aber, da# man's dann von dem Lesen isolieren ko%nnte. Vielmehr ist, was die Worte begleitet, wie einc Reihe kleiner Nebenbewegungen. Es ist, als werde man eine Stra#e entlang gefu%hrt, wu%rfe aber Blicke rechts und links in alle Nebenga%#chen. 209. Denk dir, ich zeigte jemand eine Liste von den Ga%ngen, Besorgungen, die er fu%r mich zu machen hat. Wir kennen uns gut und er braucht nur Andeutungen, um zu wissen, was er zu tun hat. Die Liste entha%lt nun lauter solche Andeutungen. Er liest sie durch und sagt nach jeder solchen Andeutung "Ich verstehe". Und er versteht; er ko%nnte jeden dieser Punkte erkla%ren, wenn er gefragt wu%rde. (ch ko%nnte ihn dann fragen: "Hast du alles verstanden?" Oder: "Geh die Liste genau durch und sieh, ob du alles verstehst." Oder: "Wei#t du, was du hier zu machen hast?" -- Was hatte er zu tun, um sich davon zu u%berzeugen, da# er die Andeutungen verstanden hat? Ist es hier, als mu%#te er beijedem Punkt eine Kopfrechnung machen? Wa%re das no%tig, so ko%nnte er spa%ter von der Rechnung laut Rechenschaft geben und man wu%rde sehen, ob er richtig gerechnet hat. -- Aber das ist im allgemeinen ncht no%tig. Wir schreiben also nicht vor, was der Andere beim versta%ndnisvollen Durchgehen de1 Liste zu tun hat; und ob er wirklich verstanden hat, ersehen wir aus dem, was er spa%ter tut, oder aus der Erkla%rung, die wir etwa von ihm verlangen. 210. Wir ko%nnten nun sagen: Wer sich so pru%ft, ob er verstanden habe, geht immer ein Stu%ck Weges der Stra#e nach, die er spa%ter gehen soll. Und das ko%nnte ja so sein. Obwohl kein Grund ist, anzunehmen, da# es so ist. Denn, wenn er doch nur ein Stu%ck des 40 II--207 Weges geht, -- warum soll er dann nicht ohne zu gehen erkennen ko%nnen, da# er wei#, welchen Weg er zu gehen hat? Damit ist aber nicht gesagt, da# nicht wirklich die Wege ein Stu%ck begangen werden. Aber es kommt auch vor, da#, was wir spa%ter als den 'Keim ' des Gedankens oder der Tat ansehen, dies, seiner Natur nach, nicht 1st. 211. Wenn nun Einer sagte: Das hei#t eben nur, da# "denken" das hei#t, was einen bestimmten Enderfolg hat, einen bestimmten Zweck erfu%llt. Wie Jeder es macht, und ob heute so wie das vorige Mal, ist gleichgu%ltig. -- So ko%nnte ich antworten: Und wenn es zum richtiger Enderfolg fu%hrt, gar nichts zu tun, so bestu%nde also hier das Denken darin, da# Einer nichts tut. Man sagt: "AUberzeug dich, da# du jeden Punkt verstehst! Wenn ich nun fragte: "Wie soll ich mich u%berzeugen?" Welcher1 Rat wu%rde man mir geben? Man wu%rde mir sagen: "Frag dich, ob..." 212. Ist es hier nicht wie beim Kunstrechner? -- Er hat richtig gerechnet, wenn das Richtige herauskam. Was in ihm vorging, kann er vielleicht selbst nicht sagen. Und ho%rten wir's, so erschiene es vielleicht wie ein seltsames Zerrbild einer Rechnung. [Vgl. Z 89h.] 213. Wenn Einer sagt "Man kann auch wortlos denken", so ist das irreleitend. Es handelt sich hier nicht darum, da# man im Stande ist, etwas Bestimmtes zu tun, ohne dabei das und das Andere zu tun; wie z.B. "Man kann auch lesen, ohne die Lippen zu bewegen". 214. Wenn es z.B. nur ganz wenige Menschen ga%be, die die Antwort auf eine Rechenaufgabe finden ko%nnten, ohne zu sprechen, oder zu schreiben, ko%nnte man diese nicht zum Zeugnis dafu%r anfu%hren, da# man auch ohne Zeichen rechnen ko%nne. Weil es na%mlich nicht klar wa%re, da# diese Leute u%berhaupt 'rechnen'. Ebenso kann auch das Zeugnis des Ballard1 (bei James) Einen nicht davon u%berzeugen, daSS man denken ko%nne, ohne Sprache. Ja, warum soll man, wo keine Sprache gebraucht wird, vor1 'denken' reden? Tut man's, so zeigt das eben etwas u%ber den Begriff des Denkens. [Z 109.] 215. Man ko%nnte z.B. zwei (oder mehr als zwei) verschiedene Wo%rter besitzen: eines fu%rs 'laute Denken', eines fu%rs denkende Sprechen in der Vorstellung, eines fu%rs Innehalten, wobei irgend 41 II--211 etwas uns vorschwebt (oder auch nicht), woraufhin wir aber die Antwort mit Sicherheit geben ko%nnen. Wir ko%nnten zwei Wo%rter haben: eines fu%r den Gedanken, der im Satz ausgedru%ckt ist; eines fu%r den Gedankenblitz, den ich spa%ter ': Worte kleiden' kann. [Vgl. Z 122.] 216. Wenn 1nan auch das denkende Arbeiten, ohne alles Reden, 1ri unsere Betrachtung einbezieht, so sieht man, da# unser Begriff denken ein weitverzweigter ist. Wie ein weitverzweigtes Ver- kehrsnetz, das viele entlegene Orte mit einander verbindet. In allen diesen weitentlegenen Fa%llen reden wir von einem 'Denken'. 217. In allen diesen Fa%llen sagen wir, der Geist sei nicht unta%tig, es gehe etwas in ihm vor; und unterscheiden sie dadurch von einem Zustand der Dumpfheit, des mechanischen Tuns. 218. Denken', ein weitverzweigter Begriff. Ko%nnte man dasselbe nicht vom 'glauben', 'tun', 'sich freuen', sagen ? Und wo geho%rt die Bemerkung eigentlich hin. dieser Begriff sei weitverzweigt? -- Nun, man wird sie dem sagen, der darangeht, sich die Verzweigungen dieses Begriffs zu u%berlegen. 219. Es ist doch sehr merkwu%rdig, da# man keinerlei Schwierigkeit hat in einer Figur wie dieser1 ein Gesicht zu sehen, obwohl doch die Una%hnlichkeit des einen Winkels mit einer Nase, des andern mit einer Stirn etc. unglaublich gro# ist, oder eine A%hnlichkeit kaum vorhanden. Man hat -- wie gesagt -- keinerlei Schwierigkeit, in diesen Strichen ein menschliches Gesicht zu sehen; man mo%chte sagen: "So ein Gesicht gibt es." Oder auch: "Es ist dies zwar die Karikatur eines menschlichen Gesichts, aber eben eines 1n der Wirklichkeit mo%glichen." -- Ganz so, wie man keine Schwierig- keit hat, im Grau und Wei# der Photographie das menschliche Gesicht zu sehen.--Und was hei#t das? Nun, wir betrachten z.B. einen Film und folgen allen Vorga%ngen mit Anteilnahme; als ha%tten wir wirkliche Menschen vor uns. 220. Denken', ein weitverzweigter Begriff. Ein Begriff, der viele Lebensa%u#erungen in sicht begreift. Die Denkpha-nomene liegen weit auseinander. [Z 110.] 42 II--216 221. Und willst du nicht sagen, du sa%hest doch ein Gesicht in allen diesen Wortverwendungen, einen einheitlichen, echten Begriff? -- Aber was will das sagen? Kann nicht Gewohnheit all das zusammen- schwei#en? 222. Wer mir etwa irgend einen Vorfall erza%hlt, oder eine gewo%hnliche Frage an mich richtet (wieviel Uhr es ist, z.B.), den werde ich nicht fragen, ob er dabei gedacht habe. Oder so: Es wa%re nicht ohne Weiteres klar, unter welchen Umsta%nden man gesagt ha%tte, er ha%tte dies ohne zu denken getan -- obwohl sich solche Umsta%nde ausdenken lassen. (Hier ist eine Verwandtschaft mit der Frage, was eine 'willku%rliche' Handlung zu nennen sei.) 223. Der denkende Gesichtsausdruck, der Gesichtsausdruck des Idioten. Das Stirnrunzeln des Nachdenkens, der Aufmerksamkeit. 224. Nun denke dir einen Menschen, oder einen von Ko%hlers Affen, der eine Banane von der Decke holen will, sie nicht erreichen kann, auf Mittel und Wege sinnt, endlich zwei Sto%cke aneinander setzt, etc. Denk, man fragte "Was mu# dazu in ihm vorgehen?" -- Die Frage scheint irgendeinen Sinn zu haben. Und es ko%nnte vielleicht Einer antworten, der Affe, wenn er nicht durch Zufall, oder aus einem Instinkt heraus handelte, mu%sse den Vorgang vor dem geistigen Aug gesehen haben. Aber das wa%re nicht genug, und anderseits wieder zu viel. Ich will, der Affe solle sich etwas u%berlegen. Zuerst springt und langt er vergebens nach der Banane, dann gibt er's auf und ist etwa niedergeschlagen -- aber diese Phase kann wegbleiben. Wie kann er nun innerlich dazu kommen, u%berhaupt einen Stock zu ergreifen? Es ko%nnte ihm ja ein Bild gezeigt werden, das so etwas darstellt, und er ko%nnte daraufhin so handeln; oder so ein Bild ko%nnte ihm einfach vorschweben. Aber das wa%re doch wieder Zufall. Er ha%tte dieses Bild nicht durch Nachdenken gewonnen. Und hilft es uns, wenn w1r sagen, er brauche nur seinen Arm und den Stock irgendwie als eine Einheit gesehen haben? Aber nehmen wir doch einmal einen gu%nstigen Zufall an! Die Frage ist dann: wie kann er aus dem Zufall lernen? Vielleicht hatte er also den Stock zufa%llig in der Hand und beru%hrte mit ihm zufa%llig die Banane. -- Und was mu# nun weiter in ihm vorgehen? Er sagt sich, gleichsam, "So geht's!" und tut es nun mit den Zeichen des vollen Bewu#tseins.--Hat er etwa spielend eine Kombination gemacht, und verwendet sie nun als Methode, das und jenes zu tun, so werden wir sagen, er denke. -- Beim u%berlegen wu%rde er Mittel und Wege an seinem geistigen Auge vorbeiziehen lassen. Aber dazu mu# er schon welche im Vorrat haben. Das Denken gibt 43 II--221 ihm die Mo%glichkeit zur vervollkommnung seiner Methoden. Oder vielmehr: Er 'denkt', wenn er in bestimmter Art und Weise seine Methoden vervollkommnet. [Z 104 -- von "Hat er etwa spielend" an.] 225. Man ko%nnte auch sagen: er denkt, wenn er in bestimmter Weise lcri1t. [Z 10~.] bezeichnet nicht diese Hilfsta%tigkeiten, wie Denken ja auch nicht Reden ist. Obwohl der Begriff 'denken' nach Art einer imagina%ren Hilfsta%tigkeit gebildet ist. (So wie man sagen ko%nnte, der Begriff des Differentialquotienten sei nach Art eines imagina%ren Quotienten gebildet.) (Z 106.] 227. Diese Hilfstatigkeiten sind nicht das Denken; aber man stellt sich das Denken vor, als dasjenige, was unter der Oberfla%che dieser Hilfsm1ttel stro%men mu#, wenn sie nicht doch nur mechanische Handlungen sein sollen. [Z 107.] 228. Denken ist die imagina%re Hilfsta%tigkeit; der unsichtbare Strom, der alle diese Arten des Handelns tra%gt und verbindet. -- Die Grammatik von "denken" aber gleicht sich der von "sprechen" an. 229. Man ko%nnte also zwei Schimpanzen mit Bezug auf ihre Arbeitsweise unterscheiden, und vom einen sagen, er denkt, vom andern, er denke nicht. 230. Aber hier ha%tten wir freilich nicht die volle Verwendung von "denken". Das Wort bezo%ge sich auf ein Benehmen. Die Bedeutung der seelischen Ta%tigkeit erha%lt er erst durch die besondere Verwen- dung in der ersten Person. 231. Es ist, glaube ich, wichtig zu bemerken, da# das Wort eine erste Person der Gegenwart (in der Bedeutung, auf die es uns ankommt) nicht hat. Oder soll ich sagen: da# seine Verwendung in der Gegenwart nicht mit der z.B. des Verbums "Schmerz fu%hlen" parallel la%uft ? 232. Ich dachte . . ." kann man sagen, wenn man den Ausdruck der Gedanken wirklich gebraucht hat; aber auch, wenn diese Worte gleichsam die Entwicklung aus einem Denkkeim sind. 44 II--225 233. Nur unter ganz speziellen Umsta%nden tritt die Frage auf,1 ob denkend geredet wurde, oder nicht. [Z 95.] erratischer, als es zuerst den Anschein hat. Man kann das auch so sagen: der Ausdruck dient einem viel spezielleren Zweck, als man's seiner Form ansieht. Denn diese ist eine einfache, regelma%#ige Bildung: Wenn das Denken oft, oder zumeist, mit dem Reden zusammengeht, so ist natu%rlich die Mo%glichkeit vorhanden, da# es einmal nicht mit ihm geht. 235. Ich lerne eine fremde Sprache und lese Satzbeispiele in einem U%bungsbuch. "Meine Tante hat einen scho%nen Garten." Er hat eir1 U%bungsbuch-Aroma. Ich lese ihn und frage mich "Wie hei#t 'scho%n' auf . . .?" dann denke ich an den Casus. -- Nun, wenn ich jemandem mitteile, meine Tante habe . . ., so denke ich an diese Dinge nicht. Der Zusammenhang, in dem der Satz stand, war ein ganz anderer. -- Aber konnte ich nicht jenen Satz im A%bungsbuch lesen und bei ihm trotzdem an den Garten meiner Tante denken? Gewi#. Und soll ich nun sagen, die Denkbegleitung ist jedesmal eine andere, je nachdem ich den Satz einmal als reine U%bung sehe, einmal als U%bung mit dem Gedanken an einen Garten, einmal wenn ich ihn jemand einfach als Mitteilung sage?--Und ist es unmo%glich, da# mir Einer mitten im Gespra%ch diese Mitteilung macht und in ihm ganz das Gleiche stattfindet, wie wenn er den Satz als Sprachu%bung behandelt? Kommt es mir denn darauf an, was in ihm geschieht? Erfahre ich's denn? Und wie kann ich denn u--berhaupt mit irgendwelcher Sicherheit daru%ber schreiben, denn, wa%hrend ich dies tue, lerne ich ja keine Sprache und mache niemand jene Mitteilung. Wie kann ich dann also wissen, was in einem solchen Falle in Einem vorgeht? Erinnere ich mich denn jetzt an das, was in diesen Fa%llen in mir vorging? Nichts dergleichen. Ich glaubte nur, mich jetzt in diese Lagen hineindenken zu ko%nnen. Aber da mag ich doch ganz und gar irregehen. Und dies ist ja die Methode, die man in solchen Fa%llen immer anwendet! Was man dabei an sich erfa%hrt, ist charakteristisch nur fu%r die Situation des Philosophierens. 236. Was wei# ich von den inneren Vorga%ngen Eines, der mit Aufmerksamkeit einen Satz liest? Und kann er mir sie beschreiben, nachdem er's getan hat, und ist, was er etwa beschreibt, eben der charakteristische Vorgang der Aufmerksamkeit? [Z 90.] 45 II--233 237. Welche Wirkung will ich denn erzielen, wenn ich Einem sage "Lies aufmerksam!"? Etwa, da# ihm das und jenes auffa%llt, er davon berichten kann. -- Wieder ko%nnte man, glaube ich, sagen, da#, wer einen Satz mit gro#er Aufmerksamkeit liest, dann von Vorga%ngen in seinem Geist, Vorstellungen etwa, im allgemeinen wird berichten ko%nnen. Aber das hei#t nun nicht, da# diese Vorga%nge die Aufmerksamkeit ausmachten. [Z 91 .] 238. Was tue ich mit einer Mitteilung, er habe beim Lesen des Satzes an etwas ganz Anderes gedacht? Welche Schlu%sse, die mich interessieren, kann ich aus so einer Mitteilung ziehen? Nun, etwa, da# ihn jene Sache bescha%ftigt; da# ich nicht zu erwarten habe, er wisse, wovon das Gelesene gehandelt hat; da# ihm das Gelesene keinen Eindruck irgend welcher Art gemacht hat; und dergleichen. Darum ha%tte es ja auch keinen Sinn, wennjemand, der mit mir ein angenehmes Gespra%ch1 gehabt hatte, mich danach versicherte, er habe ganz ohne zu denken geredet. Und zwar nicht, weil es aller Erfahrung widerspricht, da# Einer, der so reden kann, es ohne die Begleitvorga%nge des Denkens tue. Sondern, weil es sich hier zeigt, da# uns die Begleitvorga%nge u%berhaupt nicht interessieren und nicht das Denken ausmachen. Wir ku%mmern uns den Teufel um seine Begleitvorga%nge, wenn er mit uns ein Gespra%ch in normaler Weise fu%hrt. lernt der Mensch gebrauchen. Fast nie fra%gt man Einen " Wie zuckte e1 dir durch den Sinn? Hast du dir gewisse Worte gesagt, hast du etwas in der Vorstellung vor dir gesehen; kannst du a%berhaupt sagen, was in dir vorging?" 240. Wenn man erkennen will, wie Verschiedenes "Gedanke" hei#t, braucht manja nur einen Gedanken der reinen Mathematik mit einem nicht-mathematischen vergleichen. Denk nur, was alles "Satz" hei#t! 241. Das Kind muB nicht zuerst einen primitiven Ausdruck ge- brauchen, den wir dann durch den gebra%uchlichen ersetzen. Warum soll es nicht sogleich den Ausdruck der Erwachsenen gebrauchen, den es o%fters geho%rt hat. Wie es "erra%t", da# dies der richtige Ausdruc:k ist, oder wie es darauf kommt, ihn zu gebrauchen, ist ja gleichgu%ltig. Hauptsache ist: es gebraucht ihn -- nach welchen Pra%liminarien immes -- so, wie die Erwachsenen ihn gebrauchen: d.h., bei denselbem Anla%ssen, in der gleichen Umgebung. Er sagt1 auch: der Andere habe gedacht . . . 242. Wie wichtig ist das Erleben der Bedeutung im sprachlichen Verkehr? Was wichtig ist, ist, da# wir beim Aussprechen eines Worts intendieren. Ich sage z.B. "Bank!" und will damit jemand erinnern, er solle auf die Bank gehen, und ich meine dabei in der einen, und nicht in der andern Bedeutung. -- Aber die Intention ist eben kein Erlebnis. 243. Was unterscheidet sie aber vom Erlebnis? -- Nun, sie hat keinen Erlebnisinhalt. Denn die Inhalte (Vorstellungen z.B.), die mit ihr 0ft Hand in Hand gehen, sind nicht die Intention selbst.2 -- Und doch ist sie auch nicht eine Disposition, wie das Wissen. Denn die Intention war vorhanden, als ich es sagte; sie ist jetzt nicht mehr vorhanden; aber ich habe sie nicht vergessen. 244. Es ist wahr: ich konnte mich mehr, oder weniger intensiv mit dem bescha%ftigen, was ich sagte. Und hier handelt sich's offenbar nicht um bestimmte Erlebnisse wa%hrend des Aussprechens der Worte. D.h., man ko%nnte nicht sagen "Beim Aussprechen des Wortes 'Bank' mu#te das und das vor sich gehen, wenn es wirklich so geme1nt war . 245. Da# man nun doch das Wort isoliert, fern von jeder Intention, 'einmal mit einer, einmal mit einer andern Bedeutung aussprechen' kann, das ist ein Pha%nomen, das nicht auf das Wesen der Bedeutung reflektiert; so da# man sagen ko%nnte "Siehst du, auch dies kann man mit einer Bedeutung machen".--So wenig, wie man sagen ko%nnte: "Schau, was man mit einem Apfel alles machen kann: man kann ihn essen, sehen, zu haben wu%nschen, sich vorzustellen versuchen." So wenig wie es fu%r den Begriff 'Nadel' und 'Seele' charakteristisch ist, da# wir fragen ko%nnen, wieviele Seelen auf einer Nadelspitze Platz haben. -- Es handelt sich hier, sozusagen, um einen Auswuchs des Begriffs. 246. Statt "Auswuchs des Begriffes ' ha%tte ich auch sagen ko%nnen "Anbau an den Begriff".--In dem Sinne, in welchem es auch nicht 47 II--242 zu dem Wesen des Personennamens geho%rt, da# er die Eigenschaften seines Tra%gers zu haben scheint. -- ((Zitat aus Grillparzer.))1 247. Wie kann man den Geisteszustand dessen, der einen Befehl halb automatisch gibt, von dem unterscheiden, in welchem er mit Nachdruck, eindringlich, gegeben wird? "Es geht in dieses Menschen Geist etwas anderes vor." Denke an den Zweck der Unterscheidung Was sind die Zeichen des Nachdrucks? 248. Wenn ein sonst normaler Mensch unter den und den normalen Umsta%nden ein normales Gespra%ch fu%hrt, und ich gefragt wu%rde, we sich in so einem Falle der Denkende von Nichtdenkenden unter- schiede, -- ich wu%#te nicht zu antworten. Und ich ko%nnte gewib nicht sagen, da# der Unterschied in etwas liegt, was wa%hrend des Sprechens vor sich ginge, oder nicht vor sich ginge. [Z 93.] 249. Die Grenzlinie zwischen 'denken' und 'nicht denken', die hier gezogen wu%rde, liefe zwischen zwei Zusta%nden, die sich durch nichts einem Spiel der Vorstellungen auch nur A%hnliches unterschieden. Denn das Spiel der Vorstellungen bleibt ja doch das, was man sich als das Charakteristikum des Denkens denkt. [Vgl. Z 94.] 250. Ich habe diese Worte gesagt, aber mir gar nichts bei ihnen gedacht", das ist eine interessante A%u#erung, weil die Folger1 interessant sind. Du kannst dir aber immer denken, da#, wer dies sagte, sich bei der Introspektion geirrt hat; aber das wu%rde nichts machen. 251. Was aber soll ich nun sagen: Ist dem, der gedankenlos geredet hat, ein Erlebnis abgegangen? Waren es z.B. Vorstellungen?--Aber wenn ihm die abgegangen wa%ren, ha%tte das fu%r uns dasselbe Interesse wie dies, da# er ohne zu denken gesprochen hat? Sind es die Vorstellungen, die uns in diesem Falle interessieren? FIaben wir in seiner A%u#erung nicht eine Art Signal von ganz anderer Bedeutung? 252. Soll ich sagen: "Wenn du nicht automatisch gesprochen hast (was immer das hei#en mag) und wenn du deine Absicht nicht erst spa%ter erhalten, oder gea%ndert hast, so hattest du sie, als du sprachst"? 253. Ich habe mit dem Satz nichts gemeint, ich hab ihn nur vor mich hin gesagt." Wie merkwu%rdig, da# ich damit auf kein Erlebnis 48 II--247 wa%hrend des Sprechens anspiele, und da# ich trotzdem nichts Bezweifelbares ausspreche. Es ist sehr merkwu%rdig, da# die Uorgange beim Denken uns so gut wie nie interessieren. (Aber natu%rlich sollte ich nicht sagen, es sei merkwu%rdig.) [b: Vgl. Z 88.] 254. Die Frage "Was hast du gemeint" und a%hnliche ko%nnen in zweifacher Weise verwendet werden. Im einen Fall wird einfach eine Sinn- oder Bedeutungserkla%rung verlangt, damit man mit dem Sprachspiel fortfahren kann. Im andern Fall interessiert uns etwas, was zur Zeit, als der Satz gesprochen wurde, geschah. Im ersten Falle wu%rde uns ein psychologischer Bericht, wie dieser "Zuerst sagte ich's nur zu mir selbst, dann wendete ich mich an dich und wollte dich er1nnern . . . nicht 1nteress1eren. 255. Hast du das gemeint?Ja, es war der Anfang dieser Bewegung. 256. Denken wir uns diesen Fall: Ich soll um 12 Uhr jemand dara1: erinnern, er solle auf die Bank 8ehen, Geld holen. Mein Blick fa%llt um 12 Uhr auf die Uhr und ich sage "Bank!" (zu ihm gewendet, oder auch nicht); vielleicht mache ich eine Geba%rde, die man manchmal macht, wenn man sich plo%tzlich einer Sache, die zu tun ist, entsinnt. -- Gefragt "Meinst du die . . . Bank?" werde ich's bejahen. -- Gefragt "Hast du beim Sprechen die . . . Bank gemeint", auch. -- Wie, wenn ich das Letztere verneinte? Was wu%rde das dem Andern mitteilen? Etwa, da# ich beim Sprechen den Satz anders gemeint, ihn aber dann doch fu%r diesen Zweck verwenden wollte. Nun, das kann vorkommen. Es ko%nnte auch sein, da# ich, als mein Blick auf die Uhr fiel, in seltsamer automatischer Weise das Wort "Bank" ausspreche, so da# ich dann berichte "Ich ho%rte mich plo%tzlich das Wort sager1, ohne mit ihm irgend eine Bedeutung zu verbinden. Erst nach einigen Sekunden erinnerte ich mich daran, da# du zur Bank solltest". -- Die Antwort, ich ha%tte zuerst das Wort anders gemeint, bezog sich offenbar auf die Zeit des Sprechens; und ich ha%tte mich auch so ausdru%cken ko%nnen: "Ich habe beim Sprechen an diese Bank gedacht, nicht an . . .". -- Die Frage ist nun: ist dieses 'Denken an . . .' ein Erlebnis? Es geht ha%ufig, vielleicht immer, mit einem Erlebnis zusammen, mo%chte man sagen. Zu sagen, man habe damals an diese Sache gedacht, auf die man nun zeigen, die man beschreiben kann, etc., ist fo%rmlich als sagte man: Dieses Wort, dieser Satz, war de1 Anfang von diesem Gedankengang, von dieser Bewegung. Nicht aber so, als ob ich dies durch nachtra%gliche Erfahrung wu%#te; sondern die A%u#erung "Ich habe bei diesen Worten an . . . gedacht" knu%pft eben selber an jenen Zeitpunkt an. Und wenn ich sie in der Gegenwart statt in der Vergangenheit machte, hie#e sie etwas anderes. 49 II--254 257. Warum aber will ich sagen, jenes Denken sei kein Erlebnis? -- Man kann an die 'Dauer' denken. Wenn ich statt des einen Wortes einen ganzen Satz gesprochen ha%tte, ko%nnte ich nicht von einem Zeitpunkt im Sprechen sagen, er sei der Anfang des Denkens gewesen, noch auch der Augenblick, in dem es stattgefunden hat. Oder, wenn man Anfang und Ende des Satzes Anfang und Ende des Gedankens nennt, dann ist es nicht klar, ob man von dem Erlebnis des Denkens sagen soll, es sei wa%hrend dieser Zeit einfo%rmig, oder es se1 ein Vorgang, wie das Sprechen des Satzes selbst. Ja, wenn man von einer Erfahrung des Denkens spricht, so ist die Erfahrung des Redens so gut wie jede andere. Aber der Begriff 'denken' ist kein Erfahrungsbegriff. Denn man vergleicht Gedanken nicht, wie man Erfahrungen vergleicht. [b: Z 96.] 258. Man kann Einen im Denken sto%ren; -- aber im Beabsichtigen? -- Wohl aber im Planen. Auch im Festhalten einer Absicht, na%mlich im Denken oder Handeln. [Z 50.] 259. "Sag 'abcde' und meine: Das Wetter ist scho%n. Soll ich also sagen, da# das Erlebnis des Aussprechens eines Satzes einer uns gela%ufigen Sprache ein ganz anderes ist, als das des Aussprechens uns nicht in bestimmten Bedeutungen gela%ufiger Zeichen? Wenn ich also jene Sprache lernte, in welcher "abcde" den Sinn . . . hat, wu%rde ich nach und nach das uns bekannte Erlebnis beim Aussprechen eines Satzes kriegen? Oder soll ich sagen, wie ich geneigt bin zu sagen, die Hauptverschiedenheit der beiden Fa%lle liegt darin, da# ich mich ira einen nicht bewegen kann. Es ist, als wa%re eines meiner Gelenke in Schienen und ich wa%re noch nicht an sie gewo%hnt und ha%tte daher noch nicht ihre mo%glichen Bewegungen inne, stie#e also sozusagen in einem fort an. (Gefu%hl des Weichen.) [Vgl. Z 6.] 260. Denk dir, ich wa%re mit einem Menschen beisammen, der diese Sprache spricht, und mir wa%re gesagt worden, "abcde" hei#e das und das, und ich solle dies sagen, weil es ho%flich sei. Ich wu%rde es also mit einem freundlichen La%cheln, mit einem Blick zum Fenster hinans sagen. Wa%re das nicht allein genug, um mir diese Zeichen na%herzubringen ? 261. Man ko%nnte von 'Anteilnahme' reden. Und worin liegt meine Anteilnahme an einem Satz, den ich spreche? An dem, wird man sagen, was dabei in mir vorgeht. lch mo%chte sagen: An den Verbindungen, Zusammenha%ngen, die ich mache. Es ist na%mlich dee Frage: Was immer beim Anteilnehmen in mir vor sich geht, -- wodurch ist es ein Anteilnehmen an dem Inhalt dieses Satzes? Waum 50 II--257 ist es z.B. nicht eine pathologische Aufregung in mir, die das Sprechen begleitet? [Vgl. Z 124.] 262. Kann ich wirklich sagen, es sei beim 'gedankenlosen' Lesen des U%bungsbuchsatzes in mir etwas ganz anderes, oder einfach etwas anderes geschehen, als beim versta%ndnisvollen Lesen des Satzes in anderem Zusammenhang? Ja -- Unterschiede sind da. Ich werde z.B. auf den gleichen Satz in gewissem Zusammenhang sagen "Ja, so war es?", ich werde u%berrascht, entta%uscht, gespannt, befriedigt sein, etc. 263. Hast du den Satz denkend gelesen?" -- "Ja, ich habe ihn denkend gelesen; jedes Wort war mir wichtig." "Ich habe sehr angestrengt dabei gedacht." Ein Signal. Ist dabei nichts vorgegangen? Doch, allerlei. Aber darauf bezog sich das Signal nicht. Und doch bezog sich das Signal auf d1e Zeit des Redens. [a: Z 92a.] 264. James ko%nnte vielleicht sagen: "Ich lese jedes Wort mit dem ihm entsprechenden Gefu%hl. "Aber" mit dem Abergefu%hl", u.s.w. Und selbst wenn das wahr ist, -- was bedeutet es eigentlich? Was ist die Grammatik des Begriffs 'Abergefu%hl'? Es wird ja nicht ein Gefu%hl dadurch, da# ich es "Gefu%hl" nenne. [Vgl. Z 188.] 265. Wie seltsam, da# etwas beim Sprechen vorgegangen ist, und ich doch nicht sagen kann, was!--Am besten: ich sage, es war eine Illusion, und es ist nichts vorgegangen; und nun untersuche ich den Nutzen der A%u#erung. Und es wird sich auch fragen, welches der Nutzen des Bezugs auf den vergangenen Zeitpunkt ist. 266. Ja; "Ich habe bei diesen Worten gedacht . . ." bezieht sich allerdings auf die Zeit des Redens; aber wenn ich nun den 'Vorgang' charakterisieren soll, so kann ich ihn nicht als ein Geschehen in diesem Zeitraum beschreiben, z.B. nicht sagen, die und die Phase des Vorgangs habe in diesem Zeitabschnitt stattgefunden. Also nicht, wie ich z.B. das Sprechen selbst beschreiben kann. Das ist der Grund, warum man das Denken nicht wbhl einen Vorgang nennen kann. ((Noch eine Begleitung des Redens,)) 267. Mit 'denkend reden' mu%#te ich eigentlich meinen: reden und verstehen, was man sagt, und nicht erst nachtra%glich verstehen. Das Schreiben ist gewi# eine willku%rliche Bewegung, und doch eine automatische. Und von einem Fu%hlen der Schreibbewegungen 1st 51 II--262 natu%rlich nicht die Rede. D.h. man fu%hlt etwas, aber ko%nnte das Gefu%hl unmo%glich zergliedern. Die Hand schreibt; sie schreibt nicht, weil man will, sondern man will, was sie schreibt. Man sieht ihr nicht erstaunt oder mit Interesse beim Schreiben zu; denkt nicht "Was wird sie nun schreiben". Aber nicht, weil man eber1 wu%nschte, sie solle das schreiben. Denn, da# sie schreibt, was ich wu%nsche, ko%nnte mich ja erst recht in Erstaunen versetzen. [b, c:: Z586.] 268. Wie pru%fen wir, ob jemand versteht, was es hei#t, die Muskeln des Armes entspannen, schlaff lassen? Doch dadurch, da# wir pru%fen, ob sie entspannt sind, wenn er sagt, er habe sie entspannt (etwa auf unsern Befehl). Was wu%rden wir nun zu dem sagen, der uns mitteilt, er spanne seine Muskeln nicht an, wa%hrend sein Arm ein Gewicht hebt und es mit allen den gewo%hnlichen Anzeichen. der gewollten Bewegung tut? Wir wu%rden hier von Lu%ge oder von einer merkwu%rdigen Illusion reden. Ich wei# nicht, ob es Verru%ckte gibt, die ihre normalen Bewegungen fu%r ungewollt erkla%ren. Wenn es aber jemand tut, so erwarte ich mir von ihm, da# er der Bewegung seines Arms in ganz anderer als der normalen Weise mit seiner Auf- merksamkeit folgt; so na%mlich, wie der Bewegung des Zeigers eines Instruments etwa. 269. Das Kind lernt gehen, kriechen, spielen. Es lernt nicht, willku%rlich und unwillku%rlich spielen. Aber was macht die Be- wegungen des Spiels zu willku%rlichen Bewegungen? Nun, wie wa%re es denn, wenn sie unwillku%rlich wa%ren? -- Ich ko%nnte auch frager1: Was macht denn diese Bewegungen zu einem Spielen? -- Da# sie Reaktionen auf gewisse Bewegungen, Laute, etc. des Erwachsenen sind, da# sie einander so folgen, mit diesen Mienen und Lauten (dem Lachen z.B.) zusammengehen. [Vgl. Z 587.] 270. Kurz, macht es die Bewegungen SO, so sagen wir sie seien willku%rlich. Bewegungen in solchen Syndromen hei#en "will ku%rlich" . 271. Ich gebe Einem mit den Augen ein Zeichen. Ich kann, was es bedeutet hat, spa%ter erkla%ren. Wenn ich sage "Ich hatte dabei diese Intention", so ist das, als bezeichnete ich den Ausdruck als Anfang einer Bewegung. Ich erkla%re ihn nicht mit Hilfe von hergebrachten Regeln, noch durch eine Definition, die den zuku%nftigen Gebrauch des Zeichens regeln soll. Ich sage weder "Dies Zeichen bedeutet bel uns das", noch "Es soll in Hinkunft das bedeuten". Ich gebe also keine Definition. 52 II--268 272. Denk nun aber an den Unterschied, den es macht, wenn ich jenen Ausruf in seiner bestimmten Situation nicht aus eigenem mache, sondern ihn in einer Geschichte, oder einem Schauspiel lese. Ich nehme an: mit Uersta-ndnis lese. Bin ich aber da noch immer geneigt, von einer Intention (ich meine von meiner Intention) bei diesem Wort : zu reden? 273- Kann 1ch aber sagen' es geht be1m Lesen etwas anderes 1n mr vor sich, als beim spontanen Ausruf? Nein. Ich wei# nichts von so einer Verschiedenheit der Vorga%nge; obwohl die Art und Weise, wie ich mich ausdru%cke, auf so etwas schlie#en lie#e. Aber, wenn Einer ins Zimmer ka%me, gerade wenn ich den Ausruf lese, und er fragte mich, ob ich das und das wolle, wu%rde ich ihm sagen, ich ha%tte es nicht so gemeint und blo# etwas gelesen. 274. Ich sagte fru%her, die Intention habe keinen Inhalt. Nun, ihren Inhalt kann man das nennen, was ihr Wortausdruck erkla%rt. Aber eben davon kann man weder sagen, es sei ein gleichfo%rmiger Zustand, der von diesem Zeitpunkt bis zu jenem andauert; also etwa vom Anfang des ersten, bis zum Ende des letzten Wortes; noch kann man = Phasen in ihm unterscheiden und diese dem Ablaufen des Wort- ausdrucks zuordnen. Wa%re dagegen der Satz von einem Spiel der := Vorstellungen begleitet, so ko%nnte man eben dies tun. 275. Unterschied zwischen 'die Absicht haben' und 'an die Absicht =:-=- denken'. Wenn ich mir sage "Ich will diesem Gespra%ch ein Ende machen", so ist das doch der Ausdruck einer Absicht und zwar im Moment ihres Entstehens; es ist eigentlich der Ausdruck des Entschlusses. Und dem == Entschlu# als einem Bejahen der Absicht entspricht auch ein Hin- und Herschwanken zwischen Entscheidungen, ein Ringen mit dem Entschlu#. 276. Wenn ich bei mir denke "Ich halt es nicht mehr aus; ich will === gehen!", so denke ich doch eine Absicht. Es ist aber das Denken des Ausbruchs einer Absicht. Wa%hrend man von dem, der erza%hlt "Ich beabsichtige im na%chsten Jahr . . .", auch sagen kann, er denke eine Absicht, aber in ganz anderem Sinne. 277. Man sagt nicht "Ich wei#, da# es regnet" einfach als Mitteilung, es regnet; sondern etwa, wenn diese Aussage angezweifelt wurde; == oder auf die Frage, ob ich auch sicher sei. Aber ich ko%nnte dann auch sagen "Es ist ganz gewi#: es regnet". 3 II--272 278. Ich kann mit einer Meldung eine Reihe von Sprachspielen spielen. Eines ist z.B.: nach ihr handeln; ein anderes: durch sie den .=:= Meldenden pru%fen. Aber ist nicht das erste sozusagen das urspru%nglichere Sprachspiel, das, wozu eine Meldung eigentlich da ist? , , 279- Man mu# sich sagen' da# es die erste Person ich glaube sehr wohl auch ohne eine dritte geben ko%nnte. Warum sollte nicht in der Sprache ein Verbum gebildet worden sein, das nur eine erste Person der Gegenwart hat? Es ist gleichgu%ltig, was dazu gefu%hrt hat, welche Vorstellungen. 28o. Aber was hei#t das: "Es regnet und ich glaube es nicht" habe Sinn, wenn ich es als Annahme meine, und keinen Sinn, wenn ich es als Behauptung, oder Meldung meine. Man stellt sich das so vor, da#, wenn der Satz auf die erste Art intendiert wird, etwas von ihm ausgeht, etwas aufleuchtet, wogegen alles finster bleibt, wenn man ihn auf die zweite Art intendiert. Und etwas ist ja wahr daran: Denn sagt mir Einer diese Worte und ich verstehe sie als Annahme, so leuchtet etwa Versta%ndnis in meinem Gesicht auf; deute ich aber den Satz als Meldung, so werde ich am Sinn irre und das Versta%ndnis bleibt aus. "Es regnet und ich glaube es nicht" ist eine Annahme, aber keine Meldung. 281- Man mo%chte auch sagen: Die Annahme' ich glaube das' 1st d1e Annahme, ich sei so disponiert. Wa%hrend ich von der Meldung "Ich glaube . . ." nicht sagen mo%chte, sie berichte von meiner Disposition. Vielmehr ist sie eine A%u#erung dieser Disposition. 282. Alles das ha%ngt damit zusammen, da# man sagen kann "Ich glaube, er glaubt . . .", "Ich glaube, ich habe geglaubt . . .", aber nicht "Ich glaube, ich glaube . . .". 283- In dem Falle eines obligatorischen Ich glaube zu Anfang jeder Behauptung hie#e zwar "Ich glaube, es sei so" dasselbe wie "Es ist so", aber "Angenommen, ich glaubte, es sei so" nicht dasselbe wie "Angenommen, es sei so". 284. Ich habe mich von etwas u%berzeugt, nun wei# ich es. "Ich wei#, da# die Erdkugel in den letzten 10 Minuten existiert hat sagt man nicht; wohl aber "Man wei#, da# die Erde viele tausende vonJahren existiert hat". Und das nicht, weil es unno%tig ist, so etwas zu versichern. 54 II--278 285. "Ich wei#, da# dieser Weg dorthin fu%hrt. "Ich wei#, wohin dieser Weg fu%hrt." Im zweiten Falle sage ich, ich besitze etwas; im ersten versichere ich eine Tatsache. In diesem ko%nnte das Wort "wissen" auch wegbleiben. Injenem wa%re es mo%glich fortzusetzen, "aber ich sag's nicht". 286. Auf die Aussage "Ich wei#, da# es so ist" folgt die Frage "Wie wei#t du das?", die Frage nach der Evidenz. 287. In dem Sprachspiel der Meldung gibt es den Fall, da# die Meldung angezweifelt wird, da# man annimmt, der Meldende vermute nur, was er meldet, habe sich nicht u%berzeugt. Hier sagt e1 dann etwa: "Ich we# es." D.h.: Es ist nicht blo# Vermutung.--Soll ich da sagen, er teile mir die Sicherheit mit, die er bei seiner Meldung fu%hlt? Das mo%chte ich nicht sagen. Er spielt einfach das Meldungs- sprachspiel, und "Ich wei# es" ist die Form einer Meldung. 288. Kann man nur wissen, was wahr ist? Nun, man sagtja auch "Ich glaube, es zu wissen" und hier kann dem Glauben keine Unsicher- heit anhaften. Es hei#t nicht "Ich bin nicht sicher: wei# ich's, oder wei# ich's nicht." 289. Mancher wird sagen, da# mein Reden u%ber den Begriff des Wissens irrelevant sei, da zwar dieser Begriff, wie die Philosophen ihn auffassen, allerdings nicht mit dem der allta%glichen Rede u%bereinstimmt, aber eben ein wichtiger, interessanter Begriff sei, der durch eine Art Sublimierung aus dem landla%ufigen und nicht sehr interessanten gebildet ist. Aber der philosophische Begriff ist aus dem landla%ufigen durch allerlei Mi#versta%ndnisse gewonnen worden und er befestigt diese Mi#versta%ndnisse. Er ist durchaus nicht interessant, es sei denn als Warnung. 290. Du darfst wieder nicht vergessen, da# "Ein Widerspruch hnt keinen Sinn" nicht hei#t: der Sinn des Widerspruchs ist ein Unsinn. -- Den Widerspruch schlie#en wir aus der Sprache aus; wir haben f&1 ihn keine klare Verwendung und w0llen ihn nicht verwenden. Und wenn "Es regnet, aber ich glaube es nicht" sinnlos ist, so wieder, weil eine Verla%ngerung gewisser Linien zu dieser Technik fu%hrt. Aber unter andern als den normalen Umsta%nden ko%nnte jener Satz einen klaren Sinn erhalten. 291. Wenn es ein 'automatisches' Reden ga%be, so ko%nnten wir z.B. nicht mit einer solchen A%u#erung streiten, den, der sie ausspricht, nicht eines Irrtums u%berweisen wollen. Wir wu%rden also nicht die gleichen Sprachspiele mit dem automatischen, wie mit dem normalen : Reden spielen. 292. Wenn ich ein Reden "automatisch" nenne, so stellt man sich dabei etwas Inflexionsloses, maschinelles vor. Aber das ist fu%r uns gar nicht wesentlich. Man braucht nur anzunehmen, da# zwei Personen durch einen Mund reden. Und wir haben dann, was gesagt wurde, auch als die A%u#erung zweier Menschen zu behandeln. Es ko%nnten :=:. also beide Sa%tze mit der Intention der Mitteilung gesprochen werden- Und es wu%rde sich nur fragen, wie ich auf diese Mitteilungen reagieren sollte. 293. Einerseits kann man sagen, da# Schwarz und Wei# in Grau koexistieren ko%nnen; und anderseits wird man sagen: "Aber wo Gran ist, ist natu%rlich weder wei#, noch Schwarz. Was grau ist, ist natu%rlich nicht wirklich wei#. 294. Aber wie ist es mit "Hellrot" und "Dunkelrot"? Wird man auch sagen wollen, da# diese irgendwo zugleich sind? oder Lila und Violett? -- Nun, denk dir den Fall, Hellblau und Dunkelblau, und zwar ganz bestimmte To%ne, umga%ben uns sta%ndig, und wir ko%nnen nicht (wie es tatsa%chlich der Fall ist) leicht beliebige Farbto%ne erzeugen. Es wa%re aber unter Umsta%nden mo%glich, die hellblaue Substanz mit der dunkelblauen zu mischen, und dann erhielten wir einen seltenen Farbton, den wir nun auffassen als eine Mischung von Hellblau und Dunkelblau. 295. "Aber wa%ren dann unsere Farbbegriffe die gleichen wie sie == heute sind?" Sie wa%ren diesen sehr a%hnlich. Ungefa%hr wie die Zahlbegriffe der Vo%lker, die nur bis 5 za%hlen ko%nnen, den unseren. 296.Man kann sagen: Wem ein Wort durch Hinweisen auf einen fa%rbigen Fleck erkla%rt wird, der wei# nur insofern, was gemeint ist, :==== als er wei#, wie das Wort anzuwenden ist. Das hei#t: Es gibt hier kein Erfassen, Auffassen des Gegenstandes, au#er durch ein Erfassen einer .;== Technik. Anderseits ko%nnte man doch sagen, ein Erfassen, Ergreifen des Gegenstandes vor jedem Erfassen einer Technik sei mo%glich, denn wr ko%nnen Einem einfach den Befehl geben "Kopiere dies! " und er kann Gestalt, oder die Farbe, aber nicht den genauen Ton, etc. Und hier tut das Kopieren, was bei einem Ko%rper etwa ein in die Hand Nehmen 56 II--292 tut. -- Es ist uns da, als ko%nnten wir, was gemeint ist, die Farbe etwa, mit einer eigenen feinen geistigen Zange auffassen, ohne irgendetwas anderes mit zu nehmen. 297. Der Verstand, sage ich, ergreift den einen Gegenstand; und dann reden wir von ihm, und seinen Eigenschaften, seiner Natur gema%#. 298. Wie aber wei# ich, da# dein Geist den gleichen Gegenstand ergreift, wie meiner? Doch eben z.B. dadurch, wie du auf meinen Befehl, "Kopiere die Farbe" z.B., reagierst. Aber hier, wirst du sagen, ko%nnen wir nur das Wesentliche dieser Reaktion erkennen, indem wir ihn o%fters Farben kopieren hei#en. Das hei#t wohl, ich werde nach einigen dieser Reaktionen andere vorhersehen ko%nnen; und dies erkla%re ich, indem ich sage: ich wei# nun, 'was' er eigentlich kopiert. Also die Farbe, oder die Form z.B. -- aber es gibt hier meh1 solche was, als wir fu%r gewo%hnlich anzunehmen geneigt sind; d.h. man kann auch Begriffe bilden, die uns ganz ungewo%hnt sind. Es kann auch sein, da# ich allerdings nach einigen Reaktionen des Kopierens andere richtig voraussehe und nun mit ihnen rechnen kann -- also sage, wir ha%tten einander nun verstanden -- da# ich aber in einer etwas andern Situation eine U%berraschung erlebe.--Und was soll ich nun sagen: Ich ha%tte ihn die ganze Zeit mi#verstanden? oder, ich habe ihn zum Teil mi#verstanden? Wenn du ans Ergreifen eines Gegenstandes denkst, wirst du vielleicht das erste sagen, gema%# dem Bild, er habe eben nicht den Gegenstand ergriffen, den ich glaubte. Denken wir aber an Methoden des Gebrauchs von Worten, so werden wir sagen, es seien hier ungleiche, aber a%hnliche, Methoden. 299. Hier ist es nun freilich wichtig, da# eine Technik fu%r uns eine Physiognomie hat. Da# wir z.B. von einer einheitlichen und einer uneinheitlichen Verwendung sprechen ko%nnen. 3o0. Wissen in einem Sinn ist ein gelernt und nicht vergessen haben. Es ha%ngt so mit dem Geda%chtnis zusammen. -- Nun kann ich also sagen: "Ich wei#, wieviel 97 x 78 ist" oder "Ich wei#, da# 97 x 78 432 ist". Im ersten Falle, so wollte ich sagen, teile ich jemand mit, ich ko%nne etwas, habe einen gewissen Besitz; im zweiten versichere ich den Andern einfach, 97 x 78 sei 432. Hei#t denn "97 x 78 ist ganz erste Satz ist sicher kein arithmetischer, noch kann ihn ein solcher irgendwie ersetzen; statt des zweiten aber ko%nnte man einen arithmetischen Satz verwenden. [Vgl. Z 406.] 57 II--297 verha%lt kann das "Ich wei# nicht wegbleiben. Den Satz Ich weg' da# es sich so verha%lt" kann man ersetzen durch "Es verha%lt sich so". 302. "Es wird regnen." -- "Du glaubst, es wird regnen?" -- "Ich wei#, es wird regnen." Sagt der dritte Satz mehr als der erste? Er ist die Wiederholung des ersten und eine Abwehr des zweiten. 303. Aber gibt es nicht ein Pha%nomen des Wissens, sozusagen ganz abgesehen vom Sinn der Worte "Ich wei#"? Ist es nicht merk- wu%rdig, da# ein Mensch etwas wissen kann, die Tatsache gleichsam in sich selbst haben kann? Aber das ist eben ein falsches Bild. Denn, sagt man: wissen ist es nur, wenn es sich wirklich verha%lt, wie er sagt. Aber das ist nicht genug. Es darf sich nicht nur zufa%llig so verhalter. Er mu# na%mlich wissen, da# er wei#; das Wissen ist ja sein eigener Seelenzustand; er kann daru%ber, au#er durch eine besondere Verblendung, nicht im Zweifel oder Unrecht sein. Wenn also das Wissen, da# es so ist, nur ein Wissen ist, wenn es wirklich so ist; und wenn das Wissen in ihm ist, so da# er daru%ber, da# es ein Wissen ist, unfehlbar ist; dann ist er also auch daru%ber unfehlbar, da# es ist, wie es das Wissen wei#; und also mu# die Tatsache, die er wei#, so wie das Wissen, in ihm sein. Also: Wenn ich, ohne zu lu%gen, sage "Ich wei#, da# es so ist", so kann ich nur durch eine besondere Verblendung im Unrecht sein. [Z408a,c.] 304. Hei#t 'das Bild nicht SO sehen': es anders sehen ? 305. Denk dir diesen Fall: Ein Vexierbild wird mir gezeigt; ich sehe darin Ba%ume, Leute, etc. Ich untersuche es, und plo%tzlich sehe ich eine Gestalt in den Kronen der Ba%ume. Wenn ich es danach ansehe, sehe ich jene Striche nicht mehr als Zweige, sondern zur Gestalt geho%rig. Nun stelle ich das Bild in meinem Zimmer auf und sehe es tagta%glich, und da vergesse ich zumeist die zweite Interpretation und es ist nun einfach ein Wald. Ich sehe es also, wie jedes andere Bild eines Waldes. (Du siehst die Schwierigkeit.) -- Ich sage nun vonjenem Bild einmal: "Ich habe es schon lange nicht mehr als Vexierbild gesehen, beinahe vergessen, da# es eins ist." Da kann man natu%rlich fragen "Wie hast du's denn gesehen?" und ich werde sagen "Nun, als Ba%ume . . ." und das ist auch ganz richtig; aber hab ich also nicht nur das Bild gesehen und gewu#t, was es darstellt, sondern es auch immer gema%# einer bestimmten Deutung wahrgenommen? Lieber mo%chte ich sagen: Fu%r mich waren's jetzt einfach immer Ba%ume, ich habe nie in anderm Sinne an das Bild gedacht. 58 II--301 306. Wer etwas bereut, der denkt doch daran. Ist also die Reue eine Art von Gedanken? Oder eine Fa%rbung von Gedanken? Es gibt reuevolle Gedanken, wie es z.B. furchtvolle gibt. Wenn ich aber sage "Ich bereue es", sage ich, "Ich habe reuevolle Gedanken"? Nein, denn das ko%nnte auch sagen, wer es gerade jetzt nicht bereut. Aber ko%nnte ich nicht, statt "Ich bereue es", sagen: "Ich denke mit Reue daran"? 307. Was interessiert mich an der Reue des Andern? Seine Ein- stellung zu der Handlung. Die Zeichen der Reue sind die Zeichen des Widerwillens, der Trauer. Der Ausdruck der Reue bezieht sich auf die Handlung. Man nennt die Reue einen Schmerz der Seele, weil die Zeichen des Schmerzes denen der Reue a%hnlich sind. Wollte man aber ein Analogon zum Ort des Schmerzes finden, so wa%re es natu%rlich nicht die Seele (wie ja der Ort des Ko%rper- schmerzes nicht der Ko%rper ist), sondern der Gegenstand der Reue. [c: Z511.] 308. Warum kann der Hund Furcht, aber nicht Reue empfinden? Wa%re es richtig zu sagen "Weil er nicht sprechen kann"? [Z 518.] 309. Nur wer u%ber die Vergangenheit nachdenken kann, kann bereuen. Das hei#t aber nicht, da# nur so einer erfahrungsgema%# des Gefu%hls der Reue fa%hig ist. [Z 519.] 310. Es ist ja auch nichts so Erstaunliches, da# ein Begriff nur auf ein Wesen anwendbar sein sollte, das z.B. eine Sprache besitzt. [Z 520.] 311- Die Behandlung aller dieser Erscheinungen des Seelenlebens ist mir nicht darum wichtig, weil's mir auf Vollsta%ndigkeit ankommt. Sondern, weil jede fu%r mich auf die richtige Behandlung alter ein Licht wirft. (Z 465.] := 312. Wenn er zuerst die Farbnamen lernt, -- was wird ihm beigebracht? Nun, er l~rnt z.B. beim Anblick von etwas Rotem "Rot" ausrufen. -- Ist das eine richtige Beschreibung, oder ha%tte es hei#en sollen: "Er lernt 'rot' nennen, was auch wir 'rot' nennen"? : Beide Beschreibungen sind richtig. Wie unterscheidet sich davon das Sprachspiel "Wie kommt es dir vor?"? Man ko%nnte Einem doch die Farbwo%rter beibringen, indem man ihn auf wei#e Gegensta%nde durch farbige Brillen schauen la%#t. Was ich ihn aber lehre, mu# ein Ko%nnen sein. Er kann also jetzt auf Befehle etwas Rotes bringen; oder Gegensta%nde nach ihren Farben ordnen. Aber was ist denn etwas Rotes? "Nun das (zeigend)." Oder ha%tte er sagen sollen: "Das; weil es die Meisten von uns 'rot' nennen"? Oder einfach: "Das nennen die Meisten von uns 'rot"? Dieses Auskunftsmittel nu%tzt uns nichts. Die Schwierigkeit, die wir fu%r "rot" hier empfinden, tritt dann bei "gleich" wieder auf. [Z 421 bis dem Satz "Nun das (zeigend)".] 313. Ich beschreibe eben das Sprachspiel "Bring etwas Rotes" dem, der es schon selbst spielen kann. Den Andern ko%nnt' ich's nur lehren. (Relativita%t.) [Z 432.] 314. Es ist hier ein tiefer und wichtiger Punkt, den ich gerne ganz klar auszudru%cken verstu%nde. Man ta%uscht sich irgendwie u%ber den Zweck der Beschreibung. Oder will das Begru%nden fortsetzen, weil man seine Funktion mi#versteht. 315. Warum lehrt man das Kind nicht zuerst gleich das Sprachspiel "Es scheint mir rot"? Weil es noch nicht im Stande ist, den feineren Unterschied zwischen Schein und Sein zu verstehen? [Z 422.] 316. Die rote Gesichtsempfindung ist ein neuer Begriff [Z 423.] 317. Das Sprachspiel, was wir ihm dann beibringen, ist: "Mir scheint es . . ., dir scheint es . . ." Im ersten Sprachspiel kommt eine Person also wahrnehmendes Subjekt nicht vor. [Z 424.] 318. Du gibst dem Sprachspiel ein neues Gelenk. Was aber nicht hei#t, da# nun davon immer Gebrauch gemacht wird. Das Sprachspiel "Was ist das?" -- "Ein Sessel." -- ist nicht das Gleiche wie: "Wofu%r ha%ltst du das?" -- "Es du%rfte ein Sessel sein." [a: Z425;b:Z417.] ein Sessel", sondern "Das ist ein Sessel". Bilde dir ja nicht ein, man lasse das Wort "wahrscheinlich" aus, weil das Verstehen desselben dem Kind noch zu schwierig ist; man vereinfache die Dinge fu%r das Kind; lehre es also etwas, was nicht streng richtig ist. 320. Man spricht von einem Gefu%hl der U%berzeugung, weil es einen Ton der U%berzeugung gibt. Ja, das Charakteristikum aller 'Gefu%hle' ist, da# es einen Ausdruck, d.i. eine Miene, Geba%rde, des Gefu%hls gibt. [Zs13.] 60 II--313 321. James sagt, man ko%nne sich eine Gemu%tsbewegung, oder Stimmung nicht ohne die entsprechenden (sie zusammensetzenden) Ko%rperempfindungen denken. Denke man sich diese hinweg, so finde man, da# man dadurch die Existenz der Gemu%tsbewegung selbst aufhebe. Das geschieht etwa so: Ich stelle mir mich selbst trauernd vor und nun versuche ich, mich zugleich jubelnd in der Vorstellung zu sehen und zu empfinden. Dazu hole ich etwa tief Atem und ahme ein strahlendes Gesicht nach. Und nun kann ich mir allerdings die Trauer nicht gut vorstellen; denn, sie mir vorstellen, hie#, sie spielen. Aber daraus folgt nun nicht, da#, was wir dabei im Ko%rper fu%hlen, die Trauer oder etwas a%hnliches wie die Trauer ist. -- Der Trauernde kann ja allerdings nicht u%berzeugend lachen und jubeln, und ko%nnte er's, so wa%re, was wir den Ausdruck der Trauer nennen, nicht Ausdruck der Trauer, und das Jubeln nicht Ausdruck einer andern Gemu%tsbewegung. -- Wenn der Tod des Freundes und die Genesung des Freundes uns gleicherma#en jubeln oder -- dem Benehmen nac:h -- trauern lie#en, so wa%ren diese Formen des Benehmens nicht, was wir den Ausdruck der Freude oder der Trauer nennen. Ist es a priori klar, da#, wer die Freude nachahmt, Freude fu%hlen wird? Kann es nicht sein, da# der blo#e Versuch, in der Trauer zu lachen, diese noch ungeheuer verscha%rft ? 322. Dabei darf ich aber doch nicht vergessen, da# Freude mit ko%rperlichem Wohlbefinden zusammengeht und Trauer, oder doch Depression, oft mit ko%rperlichem Unbehagen. -- Wenn ich spazieren gehe und mich u%ber alles freue, so ist es wohl wahr, da# dies nicht gescha%he, wenn ich unwohl wa%re. Wenn ich aber nun meiner Freude Ausdruck gebe, z.B. sage "Wir herrlich Alles ist! " -- wollte ich sager1, da# all diese Dinge in mir angenehme ko%rperliche Gefu%hle hervormfen? Ja selbst wenn ich meine Freude so ausdru%ckte "Die Ba%ume und der Himmel und die Vo%gel geben mir ein herrliches Gefu%hl im ganzen Ko%rper" -- so wa%re hier nicht von Verursachung die Rede, nicht von dem erfahrungsma%#igen Zusammentreffen etc. etc. 323. Man sagt doch "Jetzt, wo er wieder gesund ist, atme ich freier", holt auch einen tiefen Atemzug der Erleichterung. Es wa%re ja mo%glich, da# man traurig ist, weil man weint, aber natu%rlich nicht daru%ber, da# man weint. Es wa%re doch mo%glich, da# Menschen, die man etwa mit Hilfe von Zwiebeln weinen macht, traurig wu%rden; da# sie entweder im allgemeinen deprimiert wu%rden, oder anfingen, an bestimmte Geschehnisse zu denken und u%ber sie zu trauern. Aber die Empfindungen des Weinens wa%ren doch damit nicht ein Teil des 'Gefu%hls' der Trauer geworden. 61 II--32I 324. Wer sich unter den und den Umsta%nden so und so benimmt, v0n dem sagen wir, er sei traurig. (Auch vom Hunde.) Insofern kann man nicht sagen, das Benehmen sei die Ursache der Trauer; sie ist ihr Anzeichen. Sie die Wirkung der Trauer zu nennen, wa%re auch nicht einwandfrei. -- Sagt er's von sich (er sei traurig), so wird er im allgemeinen dafu%r als Grund nicht sein trauriges Gesicht u.s.w. angeben. Wie aber wa%re es, wenn er sagte: "Erfahrung hat mich gelehrt, da# ich traurig werde, sobald ich anfange, traurig dazusitzen, etc."? Das ko%nnte zweierlei hei#en. Erstens: "Sobald ich, etwa einer leichten Neigung folgend, es mir gestatte, mich so und so zu halten und zu benehmen, gerate ich in den Zustand, in diesem Benehmen verharren zu mu%ssen." Es ko%nnte ja sein, da# Zahnschmerzen durch Sto%hnen a%rger wu%rden. Zweitens aber ko%nnte jener Satz eine Spekulation enthalten u%ber die Ursache der menschlichen Trauer. Etwa des Inhalts, da#, wer im Stande wa%re auf irend eine Weise gewisse Ko%rperzusta%nde hervorzurufen, den Menschen traurig ma- chen wu%rde. Hier ist aber die Schwierigkeit, da# wir einen Menschen, der unter allen Umsta%nden traurig aussa-he und sich benahme, nicht traurig nennen wu%rden. Ja, wenn wir einem solchen den Ausdruck "Ich bin traurig" beibra%chten und er sagte das die ganze Zeit mit dem Ausdruck der Trauer, so ha%tten diese Worte, so wie die u%brigen Zeichen, ihren normalen Sinn verloren. [Z 526.] 325. Fast mo%chte ich sagen: Man fu%hlt die Trauer so wenig im Ko%rper, wie das Sehen im Auge. [Z 495.] 326. Einen im Anfang lehren "Das sche1nt rot ' hat ja gar keinen Sinn. Das mu# er ja spontan sagen, wenn er einmal gelernt hat, was "rot" hei#t, d.i. die Technik der Wortverwendung. [ Z 418.] 327. Die Grundlage jeder Erkla%rung ist die Abrichtung. (Das sollten Erzieher bedenken.) [Z 419.] 328. Nur fu%r den ganzen Menschen gelten also diese Begriffe?" -- Nein; denn manche haben ihre Anwendung auch fu%r Tiere. 329. "Wer im allgemeinen so handelt und dann manchmal so handelt, von dem sagen wir. .." Das ist eine legitime Art der Worter- kla%rung. 330. Wir neigen dazu, uns die Sache so zu denken, als wa%re die Gesichtsempfindung ein neuer Gegensiand, den das Kind kennen lernt, nachdem es die ersten primitiven Sprachspiele mit Gesichtswahr- 62 II--324 nehmungen gelernt hat. "Es sche1nt m1r rot. -- "Und wie ist rot? - "So." Dabei mu# auf das richtige Paradigma gezeigt werden. [Von "Es scheint mir rot." an: Z 420.] 331. Wenn ich in einem bestimmten Zimmer eine bestimmte Ta%tigkeit auszufu%hren gelernt habe (das Aufra%umen des Zimmers etwa) und diese Technik beherrsche, so folgt doch nicht, da# ich bereit sein mu%sse, die Einrichtung des Zimmers zu beschreiben; auch wenn ich jede Vera%nderung in ihr gleich merken wu%rde und auch sofort beschreiben ko%nnte. [Z 1 19.] 332. "Dieses Gesetz wurde nicht in Voraussicht solcher Fa%l e gegeben." Ist es darum sinnlos? [Z 120.] 3 33 . Man ko%nnte sich doch einen Furchtbegriff, z.B., denken, der nur auf Tiere, also rein das Benehmen betreffend, Anwendung fa%nde. - Du willst doch nicht sagen, da# so ein Begriff keinen Nutzen ha%tte. [Z 524, die ersten zwei Sa%tze.] 334. Kann man sagen, es existiere zwischen der Gemu%tsbewegung und ihrem Ausdruck eine A%hnlichkeit, insofern z.B. beide aufgeregt seien? (A%hnliches hat, glaube ich, Ko%hler gesagt.) Und wie wei# man, da# die Gemu%tsbewegung selbst aufgeregt sei? Der sie hat, merkt es und sagt's. -- Und wenn nun Einer einmal das Gegenteil sagte? -- "Aber nun sei offen und sag, ob du nicht wirklich die innere Aufregung erkennst!" -- Wie habe ich nur die Bedeutung des Worts "Aufregung" gelernt? 335. Die falsche Auffassung, da# dieses Wort sowohl etwas Inneres, als auch etwas A%u#eres bedeutet. Und leugnet man dies, so wird es dahin mi#verstanden, man leugne die innere Aufregung. (Zeitliche und zeitlose Sa%tze.) 336. Denke, ein Kind wa%re ganz besonders gescheit, so gescheit, da# man ihm gleich die Zweifelhaftigkeit der Existenz aller Dinge beibringen kann. Es lernt also von Anfang: "Das ist wahrscheinlich ein Sessel." Und wie lernt es nun die Frage: "Ist das auch wirklich ein Sessel?"? [Z411.] 337. Betreibe ich Kinderpsychologie? -- Ich bringe den Begriff des Lehrens mit dem Begriff der Bedeutung in Verbindung. [Z 412.] 63 II--331 338. Einer sei ein u%berzeugter Realist, der Andere ein u%berzeugter Idealist und lehrt seine Kinder dementsprechend. In einer so wichtigen Sache wie der Existenz oder Nichtexistenz der a%u#ern Welt wollen sie ihren Kindern nichts Falsches beibringen. Was wird man sie nun lehren? Auch dies zu sagen "Es gibt physikalische Gegensta%nde", beziehungsweise das Gegenteil? Wenn Einer an Feen nicht glaubt, so braucht er seine Kinder nicht lehren "Es gibt keine Feen", sondern er kann es unterlassen, sie das Wort "Fee" zu lehren. Bei welcher Gelegenheit sollen sie sagen "Es gibt . . ." oder "Es gibt nicht . . ."? Nur wenn sie Leute treffen, die entgegengesetzten Glaubens sind. [ Z 41 3. ] 339. Aber der Idealist wird den Kindern doch das Wort "Sessel" beibringen, denn er will sie ja lehren, gewisses zu tun, z.B. einen Sessel zu holen. Wo wird sich also, was die idealistisch erzogenen Kinder sagen, von dem, was die realistischen sagen, unterscheiden? Wird der Unterschied nicht nur der der Schlachtrufe sein? [Z 414.] 340. Fa%ngt denn nicht das Spiel "Das ist wahrscheinlich ein . . ." mit der Entta%uschung an? Und kann die erste Einstellung die auf die mo%gliche Entta%uschung sein? [Z 415.] 341. "So mu# man ihm also zuerst eine falsche Sicherheit bei- bringen?" Es ist bei ihrem Sprachspiel von Sicherheit oder von Unsicherheit noch nicht die Rede. Erinnere dich: sie lernenja etwas tun. [Z 416.] 342. Wie a%u#ert sich denn also der Zweifel? ich meine: im Sprach- spiel, nicht einfach in gewissen Redensarten. Etwa im na%hern Hinsehen , also in einer ziemlich komplizierten Ta%tigkeit. Aber diese A%u#erung des Zweifels hat gar nicht immer Sinn, Zweck. Man vergi#t eben, da# auch das Zweifeln zu einem Sprachspiel geho%rt. 343. Wie kommt es, da# der Zweifel nicht der Willku%r untersteht? -- Und wenn es so ist. -- ko%nnte nicht ein Kind durch seine merk- wu%rdige Veranlagung an allem zweifeln? Man kann erst zweifeln, wenn man Gewisses gelernt hat; wie mar1 sich erst verrechnen kann, wenn man rechnen gelernt hat. Dann ist es allerdings unwillku%rlich. (a: Z 409; b: Z 410.] 344. Wenn ich daran zweifle, da# dies ein Sessel ist, -- was tue ich? -- Ich besehe und befu%hle ihn von allen Seiten und dergleichen. Ist abe1 diese Handlungsweise immer der Ausdruck des Zweifels? Nein. 64 II--338 Wenn ein Affe oder ein Kind d1es ta%te, wa%re es keiner. Zweifeln kann der, der schon einen 'Grund zum Zweifeln' kennt. 345. Ich kann mir wohl vorstellen, da# ein bestimmtes primitives Benehmen sich spa%ter zum Zweifel auswa%chst. Es gibt z.B. eim primitives Untersuchen. (Ein Affe, der z.B. eine Zigarette zerpflu%ckt. Einen intelligenten Hund sehen wir dergleichen nicht tun.) Das blo#e Hin- und Herwenden und Beschauen eines Gegenstandes ist eine primitive Wurzel des Zweifels. Aber Zweifel ist erst da, wenn die typischen Antezedentien und Konsequenzen des Zweifels da sind. 346. "Es schmeckt wie Zucker." Man erinnert sich genau und mit Sicherheit, wie Zucker schmeckt. Ich sage nicht "Ich glaube, sc) schmeckt Zucker". Welch merkwu%rdiges Pha%nomen. Eben das Pha%nomen des Geda%chtnisses. -- Aber ist es richtig, es ein merk- wu%rdiges Pha%nomen zu nennen? Es ist ja nichts weniger als merkwu%rdig. Jene Sicherheit ist ja nicht um ein Haar merkwu%rdiger, als es die Unsicherheit wa%re. Was ist denn merkwu%rdig? Das, da# ich mit Sicherheit sage "Das schmeckt wie Zucker", oder, da# es dann wirklich Zucker ist? Oder, da# Andere dasselbe finden? Wenn das sichere Erkennen des Zuckers merkwu%rdig ist, so wa%re es also das Nichterkennen weniger. [Z 660.] 347. Wenn Leute (plo%tzlich) aufho%rten, in ihren Urteilen u%ber Geschma%cke u%bereinzustimmen, -- wu%rde ich noch sagen: Jeder wisse jedenfalls, was er schmecke? -- Wu%rde es dann nicht klar, da# das Unsinn sei? 348- Verwirrung der Geschma%cke: Ich sage Das ist su# ' der Andere "Das ist sauer", u.s.f. Einer kommt daher und sagt: "Ihr habt Alle keine Ahnung, wovon ihr sprecht. Ihr wi#t gar nicht mehr, was ihr einmal einen Geschmack genannt habt." Was wa%re das Zeichen dafu%r, da# wir's noch wissen? [Z 366.] 349. Aber ko%nnten wir nicht auch in dieser 'Verwirrung' ein Sprachspiel spielen? -- Aber ist es noch das Fru%here? -- [Z 367.] 350. Aber hier ist doch ein Paradox! Soll denn die Verla%#lichkeit meiner Geschmacksa%u#erung von den Vera%nderungen in der Au#en- welt abha%ngen? -- Es kommt doch hier auf den Sinn des Urteils, nicht auf die Nu%tzlichkeit an.--Wir sehen hier die Verwandtschaft mit dem urspru%nglichen Sprachspiel der Wahrnehmung. 65 II--345 dessen so sicher sein kann? Aber auch, wenn es sich dann als falsch herausstellt. -- Und was erstaunt mich daran? Da# ich den Begriff 'Zucker' in eine sofeste Verbindung mit der Geschmacksempfindung :==: bringe. Da# ich die Substanz Zucker direkt im Geschmack zu erkennen scheine. Aber statt des Ausdrucks "Es schmeckt genau . . ." ko%nnte ich ja primitiver den Ausruf "Zucker!" verwenden. Und kann man denn sagen, bei dem Wort 'schwebe mir die Substanz Zucker vor'? Wie tut sie das? [Z 657.] 352. Kann ich sagen, dieser Geschmack bra%chte gebieterisch den Namen "Zucker" mit sich; oder aber das Bild eines Stu%cks Zucker? Keines von beiden scheint richtig. Ja, gebieterisch ist das Verlangen nach dem Begriff 'Zucker' allerdings und zwar ebenso, wie nach dem Begriff 'rot', wenn wir ihn zur Beschreibung des Gesehenen verwenden. [Z 658.] 353. Ich erinnere mich, da# Zucker so geschmeckt hat. Es kommt mir das Erlebnis zuru%ck ins Bewu#tsein. Aber natu%rlich: Wie wei# ich, da# es das fru%here Erlebnis ist? Das Geda%chtnis hilft mir da nicht mehr. Nein, diese Worte, das Erlebnis komme zuru%ck . . ., sind nur eine Umschreibung, keine Erkla%rung des Erinnerns. Aber wenn ich sage "Es schmeckt genau wie Zucker", so findet in einem wichtigen Sinne gar kein Erinnern statt. Ich begru%nde also mein Urteil, oder meinen Ausruf, nicht. Wer mich fragt, "Was meinst du mit 'Zucker'?" -- dem werde ich allerdings ein Stu%ck Zucker zu zeigen trachten. Und wer fragt "Wie wei#t du, da# Zucker so schmeckt", werde ich allerdings antworten "Ich habe tausende Male Zucker gegessen" -- aber das ist nicht eine Rechtfertigung, die ich mir selbst gebe. [Z 659.] 354. "Selbstbeobachtung lehrt mich: ich glaube das, -- aber Beo- bachtung der Au#enwelt, da# es nicht so ist." 355. Nehmen wir nun an, ich habe das F eines Menschen gesehen, welches er so schreibt: I ,1 und habe es immer fu%r ein Spiegel-F gehalten; d.h. ich habe einen gewissen Zusammenhang zwischen seinem Buchstaben und dem regelrecht geschriebenen angenommen. Nun machst du mich aufmerksam, da# dieser Zusammenhang nicht besteht, 66 II--351 sondern ein anderer (der der verschobenen Striche). Dies verstehe ch, und sage nun: "Dann sieht es freilich auch anders aus." Gefragt "Wie anders?" sage ich etwa: "Fru%her sah es ungeschickt aus, jetzt aber ku%hn und energisch." [Vgl. Z 208.] 356. Sag dir,1 es ha%tte Einer Gesichter immer nur mit einem Ausdruck, sagen wir la%chelnd, gesehen. Und nun sieht er zum ersten Mal ein Gesicht seinen Ausdruck vera%ndern. Ko%nnte man da nicht sagen, jetzt erst bemerke er einen Ausdruck des Gesichts? Erst der Wechsel machte den Ausdruck bedeutsam; fru%her geho%rte er eben zur Anatomie des Gesichts. -- Ist es so auch mit dem Aspekt des Buchstabens? Ausdruck, ko%nnte man sagen, gibt es nur im Mienen- spiel. 357. Wie mir ein Buchstabe vorkommt, ha%ngt also davon ab, ob er streng nach der Norm gebildet ist, oder ob, und wie er von ihr abweicht. Dann ist auch das begreiflich, da# es einen Unterschied macht, ob wir nur eine oder zwei Erkla%rungen einer Buch- stabenform kennen. 358. Wie konnte ich denn sehen, da# diese Stellung zaghaft war, ehe ich wu#te, da# sie eine Stellung und nicht die Anatomie dieses Wesens war. [Vgl. PU II, xi, S. 209b.] 359. Die Frage ist nun: Wenn man eine Figur einer Interpretation gema%# sehen kann, sieht man sie immer einer Interpretation gema%#? Und ist da ein scharfer Unterschied zwischen dem Sehen, das mit keiner Interpretation verbunden ist und jenem andern? 360. Ich will sagen: Das Sehen einer Figur in dieser Interpretation ist ein Denken an die Interpretation. Denn soll ich sagen, es sei mo%glich, dies als ein Spiegel-F zu sehen und dabei nicht an die besondere Beziehung zu denken, die das Wort "Spiegel-F" bedeutet? Ich sehe doch eine Deutung und eine Deutung ist ein Gedanke. 361. Man ko%nnte das Vexierbild vor und nach der Lo%sung beila-ufig kopieren; und dann wu%rde der Fehler beim Kopieren des erster Aspekts verschieden sein von dem beim Kopieren des Zweiten. Ich ko%nnte also sagen: "Vor der Lo%sung sah ich ungefa%hr das (und zeichne einen Wald)--nach der Lo%sung ungefa%hr das" (und zeichne einen Menschen in den Baumkronen) . 67 II--356 362. Du mu#t bedenken, da#, was Einer sieht, in der wichtigsten Klasse von Fa%llen, in einer Meldung u%ber das betrachtete Objekt zum Ausdruck kommt. Und zu dieser Meldung geho%rt natu%rlich auch die ra%umliche Anmeldung.1--Wie ist es nun, wenn Einer zu melden hat, was er auf einer Fla%che sieht und wenn die Zeichnung auf ihr den Charakter des Vexierbildes hat? Erstens, was das Ra%umliche am- belangt, so kann er, was er auf der Fla%che sieht, auch ra%umlich :=::= beschreiben; ja, das ist vielleicht die einzige Art der Beschreibung, die er geben kann. 363. Eine wichtige Meldung wird z.B. sein: "Es hat sich in dieser ganzen Zeit nichts vera%ndert." Sie beruht eben auf andauernder Beobachtung. 30%4. Wenn ich die Lo%sung des Vexierbildes entdecke, mache ich u%ber das Bild selbst eine Entdeckung. Die Entdeckung z.B., da# durch . diese Camouflage ein Schiff verborgen wurde. Ich will Einem etwa geheim mitteilen, wie ein gewisser Mensch ausschaut und verberge meine Mitteilung, na%mlich sein Portra%t, in einem Vexierbild. 365. Wenn ich die Figur eine Gedankenhilfe nennte, so ko%nnte ich :== sagen, ich sehe sie als diese Gedankenhilfe. == 366. Was fu%r eine seltsame Frage ist es, ob ich nicht an den N.N. gedacht haben mu%sse -- als ich sein Gesicht plo%tzlich in dem seines Sohnes sah! Ich wollte natu%rlich nicht fragen, ob ich nichtgleicXzeit~ mit jenem Vorstellen an ihn gedacht haben mu%#te, sondern ob das ==: Vorstellen kein Denken war. Wie entscheidet man das aber? Ich sage z.B. "Ich habe gerade daran gedacht, ob er wohl auch in . . . angekommen ist". Dieser Gedanke dru%ckt sich in einem Satz ans. Jener andere etwa in einem Ausruf. 367. Kann ich jetzt in seinem Gesicht das seines Vaters sehen und ==== doch dabei nicht an seinen Vater denken? In seinem Gesicht das seines Vaters sehen, war doch offenbar eine Art des Vorstellens dieses Gesichts. Und da mu# man sich erinnern, da# man die Vorstellung ' eines Menschen nicht als die seine erkennt. durch ein Bild (oder Modell) nicht wiedergeben kannst! Und wu%rde man den Eindruck, den das erzeugt, nicht sehr natu%rlich zum 68 II--362 Gesichtsausdruck rechnen? Es wird, oder kann, sich auch der Aspekt i= in der Art und Weise ausdru%cken, wie ich die Figure kopiere, also doch, in einem Sinne, in der Kopie. Ich werde auch ein Gesicht, je =; nachdem ich's auffase, anders in der Zeichnung wiedergeben, obwohl die Photographie jedesmal das Gleiche zeigt. Also hier wieder ein Grund vom "sehen" zu reden. 369. Da# ich eine andere Kopie (ein anderes Resultat) hervorbringe' das stimmt mit dem Begriff des Sehzustandes zusammen. Da# ich die gleiche Kopie erzeuge, sie aber anders erzeuge -- die Striche in anderer Reihenfolge ziehe -- weist auf den Begriff des Denkens. 370- Mit welchem Recht gebraucht er da das Wort "sehen ? Ode1 hat er keine Berechtigung, und ist es nur eine Sprachdummheit? Oder liegt die einzige Berechtigung darin, da# ich auch geneigt bin, zu sagen: "einmal sehe ich es als das", "einmal sehe ich es als jenes"? Es ko%nnte so sein. Aber ich bin durchaus abgeneigt, das anzunehmen; ich fu%hle, ich mu# sagen "ich sehe etwas". Was soll das aber hei#en? -- Ich habe doch das Wort "sehen" gelernt. Was pa#t, ist doch nicht das Wort, der Klang, oder das geschriebene Bild. Der Gebrauch des t Worts ist es, was mir die Idee aufno%tigt, ich sehe dies. Was ich u%ber den Gebrauch des Worts gelernt habe, mu# mich hier zwingen, es hier zu gebrauchen. 371. "Das ist doch: etwas sehen -- " mo%chte ich sagen. Und es ist ja .=.=:-: wirklich so: die Situation ist ganz die, in welcher dieses Wort auch sonst gebraucht wird; -- nur ist die Technik hier etwas verschieden. 372. Der Gebrauch des Wortes "sehen" ist ja durchaus kein .=:= einfacher. -- Man stellt sich ihn manchmal wie den eines Ta%tig- keitswortes vor, -- und es sei nur schwer auf die Ta%tigkeit geradezu zu -=:: deuten. -- Man stellt sich ihn daher einfacher vor, als er wirklich ist, d as Sehen sozusagen als ein Eintrinken von etwas mit den Augen. Wenn ~== ich also etwas mit den Augen eintrinke, so ko%nne kein Zweifel meh1 bestehen, ich sehe etwas (wenn mich nicht Vorurteile ta%uschen). 373. Man ko%nnte sagen: Ich sehe die Figur einmal als den Grenzweri dieser Reihe, einmal als den Grenzwert jener. Dieser Wert ko%nne der Grenzwert verschiedener Funktionen sein. 374. Das, als was ich die Figur sehe, das kann sie immer, in einem gewissen Sinne, sein. Wenn das auch nicht im anderen Sinne 'sichtbar' wa%re. Denn eine Figur kann ja ihrem Gebrauch, oder ihrer ' 69 II--369 Entstehungsweise nach Grenzwert verschiedener Reihen sein. Ein re1ec ann w1r c. ge. rauc t wer en' e1nen erg darz ste Denie' B srh isb d' As ekts ist also immer eine richtige Beschreibung der S ehwahrnehmung. 375. Es kann doch eine Figur, sagen wir ein Schriftzeichen, das korrekt geschriebene oder in verschiedenen Weisen, ein fehlerhaft geschriebenes sein. Und diesen Auffassungen der Figur entsprechen , Aspekte. -- Hier haben wir die gro%#te A%hnlichkeit mit dem Erleben der Bedeutung beim Aussprechen eines isolierten Worts. 376. Man kopiert es anders, -- aber die Kopie ist dieselbe. Aber ich will sagen: Wenn etwas Anderes gesehen wird, mu# die Kopie eine andere sein. 377. Was ist z.B. eine Kopie des 'Wu%rfelschemas'? Eine Zeichnung, oder ein Ko%rper? Und warum nur das erstere?! Und wenn ein Ko%r 1 h Ho%rper: ein Raumeck, ein solider Wu%rfel, ein E Drahtgestell? , 378. Wenn ich ihm mitteile: "Ich sehe die Figur jetzt als . . .", so mache ich ihm eine Mitteilung in mancher Beziehung ~-hnlich der einer Gesichtswahrnehmung, aber auch a%hnlich der eines Auffassens, oder einer Deutung, oder eines Vergleichens, oder eines Wissens. 379. "Ich sehe jetzt ein wei#es Kreuz auf schwarzem Grunde und E:- dann ein schwarzes Kreuz auf wei#em Grunde." Aber was ist denn das: ein wei#es Kreuz auf schwarzem Grunde? erkla%r es doch! und was ist ein schwarzes Kreuz auf wei#em Grunde? Du darfst doch fu%r beide nicht etwa die gleiche Erkla%rung geben! Und erkla%rt mu%#ten j:=: sie doch werden! Die Erkla%rung ko%nnte doch ungefa%hr so lauten: "Ein wei#es Kreuz Es darf aber natu%rlich nicht die doppeldeutige sein. Daher kann man f dann statt zu sagen "Ich sehe die Figur einmal als ein wei#es Kreuz auf . . ., einmal als . . ." auch sagen: "Ich sehe die Figur einmal so (folgt eine Figur), einmal so (folgt eine andere Figur)." Und war der erste Satz ein erlaubter Ausdruck, so war es dieser auch. 380. Und hei#t das nicht, da# nun jene zwei Figuren eine Art von Kopien der doppeldeutigen Figur waren? 70 II--37s '! 381. Einerseits sind diese beiden Darstellungen Kopien des Geseh- enen, anderseits bedarf es auch noch einer begrifflichen Erkla%rung. -- =:==- Wenn ich z.B. die Kreuzfigur1 r einmal als liegendes Kreuz, einm2l als stehendes Kreuz, einmal als schiefgestelltes Diagonalkreuz sehe, -- === was sind die entsprechenden Kopien? E1n liegendes Kreuz ist eines, das umgelegt worden ist und stehen sollte. Die Kopie wird also etwas sein, was Kreuzform hat und wovon wir wissen, ob es liegt oder steht. Es wa%re daher auch mo%glich, als :=== Kopie ein Bild zu gebrauchen, worin die Kreuzform vorkommt ur1d die oder die Rolle spielt. D.h., es gibt ein Bild, welches, was ich als Aspekt sehe, zum Ausdruck bringt. Und das gibt dem Aspekt A%hnlichkeit mit etwas durch Sehen Wahrgenommenen. 382. Oder: Es gibt ein Bild, das fu%r den Aspekt eine ~-hnliche =-=- darstellende Rolle spielt, wie das Bild als Mitteilung des Wah1- genommenen. Denk dir ein Gema%lde, eine Kreuzabnahme etwa; was wa%re es uns, wenn wir nicht wu%#ten, welche Bewegungen hier festgehalten wurden. Und das Bild zeigt uns diese Bewegungen und =:= es zeigt sie uns auch nicht. (Das Bild der Kavallerieattacke, wenn des Betrachter nicht wei#, da# die Pferde nicht so stehen bleiben.) 383. Was ich sehe, schaut :o aus." Denk dir, das sagte jemand, der = das Bild eines rennenden Pferdes betrachtet und als Kopie davon e1n ausgestopftes Pferd benu%tzt, welches in laufender Stellung steht! Wa%re :: nicht die richtige Kopie ein laufendes Pferd? 3 4- st m1r nun m1t dem Aspekt e1n Lehanke vorm Auge- s m1r m1 dem Gema%lde einer vor Augen? (Denn die als das und das gesehene Figur ist ja wie der allein noch sinnlose Bestandteil eines Gema%ldes.) -=,, 385. Man kann doch ein Ge1na%lde beschreiben, indem man Vorganqe- beschreibt; ja so wu%rde man es beinahe immer beschreiben. "Er steht im Schmerz versunken, sie ringt die Ha%nde, . . ." Ja, wer es so nicht beschreiben ko%nnte, ob er es auch als Verteilung von Farbflecken auf der Fla%che haarscharf beschreiben ko%nnte, verstu%nde es nicht. ((Bild vom Mann, der den Berg hinaufgeht.)) i==.= 380%. Du siehst es also so, wie wenn du das davon wu%#test. Und wenn dies eine na%rrische Ausdrucksweise erscheint, so mu# man eben im Auge behalten, da# der Begr#f des Sehens durch s:e: modifiziert w1rd. .== ' E1 k"----1 k"i', Fig," i-- Typ,,k"ip1 ,,,. Wi, h,b,, di,1, Fig" "h d" === "11f"h"d" M":k~p111"11" k'pi"1. (H"1g-) 71 II--381 =:= 387. Kann ich aber auch sagen: "Er wu%rde das Bild (der Schlacht etwa) anders sehen, wenn er nicht wu%#te, was hier vor sich geht"? Wie wu%rde sich das a%u#ern?! Er wu%rde nicht so u%ber das Bild reden wie wir; er wu%rde nicht sagen: "Man sieht fo%rmlich, wie diese Pferde dahinbrausen" oder "So la%uft doch ein Pferd nicht!" etc. Er wu%rde unza%hliges nicht aus dem Bild entnehmen, was wir daraus ent- nehmen. 388. Wir ko%nnten uns doch entscheiden, das, was wir jetzt "die nennen. -- Hatten wir das nun getan, so waren dadurch die Proble1zneue naturlich nicht,zur e1te, g d a ' d -erb d di Ei tu%m- lichkeit da# dieses Auffassen etwas Stationa%res ist, ein Zustand, der jetzt anfa%ngt,jetzt endet. 389. Es ist mir also zumute -- ko%nnte ich sagen -- als mu%#te ich im Stande sein, diese Auffassung durch ein Bild der angeschauten Figur ' wiederzugeben. -- Und das ist doch wirklich so: ich kann doch sagen, das Bild, das Einer von ihr macht, dru%cke eine Auffassung des - Gegenstands aus. Ganz so, wie man eben sagen kann: Ho%r dieses Thema so . . . und spiel es entsprechend. ' 390. Es ist ein Sehen, insofern . . . Es ist ein Sehen nur insofern, als . . . :-;-' (Das scheint mir die Lo%sung.) 391. Insofern aber unterscheiden sich die Aspekte, die sozusagen gesehene Deutungen der Figur sind, von den Aspekten der ra%um- : lichen Erscheinung. Denn man kann eine Figur fu%r einen Ko%rpe1 halten. Und auch, wenn von einer solchen Ta%uschung nicht die Rede ist, so teilt "Ich sehe diese Figur jetzt als Pyramide" anders mit, hat andere Konsequenzen, als, da# ich die Figur jetzt als schwarzes Kreuz ,=-= auf wei#em Grunde sehe etc. (Die K0nsequenzen des ra%umlichen Sehens in der darstellenden Geometrie.) Es scheint aber auch der .:.=== Zusammenhang des Aspekts mit dem Denken gea%ndert und gelo%st. Denn ist hier nicht die Kopie, die dem Andern zeigt, wie ich die Figur sehe, von andrer Art? Und man darf nicht vergessen, da# das Wort "Kopie" in dieser ganzen Betrachtung eine schwankende Bedeutung hat. ,, 392. Es ist, als wa%ren unsere Begriffe bedingt durch ein Geru%ste von Tatsachen." Das hie#e doch: Wenn du dir gewisse Tatsachen anders denkst, sie 72 II--387 anders beschreibst, als sie sind, dann kannst du die Anwendung gewisser Begriffe dir nicht mehr vorstellen, weil die Regeln ihrer ' Anwendung kein Analogon unter den neuen Umsta%nden haben. Was ich sage, kommt also darauf hinaus: Ein Gesetz wird fu%r ' Menschen gegeben und ein Jurist mag wohl fa%hig sein, Konse- quenzen fu%r jeden Fall zu ziehen, der ihm gewo%hnlich vorkommt, das Gesetz hat also offenbar seine Verwendung, einen Sinn. Trotzdem aber setzt seine Gu%ltigkeit allerlei voraus; und wenn das Wesen, = welches er zu richten hat, ganz vom gewo%hnlichen Menschen abweicht, dann wird z.B. die Entscheidung, ob er eine Tat mit bo%ser Absicht begangen hat, nicht etwa schwer, sondern einfach unmo%glich werden. [Z 350.] 393. "Wenn die Menschen nicht im allgemeinen u%ber die Farben der Dinge u%bereinstimmten, wenn Unstimmigkeiten nicht Ausnahmen wa%ren, ko%nnte es unsern Farbbegriff nicht geben." Nein; gabe es unsern Farbbegriff nicht. Hei#t das also: Was als Regel denkbar ist, mu# es nicht als Ausnahme sein? [Z 351 -- bis "Hei#t das also:".] 394. Der Fall ist doch a%hnlich diesem: Ich habe gelernt, Ver- suchsresultate durch eine Kurve darzustellen und werde, wenn die aufgenommenen Punkte so1 liegen, wissen, ungefa%hr welche Kurve zu ziehen ist und werde weitere Schlu%sse aus den Experimenten ziehen ko%nnen. Liegen aber die Punkte so,2 so wird, was ich gelernt habe, mich im Stiche lassen; ich wei# gar nicht mehr, welche Linie ich ziehen soll. Und ka%me ich zu Leuten, die, ohne mir versta%ndlicher Methode und ohne Bedenken, eine Kurve durch diese Konstejlation legten, so ko%nnte ich ihre Technik nicht nachahmen; sollte ich aber sehen, da# bei ihnen irgend eine plausible Linie als die Richtige anerkannt wird und diese dann zur Basis weiterer Folgerungen dient; und, wenn diese Folgerungen, wie wir sagen wu%rden, mit der Erfahrung in Widerspruch ka%men, die Leute sich irgendwie daru%ber hinwegsetzten, -- dann wu%rde ich sagen, es sei dies gar nicht mehr die mir bekannte Technik, sondern eine 'a%u#erlich' a%hnliche, im Wesen 73 II--393 aber anz verschiedene Sage ich das aber so gebe ich mit den Worten "a%u#erlich" und "Wesen" ein Urteil ab. 395. Was hei#t das: "Das ist doch ein ganz anderes Spiel!" Wie verwende ich diesen Satz? Als Mitteilung? Nun, etwa als Einleitung zu einer Mitteilung, die die Unterschiede aufza%hlt und ihre Folgen erkla%rt. Aber auch, um auszudru%cken, da# ich eben darum hier nicht mehr mittue, oder doch eine andere Stellung zu dem Spiel einnehme. [Z330.] 396. Wenn ich sagte "Ich wu%rde es nicht mehr . . . nennen", so hei#t das eigentlich: die Waage meiner Stellungnahme schla%gt nun um. 397. Ich ko%nnte doch auch sagen: "Ich kann mich mit diesea Menschen nicht mehr versta%ndigen." 398. Ich sagte einmal, es ko%nnte einen Begriff geben, der links voa einer gewissen wichtigen Linie unserm 'Rot', rechts von ihr unserm 'Gru%n' entspra%che. Und es kam und kommt mir vor, als ko%nnte ich mich in diese Begriffswelt hineindenken; als ko%nnte ich wohl geneigt sein, Rot auf der einen Seite, das Gleiche zu nennen, wie Gru%n auf der andern. (Und zwar geht es mir besonders so mit einem ziemlich dunkeln Rot und einem ziemlich dunkeln Gru%n.) Als wa%re ich also nicht ungeneigt, das Gru%n nur einen Aspekt des Rot zu nennen; als liefe, was ich "Farbe" nenne, unvera%ndert weiter, und nur d1e 'Schattierung' a%nderte sich. Es besteht also hier die Neigung zu einer Ausdrucksweise, die, unter gewissen Umsta%nden, fu%r Gru%n und fu%r Rot dasselbe Eigenschaftswort, mit einem Bestimmungswort wie "beschattet"/"unbeschattet" verwendet. "Aber willst du also wirk- lich sagen, da# hier nicht zwei verschiedene Farben vorliegen?" Ich will sagen: Ich sehe genug A%hnlichkeit in der von mir beschriebenen Ausdrucksweise mit dieser und jener, die wir tatsa%chlich verwenden, da# ich die ungewo%hnliche unter Umsta%nden sehr wohl hinnehmen ko%nnte. -- Aber wu%rden also die Leute die A%hnlichkeit oder Gleichheit nicht sehen, die wir sehen: na%mlich zwischen Gru%n links und (nach unserer Ausdmcksweise) Gru%n rechts? -- Wie wenn sie sagten, diese seien 'a%u#erlich gleich'. Ich stelle mir die Lage a%hnlicn vor' wie in der Zeichnung1 ' wo ich die Winkel einander gleich, obwohl a%u#erlich ungleich nennen kann; die Winkel sowie ungleich, aber a%u#erlich gleich. 74 II--395 399. Ich ko%nnte auch sagen: Rot links und Gru%n rechts sei die gleiche Natur, aber eine andere Erscheinung. 400. Bei allem dem habe ich aber doch eine Verwirrung angerichtet. Das Wichtige an der Sache war doch, zu zeigen, da# man in einer Folge (von Ziffern etwa) so fortschreiten kann, da# man, fu%r unsere Begriffe, sie nach dem einen Reihengesetz abbricht und nach einern neuen fortsetzt; da# aber nach einer andern Auffassung sich ihr Gesetz nicht a%ndert, die scheinbare A%nderung aber durch eine A%nderung der Umsta%nde begru%ndet wird. 401 . Aber das kommt eigentlich darauf hinaus, da# was dasfolgerecXte Weitergehen in einer Reihe ist, nur durch das Beispiel gezeigt werden kann. 402. Und hier ist man immer wieder in der Versuchung, mehr zu reden, als noch Sinn hat. Weiter zu reden, wo man Halt machen sollte. 403. Ich kann Einem sagen: "Diese Zahl ist die folgerechte Fort- setzung dieser Folge"; dadurch kann ich ihn dazu bringen, da# er in Zukunft das "folgerechte Fortsetzung" nennt, was ich so nenne. D.h. , ich kann ihn eine Reihe (Grundreihe) fortsetzen lehren, ohne einen Ausdruck des 'Gesetzes der Reihe' zu verwenden; ja vielmehr, um e1n Substrat zu erhalten fu%r die Bedeutung algebraischer Regeln, oder was ihnen a%hnlich ist. [Vgl. Z 300.] 404. Er mu# ohne Grund so fortsetzen. Aber nicht, weil man ihm den Grund noch nicht begreiflich machen kann, sondern weil es -- in diesem System -- keinen Grund gibt. ("Die Kette der Gru%nde hat ein Ende.") Und das so (in "so fortsetzen") ist durch eine Ziffer, einen Wert, bezeichnet. Denn auf dieser Stufe wird der Regelausdruck durch den Wert erkla%rt, nicht der Wert durch die Regel. [Z 301.j 4o5. Denn dort, wo es hei#t "Aber siehst du denn nicht . . .! nu%tztja eben die Regel nichts, sie ist Erkla%rtes, nicht Erkla%rendes. [Z 302.] 406. "Er erfa#t die Regel intuitiv." -- Warum aber die Regel? und nicht, wie erjetzt fortsetzen soll? [Z 303.] 407. "Hat er nur das Richtige gesehen, diejenige der unendlich vieler1 Beziehungen, die ich ihm nahezubringen trachte, -- hat er sie nur einmal erfa#t, so wird er jetzt ohne weiteres die Reihe richtig fortsetzen. Ich gebe zu, er kann diese Beziehung, die ich meine, nur 75 II--399 erraten (intuitiv erraten) -- ist es aber gelungen, dann ist das Spiel gewonnen." -- Aber dieses 'Richtige' von mir Gemeinte, giht es gan nicht. Der Vergleich ist falsch. Es gibt hier nicht quasi ein Ra%dchen, das er erfassen soll, die richtige Maschine, die ihn, einmal gewa%hh, automatisch weiterbringt. Es ko%nnte ja sein, da# sich in unserm Gehirn so etwas abspielt, aber das interessiert uns nicht. [Z 304.] 408. "Tu dasselbe!" Aber dabei mu# ich ja auf die Regel zeigen. Die mu# er also schon anzuwenden gelernt haben. Denn was bedeutet ihr Ausdruck sonst fu%r ihn? [Z 305.] 409. Die Bedeutung der Regel erraten, sie intuitiv zu erfassen, ko%nrte: doch nur hei#en: ihre Anwendung erraten. Und das kann nun nicht hei#en: die Art, die Regel ihrer Anwendung erraten. Und vom Erraten ist hier u%berhaupt keine Rede. [Z 306.] 410. Ich ko%nnte z.B. erraten, welche Fortsetzung dem Andern freude machen wird (etwa nach seinem Gesicht). Die Anwendung der Regel erraten ko%nnte man nur, sofern man bereits aus verschiedenen Anwendungen eine wa%hlen kann. [Z 307.] 411. Man ko%nnte sich ja dann auch denken, da# er, statt die 'Anwendung der Regel zu erraten', sie erfindet. Nun, wie sa%he das aus? -- Soll er etwa sagen: "Der Regel '+1' folgen, mo%ge einmal hei#en, zu schreiben: 1, 1 + 1, 1 + 1 + 1 u s w "? Aber was meint er damit? Das "u.s.w." setzt ja eben schon das Beherrschen einer Technik voraus. [Z 308.] 412. Wie kann man denn, was jemand tut, der jene Regel fortsetzt, beschreiben? -- Man kann die Regel angeben; dem na%mlich, der sie schon gebrauchen kann. Und wer kann sie gebrauchen? Der, welcher auf 1 + 1 1 + 1 + 1 schreibt, und darauf 1 + 1 + 1 + 1. -- Und kann ich jetzt enden "u.s.f."? Das wu%rde ja hei#en: "und u%berhaupt nach dieser Regel weitergeht." 413. Ich kann nicht beschreiben, wie eine Regel (allgemein) zu verwenden ist, als indem ich dich lehre, abrichte, eine Regel zv verwenden. [Z 318.] 414. Ich kann nun z.B. einen solchen Unterricht im Sprechfilm aufnehmen. Der Lehrer wird manchmal sagen "So ist es recht". Sollte der Schu%ler ihn fragen "Warum?" -- so wird er nichts, oder doch nichts Relevantes antworten, auch nicht das: "Nun, weil wir's Alle so machen"; das wird nicht der Grund sein. [Z 319.] 76 II--408 415. Man sagt nicht "Es du%rfte sich so verhalten; verha%lt sich aber anders". Oder: "Ich nehme an, er kommt morgen; er wird aber tatsa%chlich nicht kommen. " 416. Die Linie liegt schon in der Annahme anders, als du denkst. Ich mo%chte sagen: In den Worten "Angenommen, ich glaube das" setzt du schon die ganze Grammatik des Wortes "glauben" voraus. Du nimmst nicht etwas an, was dir, sozusagen, eindeutig durch ein Bild gegeben ist, so da# du dann eine andere als die gewo%hnliche Behauptung an diese Annahme anstu%ckeln kannst. Du wu#test gar nicht, was du hier annimmst, wenn dir nicht schon die Verwendung von "glauben" gela%ufig wa%re. [Vgl. PU II, x, S. 192e.] 417. Es ist die unsichtbare Anwendung, die hier ihr Gesicht zeigt. Der besondern Technik sind wir uns nicht bewu#t, sie flie#t sozusagen unterirdisch, ohne da# wir sie merken, dahin; und wir werden uns ihrer nur dort plo%tzlich bewu#t, wo sie mit unsrer falschen Vorstellung offen in Widerspruch tritt. Wo wir etwa merken, ein Satz habe keinen Sinn, wir wissen gar nicht, was wir mit ihm anfangen sollten, ein Satz von dem dies nicht ohne weiteres zu vermuten war. Kann man dem Artz als Symptom einer geistigen Erkrankung mitteilen "Ich glaube . . ."? -- Wohl aber etwa: "Ich glaube immer Stimmen zu ho%ren." "Ich nehme immer an, er sei mir untreu, er ist es aber nicht." Die Linie des Begriffs scheintja%h abgebrochen! -- 418. "Der Satz 'Ich glaube es, und es ist nicht wahr' kann doch die Wahrheit sein. Wenn ich es na%mlich wirklich glaube, und sich dieser Glaube als falsch herausstellt." 419. Ich sage vom Andern "Er scheint zu glauben . . ." und Andere sagen es von mir. Nun, warum sage ich's nie von mir, auch wenn die Andern es mit Recht von mir sagen? Ebenso: "Es ist offenbar, er glaubt . . ." Sehe ich mich selbst denn nicht? -- Man kann es sagen. 420. A: "Ich glaube, es regnet." -- B: "Ich glaube es nicht." -- Nun, sie widersprechen einander ja nicht; Jeder sagt blo# etwas u%ber sich selbst aus. 421- Es gibt kein bla%uliches Gelb- Ahnlich dem Satz Es gibt kein regelma%#iges Zweieck"; eine Aussage der Farbengeometrie ko%nnte man es nennen, d.h. ein begriffsbestimmender Satz. 77 II--415 422. Wenn ich Einen gelehrt ha%tte, die sechs prima%ren Farhnamen zu gebrauchen und die Silbe "lich", so ko%nnte ich ihm Befehle geben, wie "Male hier ein gru%nliches Wei#!" -- Einmal aber sage ich ihm "Mal ein ro%tliches Gru%n!" Ich beobachte seine Reaktion. Vielleicht wird er Gru%n und Rot mischen und von dem Resultat nicht befriedigt sein; vielleicht endlich sagen: "Es gibt kein ro%tliches Gru%n." -- Analog ha%tte ich ihn dazu bringen ko%nnen, mir zu sagen "Ein regelma%#iges Zweieck gibt es nicht!" oder "Eine Quadratwurzel aus --25 gibt es nicht". 423. Zwischen Gru%n und Rot, will ich sagen, sei eine geometrische Leere, nicht eine physikalische. [Z 354.] 424. Aber entspricht dieser also nichts Physikalisches? Das leugne ich nicht. (Und wenn es blo# unsre Gewo%hnung an diese Begriffe, an diese Sprachspiele wa%re. Aber ich sage nicht, da# es so ist.) Wenn wir einem Menschen die und die Technik durch Exempel beibringen, - da# er dann mit einem bestimmten neuen Fall so und nicht so geht, oder da# er dann stockt, da# fu%r ihn also dies und nicht jenes die 'natu%rliche' Fortsetzung ist, ist allein schon ein ho%chst wichtiges Naturfaktum. [Z 355.] 425. "Aber wenn ich mit 'bla%ulichgelb' gru%n meine, so fasse ich eben diesen Ausdruck anders als nach der urspru%nglichen Weise auf. Die urspru%ngliche Auffassung bezeichnet einen andern und eben nicht gangbaren Weg." Was ist aber hier das richtige Gleichnis? das vom physisch nicht gangbaren Weg, oder vom nicht-Existieren des Weges? Also das Gleichnis der physikalischen, oder der mathematischen Unmo%glich- keit? [Z 356.] 426. Wir haben ein System der Farben wie ein System der Zahlen. Liegen die Systeme in unserer Natur, oder in der Natur der Dinge? Wie soll man's sagen? -- Nicht in der Natur der Zahlen oder Farben. [Z357.] 427. Hat denn dieses System etwas Willku%rliches? Ja und nein. Es ist mit Willku%rlichem verwandt und mit Nicht-Willku%rlichem. [Z 358.] 428. Es leuchtet auf den ersten Blick ein,1 da# man nichts als Zwischenfarben von rot und gru%n anerkennen will. (Und ob es dem Menschen immer so einleuchtet, oder erst nach Erfahrung und Erziehung, ist hier gleichgu%ltig.) Was wu%rden wir von Menschen denken, die ein 'Ro%tlichgru%n' kennten (etwa Olivgru%n so nennen)? Und was hei#t das: "Die haben dann u%berhaupt einen andern Beguff der Farbe"? Als wollten wir sagen: "Es wa%re eben dann nicht dieser, sondern ein anderer" -- indem wir auf unsern zeigen. Als ga%be es also einen Gegenstand, dem der Begriff eindeutig angeho%rte. [Die ersten zwei Sa%tze: Z 359.] 429. Die Leute kennen ein Ro%tlichgru%n. Aber es gibt doch gar keins! -- Welcher sonderbare Satz. -- (Wie wei#t du's nur?) [Z 362.] 430. (Das Bild, das den Begriff charakterisiert, wa%re etwas wie eine algebraische Formel.) 431. Sagen wir's doch so: Mu%ssen denn diese Leute die Diskrepanz merken? Vielleicht sind sie zu stumpf dazu. Und dann wieder: vielleicht auch nicht.--[Z 363.] 432. Ja aber hat denn die Natur hier gar nichts mitzureden?! Doch-- nur macht sie sich auf andere Weise ho%rbar. "Irgendwo wirst du doch an Existenz und Nichtexistenz anien-- nen! " -- Das hei#t aber doch an Tatsachen, nicht an Begriffe. [Z 364.] 433. Es ist eine Tatsache von der ho%chsten Wichtigkeit, da# eine; Farbe, die wir (z.B.) "ro%tlichgelb" zu nennen geneigt sind, sich wirklich durch Mischung (auf verschiedene Weise) von Rot und Gelb erzeugen la%#t. Und da# wir nicht im Stande sind, eine Farbe, die durch Mischen von Rot und Gru%n entstanden ist, ohne Weiteres als eine zu erkennen, die sich so erzeugen la%#t. (Was aber bedeutet "ohne Weiteres" hier ?) Es ko%nnte Leute geben, die ein regelma%#iges 97-Eck ohne zu za%hlen, auf einen Blick als solches erkennen. [a: Z 365.] 434. Begriffe mit einer Malweise verglichen: Ist denn auch nur unsere Malweise willku%rlich? Ko%nnen wir uns einfach entscheiden, die der A%gypter anzunehmen? Oder handelt sich's da nur um hu%bsch und ha%#lich? [Vgl. PU II, xii, S. 230c.] 435. Haben wir denn die menschliche Sprache erfunden? So wenig, wie das Gehen auf zwei Beinen. Es ist eine wichtige Tatsache, wenn sich's so verha%lt, da# Menschen, die, den gro#en Ba%ren etwa in Strichen wiedergeben sollen, dies, wenn sie sich selbst u%berlassen sind, immer, oder meistens, auf eine bestimmte Weise und nie auf eine bestimmte andere tun. Aber hei#t das: die Konstellation so sehen? Liegt darin z.B. schon die Mo%glichkeit eines Umschlagens des Aspekts? Denn es ist ja das Umschlagen, dessen A%hnlichkeit mit einem Wechseln des Gesichts- objekts wir empfinden. 436. Wenn nicht der Wechsel des Aspekts vorla%ge, so ga%he es nur eine Auffassung, nicht ein so oder so sehen. 437. Das scheint absurd. Als wollte man sagen "Wenn ich nur immer mit Kohle heize, und nicht auch manchmal mit etwas anderem, so heize ich auch nicht mit Kohle". Aber kann man nicht sagen: "Wenn es nur eine Substanz ga%be, so ha%tte man keinen Gebrauch fu%r das Wort 'Substanz' "? Aber das hei#t doch: Der Begriff 'Substanz' setzt den Begriff 'Unterschied det Substanz' voraus. (Wie der des Schachko%nigs den des Schachzuges, oder wie der der Farbe den der Farben.) [b: Z 353.] 438. Ich teile Einem etwas anders mit, wenn ich ihm sage: (a) da# in der Zeichnung, die er nicht sieht, die und die Form enthalten ist -- (b) da# in der Zeichnung, die er sieht, die Form enthalten ist, die ei noch nicht bemerkt -- (c) da# ich gerade entdeckt habe, die Zeichnung, die mii wohlbekannt war, enthielte diese Form -- (d) da# ich jetzt gerade die Zeichnung in diesem Aspekt sehe. Jede dieser Mitteilungen hat ein anderes Interesse. 439. Die erste ist eine teilweise Beschreibung eines wahr- genommenen Gegenstands, etwa analog der "Ich sehe dort etwas Rotes". Die zweite ist, was ich eine "geometrische Mitteilung" nennen will. Sie ist im Gegensatz zur ersten zeitlos. Die Entdeckung, da# es sich so verha%lt, ist von der Art mathematischer Entdeckungen. 440. Aber ko%nnte die Mitteilung nicht auch in temporaler Form gemacht werden? Etwa so: "Wenn du diese Zeichnung hin und her wendest, wirst du diese Form in ihr sehen, ohne da# sich die Linien bewegt zu haben scheinen." Da# wir dies Faktum begriffs- bestimmend verwenden, ist damit noch nicht gesagt. 441. Wie macht man denn die Entdeckung? Etwa so: Man zieht auf durchscheinendem Papier -- vielleicht rein zufa%llig -- gewisse Lin1en 80 II--436 der Zeichnung nach. Dann sieht man: das ist ja ein Gesicht! Oder man macht diesen Ausruf einmal beim Anblick der Zeichnung und zieht dann jenen Linien nach. -- Und wo ist hier die Entdeckung? -- Dies mu# erst als Entdeckung, und insbesondere als geometrische Entdeckung, interpretiert werden. 442. Ein Aspekt kann mir dadurch erscheinen, da# mich Einer auf ihn aufmerksam macht. Wie sehr unterscheidet das doch dieses 'Sehen' vom Wahrnehmen der Farben und Formen. 443. Bermerken und Sehen. Man sagt nicht "Ich habe es fu%nf Minuten lang bemerkt". 444. "Aber sehen wir die menschlichen Gestalten auf dem Bild wirklich ?" Wonach fragt man nur?? Es geht hier offenbar eine Sto%rung eines Begriffs durch einen etwas verschiedenen vor sich. Ich sollte etwa fragen: "Sehe ich denn die Gestalten wirklich in demselben Sinne wie . . .?" Oder auch: "Welchen Grund habe ich, hier von 'sehen' zu sprechen? und was lehnt sich etwa in mir dagegen auf?" 445. Ich mo%chte etwa die Frage stellen: "Bin ich mir der Ra%umlich- keit (Tiefe) dieses Buches, z.B., wa%hrend ich es sehe, immer bewu#t?" Fu%hle ich sie sozusagen die ganze Zeit? -- Aber stell die Frage in der dritten Person. Wann wu%rdest du sagen, er sei sich ihrer immer bewu#t, wann das Gegenteil? -- Angenommen, du fragtest ihn, -- aber wie hat er gelernt, dir auf diese Frage zu antworten? -- Nun, er wei# z.B., was es hei#t, ununterbrochen Schmerzen zu fu%hlen. Aber das wird ihn hier nur verwirren, wie es auch mich verwirrt. [Vgl. PU II, 446. Wenn er mir nun sagt, er sei sich der Tiefe fortwa%hrend bewu#t, -- glaub ich's ihm? Und wenn er sagt, er sei sich ihrer nur von Zeit zu Zeit bewu#t, wenn er etwa von ihr redet,-- glaub ich ihmdas? Es wird mir vorkommen, als ruhten diese Antworten auf falscher Grundlage. -- Anders aber, wenn er mir sagt, der Gegenstand ka%me ihm manchmal ra%umlich, manchmal aber flach vor. [PU II, xi, S. 211 a.] 447. Ich ko%nnte Einem eine wichtige Botschaft zukommen lassen, indem ich ihm das Bild einer Landschaft u%bersende. Liest er dieses, wie eine Werkzeichnung; ich meine: entziffert er es? Er sieht es an und richtet sich danach. Er sieht darauf Felsen, Ba%ume, ein Haus, etc. 448. (Die Situation ist hier die der praktischen Notwendigkeit, aber das Versta%ndigungsmittel eines, dem nichts von Verabredung, Definition, und dergleichen anha%ngt, und das sonst nur quasi poetischen Zwecken dient. Aber es dient eben auch die gewo%hnliche Wortsprache poetischen Zwecken.) 449. Die Aspekte des F: Es ist quasi, wie wenn eine Vorstellung mit dem Gesichtseindruck in Beru%hrung ka%me und fu%r eine Zeit in Beru%hrung bliebe. [Vgl. PU II, xi, S. 207b.] 450. Der Fall des schwarzen und wei#en Kreuzes aber ist anders und a%hnlicher dem der ra%umlichen Aspekte (z.B. der Prismenzeichnung). 451- Die Versuchung' zu sagen Ich sehe es so ' indem man bei es und "so" auf das Gleiche zeigt. [Vgl. PU II, xi, S. 207e.] 452. Der Begriff 'sehen' macht einen wirren Eindruck. Nun, so ist er. -- Ich sehe in die Landschaft; mein Blick schweift, ich sehe allerlei klare und unklare Bewegung; dies pra%gt sich mir klar ein,jenes nur ganz verschwommen. Wie ga%nzlich zerrissen uns doch erscheinen kann, was wir sehen! Und nun sieh, was eine "Beschreibung des Gesehenen" hei#t! Aber das ist es, was wir so nennen. Wir haben nicht einen wirklichen, respektablen Fall so einer Beschreibung und sagen: "Nun, das U%brige ist eben noch unklarer, harrt noch der Kla%rung, oder mu# einfach als Abfall in den Winkel gekehrt werden." [PU II, xi, S. 200a.] 453. Es ist hier fu%r uns die ungeheure Gefahr, feine Unterschiede machen zu wollen. A%hnlich ist es, wenn man den Begriff des physikalischen Ko%rpers aus dem 'wirklich Gesehenen' erkla%ren will. Es ist vielmehr das uns wohlbekannte Sprachspiel hinzunehmen, und falsche Erkla%rungen sind als solche zu kennzeichnen. Das primitive, uns urspru%nglich beigebrachte Sprachspiel bedarf keiner Reciht- fertigung, falsche Versuche der Rechtfertigung, die sich uns auf- dra%ngen, bedu%rfen der Zuru%ckweisung. [Vgl. PU II, xi, S. 200b.] 454. Die Begriffsverha%ltnisse liegen sehr kompliziert. 455. Es ist immer zu trennen der Ausdruck von der Technik. Und der Fall, wenn wir die Technik angeben ko%nnen, von dem, wenn wir sie nicht angeben ko%nnen. 82 II--448 456- Ich ko%nnte wohl sagen: "Meine Gedanken gehen von diesem Bild natu%rlich zu wirklichem Gras, zu wirklichen Tieren hin: von jenem Bildnie." 457. Man sagt beim Anschauen des Bildes: "Siehst du nicht ein Eichho%rnchen!" -- "Fu%hlst du nicht die Weichheit dieses Pelzes!" -- Und man sagt dies bei gewissen Bildern, bei andern nicht. 458. Auf die Idee des Bildwesens, welche nicht una%hnlich einer mathematischen Idee ist, komme ich durch gewisse Darstellungs- weisen, unter gewissen Umsta%nden. Wenn jemand ein von mir geschriebenes Blatt sieht, so wird er, wenn er Lateinschrift lesen und schreiben kann, es leicht ziemlich genau kopieren ko%nnen. Er braucht es nur lesen und wieder schreiben. Trotz der Abweichungen der Handschrift wird er mit Leichtigkeit ein halbwegs gutes Bild der Linien auf meinem Blatte hervorbringen. Ha%tte er Lateinschrift nicht lesen und schreiben gelernt, so wa%re es ihm nur mit gro%#ter Mu%he gelungen, jene verschlungenen Linien zu kopieren. Soll ich nun sagen: wer dies gelernt hat, sa%he das beschriebene Blatt ganz anders, als ein Anderer? -- Was wissen wir davon? Es ko%nnteja sein, da# wir Einem, ehe er schreiben und lesen gelernt hatte, jenes Blatt zu kopieren gaben; und dann wieder, nachdem er schreiben und lesen gelernt hatte. Und er wird uns dann vielleicht sagen: "Ja, jetzt sehe ich diese Linien ganz anders." Er wird auch vielleicht erkla%ren: ' jetzt sehe ich eigentlich nur die Schrift, die ich gerade lese; alles andere ist Drum und Dran, was mich nichts angeht und ich kaum bemerke." Nun, das hei#t: er sieht das Bild anders -- wenn er na%mlich wirklich auch anders darauf reagiert. Ebenso wird, wer lesen gelernt hat, von dem Blatt, das nach der La%nge und Quere beschrieben ist, einen andern Bericht geben ko%nnen, als wer nicht lesen kann. Und Analoges gilt vom Sprechen und den begleitenden Gera%uschen. 459. Es gibt da die Antwort "Ich habe ein ji noch nie daraufhin angeschaut." 460. Denke, Einer antwortete: "Fu%r mich schaut es immer in dieser Richtung." -- Wu%rden wir seine Antwort nun annehmen? Sie wu%rde uns zu behaupten scheinen, er denke, wann immer er diesen Buchstaben sieht, an solche Zusammenha%nge (ganz so, wie man sagt "Wenn immer ich diesen Menschen sehe, mu# ich daran denken, wie er..."). 461. Aber wenn wir nun das Bild eines Gesichts, oder ein wirkliches Gesicht sehen, -- kann man hier auch sagen: Ich sehe es nur solange in dieser Richtung schauen, als ich mich so damit bescha%ftige? -- Was ist der Unterschied? Die Mitteilung "Dieses Gesicht schaut nach rechts" ist, fu%r gewo%hnlich, eine u%ber die Lage des Gesichts. Ich mache sie Einem, der selbst das Gesicht nicht sieht. Es ist die Mitteilung einer Wahrnehmung. 462. Zeigt dies nun aber, da# es sich in diesen Fa%llen um ein 'Sehen' nicht handeln kann -- sondern etwa um ein Denken? Dagegen spricht schon, da# man u%berhaupt von einem Sehen reden will. -- Soll ich also sagen, es ist hier ein Pha%nomen zwischen Sehen und Denker:? Nein; aber ein Begriff, der zwischen dem des Sehens und dem des Denkens liegt, d.h., mit beiden A%hnlichkeit hat; und Pha%nomene, die mit denen des Sehens und Denkens verwandt sind (z.B. das Pha%nomen der A%u#erung "Ich sehe das F nach rechts schauen"). 463. Wie merkt man, da# die Menschen ra%umlich sehen? Ich frage Einen, wie das Terrain liegt, das er u%berschaut. "Liegt es so?" (ra%umliche Geste) -- 'ja." -- "Woher wei#t du das?" -- "Es ist nicht neblig, ich sehe ganz klar." -- Es werden keine Gru%nde fu%r die Vermutung angegeben. Es ist uns einzig natu%rlich, das Geschaute ra%umlich darzustellen; wa%hrend es fu%r die ebene Darstellung, sei es durch Zeichnung oder durch Worte, besonderer U%bung und eines Unterrichts bedarf. Die Sonderbarkeit der Kinderzeichnungen. [PU II, xi, S. 198d.] 464. Was fehlt dem, der die Frage nicht versteht, nach welcher Seite der Buchstabe F schaue, wo ihm etwa eine Nase zu malen wa%re? Oder dem, der nicht findet, beim o%ftern Wiederholen eines Wortes gehe diesem etwas verloren; seine Bedeutung; und es werde nun ein blo#er Klang? Wir sagen "Zuerst war etwas da wie eine Vorstellung". 465. Ist es dies, da# er einen Satz nicht wie die Verstehenden genie#en, beurteilen kann; da# der Satz fu%r ihn nicht lebt (mit allem, was das in sich schlie#t); da# das Wort nicht das Aroma seiner Bedeutung hat? Da# er sich also in vielen Fa%llen anders zu einem Wort verha%lt als wir? -- Es ko%nnte so sein. 466. Wenn ich aber eine Melodie mit Versta%ndnis ho%re, geht da nicht etwas Besonderes in mir vor -- was nicht vorgeht, wenn ich slee versta%ndnislos ho%re? Und was? -- Es kommt keine Antwort; oder was mir einfa%llt, ist abgeschmackt. Ich kann wohl sagen: "Jetzt habe ich sie verstanden", und nun etwa u%ber sie reden, sie spielen, sie mit andern vergleichen, etc. Zeichen des Versta%ndnisses mo%gen das Ho%ren begleiten. [Z 162.] 467. Es ist falsch, das Verstehen einen Vorgang zu nennen, der das Ho%ren begleitet. (Man ko%nnte ja auch die Au#erung davon, das ausdrucksvolle Spiel, nicht eine Begleitung des Ho%rens nennen.) [Z163.] , , 468. Denn wie la%#t sich erkla%ren, was 'ausdrucksvolles Spiel ist? Gewi# nicht durch etwas, was das Spiel begleitet. -- Was geho%rt also Kultur erzogen ist, -- dann auf Musik so und so reagiert, dem wird man den Gebrauch des Wortes "ausdrucksvolles Spiel" beibringen ko%nnen. [Z 164.] 469. Das Verstehen eines Themas ist weder eine Empfindung, noc:h eine Summe von Empfindungen. Es ein Erlebnis zu nennen, ist aber dennoch insofern richtig, als dieser Begriff des Verstehens manche Verwandtschaften mit andern Erlebnisbegriffen hat. Man sagt "Ich habe diese Stelle diesmal ganz anders erlebt". Aber doch 'beschreibt' dieser Ausdruck 'was geschah' nur fu%r den, der mit einem besondern Begriffssystem vertraut ist. (Analogie: "Ich habe die Partie gewonnen.")1 [Z 165.] 470. Beim Lesen schwebt mir das vor. So geht also etwas beim Lesen vor sich . . .? Diese Frage fu%hrtja nicht weiter. [Z 166.] 471. Wie kann mir doch das vorschweben? Nicht in den Dimensio- nen, an die du denkst. [Z 167.] 472. Gewisses am Sehen kommt uns ra%tselhaft vor, weil uns das ganze Sehen nicht ra%tselhaft genug vorkommt. [PU II, xi, S. 212f.] 473. Da# jemand einen deutlich gemalten Wu%rfel ra%umlich sieht, wissen wir Alle. Er kann, was er sieht, vielleicht nicht einmal anders als ra%umlich beschreiben. Und, da# Einer so ein Bild auch flach sehen ko%nnte, ist klar. Wenn er nun abwechselnd das Bild einmal so, einmal so sieht, hat er das Erlebnis eines Wechsels des Aspekts. Was ist dann 85 II--467 damn das Staunenerregende? -- Ist es dies: da# hier der Bericht "Ich sehe jetzt . . . nicht mehr Bericht u%ber den wahrgenommenen Gegenstand sein kann. Denn fru%her war ja "Ich sehe auf diesem Bild einen Wu%rfel" der Bericht u%ber den Gegenstand, welchen ich anblicke. 474. Das Unbegreifliche ist ja doch, da# sich nichts gea%ndert hat, und sich doch Alles gea%ndert hat. Denn nur so kann man es ausdru%cken. Nicht so: es habe sich in einer Beziehung nicht vera%ndert, wohl aber in einer andern. Daran wa%re nichts Seltsames. "Es hat sich nichts gea%ndert" hei#t aber: Ich habe kein Recht, meinen Bericht u%ber das Gesehene zu a%ndern, ich sehe nach wie vor dasselbe -- bin aber, auf unbegreifliche Weise, gezwungen ganz verschiedenes zu berichten. 475. Und es ist nicht so: Ich sehe das Bild eben als einen der unendlich vielen Ko%rper, dessen Projektion es ist; -- sondern nur als diesen -- oder als diesen. Das Bild ist also abwechselnd der eine und der andere. 476. Wir haben jetzt ein Sprachspiel, das in merkwu%rdiger Weise gleich, und in merkwu%rdiger Weise verschieden von dem fru%hern ist. Die Konsequenzen aus dem Ausdruck "Ich sehe jetzt . . ." sind nun ganzlich andere; obwohl doch wieder enge Verwandtschaft der Sprachspiele besteht. 477. Da# das Auge (der Punkt in unserm Bild) in einer Richtung blickt, ha%tte uns gar nicht in Staunen versetzt -- bis es die Blickrichtung gea%ndert hatte. 478. Die Frage liegt nahe: Ko%nnten wir uns Menschen denken, die a%hnlich als wa%ren sie farbenblind oder als fehlte ihnen absolutes Geho%r? Nennen wir solche Menschen einmal "gestaltblind" ode1 "aspektblind". 479. Da wird es sich fragen, fu%r welche Art von Aspekt Einer blind ist. Soll ich z.B. annehmen, da# er das Wu%rfelschema nicht einmal so, einmal anders im Raum sehen kann? Ist es so, so werde ich konsequenterweise annehmen mu%ssen, er ko%nne das Bild eines Wu%rfels nicht als Wu%rfel, also das Bild eines ra%umlichen Gegen- standes nicht als solchen sehen. Er ha%tte also zu Bildern u%berhaupt eine andere Einstellung als wir. Es ko%nnte die sein, die wir zu einel Blaupause haben. Er wa%re z.B. im Stande, nach einer bildlichen Darstellung zu arbeiten. -- Aber hier ist die Schwierigkeit, da# er ein Bild dann nie fu%r einen ra%umlichen Gegenstand halten du%rfte, wie wir z.B. manchmal eine Scheinarchitektur. Und das ko%nnte man nicht wohl eine 'Blindheit' nennen; eher das Gegenteil. (Diese Unter- suchung ist keine psychologische.) 480. Es la%#t sich ja natu%rlich vorstellen, da# Einer nie einen Wechsel des Aspekts sieht; indem der ra%umliche Aspekt eines jeden Bildes fu%r ihm immer stabil bleibt. Aber diese Annahme interessiert uns nicht. 481. Es ist aber denkbar, und fu%r uns auch wichtig, da# Leute ein von dem unsern ganz verschiedenes Verha%ltnis zu Bildern haben ko%nnten. Gesicht als Gesicht sa%he, aber nicht eines, das aus einem Kreis und vier Punkten besteht. Der also das Hasen--Entenbild nicht als Bild eiries; Tierkopfes sieht, und daher auch nicht den Aspektwechsel, welchen wir kennen. 483. Einer soll das Bild eines Laufenden nicht als Bild der Bewegung sehen ko%nnen: Wie wu%rde es sich zeigen? Ich nehme an, er habe gelernt, da# so ein Bild einen La%ufer darstellt. So kann er also sagen, es sei ein La%ufer; wie wird er sich dann von den normalen Menschen unterscheiden? Er wird fu%r die Darstellung der Bewegung in einem Bild u%berhaupt nicht Versta%ndnis zeigen, -- werde ich annehinen . Und was wu%rden wir Zeichen dieses mangelnden Versta%ndnisses nennen? -- Das ko%nnen wir uns schwer ausmalen. (Wenn aber ein Solcher nun jedes Bild sehen und genau kopieren ko%nnte, so wu%rden wir gewi# von ihm nicht sagen, sein Gesichtssinn sei mangelhaft.) Es ist ja klar, da# der Schu%ler, der nur eben erst mit dem Begriff 'Spitze', 'Grundlinie', etc. Bekanntschaft gemacht hat, da# fu%r den die Worte "Ich sehe jetzt das als Spitze --jetzt das" keinen Sinn haben werden. Aber das meinte ich nicht als einen Erfahrungssatz. [b: Vgl. pu II, xi, S. 208e.] 484. Nur von dem wu%rde man sagen, er sehe es jetzt so, jetzt so, der im Stande ist, mit Gela%ufigkeit allerlei Anwendungen von der Figur zu machen. [PU II, xi, S. 208e.] 485. Wie seltsam aber, da# dies die Bedingung sein soll, da# er das und das erlebt! Du sagst doch nicht, da# nur der Zahnschmerzen hat, 87 II--480 der das und das zu tun im Stande sei. Woraus eben folgt, da# wir's hier nicht mit dem selben Erlebnisbegriffzu tun haben. Der Erlebnisbegriff ist jedesmal ein anderer, wenn auch ein verwandter. [PU II, xi, S. 208f.] 486. Wir sprechen, machen A%u#erungen, und erst spa%ter erhalten wir ein Bild von ihrem Leben. [PU II, xi, S. 209a.] 487. Man ko%nnte sich aber diese Art und Weise denken, dem Schu%ler jenes Sehen beizubringen: Man zeichnet zu dem Dreieck ein zweites ' hin, welches das noch nicht umgestu%rzte ist.1 Spa%ter la%#t man dies aus und er kann nun das Dreieck als umgefallen sehen. -- Mu# er denn aber diese Illustration verstehen, oder doch richtig sehen? -- Es ko%nnte sein, da# sie ihn nur noch verwirrt. Wem jene Illustration nichts sagt, zu dem werden auch andere Bilder nicht sprechen wie zu uns, er wird auf sie nicht so reagieren wie wir. (Nicht erfahrungsma%#ig.) Analogie mit dem Bild des laufenden Pferdes. 488. Es ist nichts weniger als selbstversta%ndlich, da# wir mit zwei Augen 'ra%umlich' sehen. Wenn die beiden Gesichtsbilder in eins verschmelzen, ko%nnte man sich als Resultat ein verschwommenes erwarten, analog einer verwackelten Photographie. [PU II, x1, S.213b.] 489. Eine Geheimsprache, die ich mit Einem vereinbare, worin "Bank" Apfel bedeutet. Gleich nach der Vereinbarung sage ich ihm "Schaff diese Ba%nke fort!" -- Er versteht mich und tut es; aber das Wort "Bank" kommt ihm in dieser Verwendung noch immer fremdartig vor, und er mag bei ihm die Vorstellung von einer Bar1k haben. [Vgl. PU II, xi, S. 214f.] 490. Was wu%rde man von dem sagen, der das Wu%rfelschema nicht einmal als stehende, einmal als liegende Schachtel sehen kann? Ist dies nicht, wenn es ein Defekt ist, eher einer der Phantasie, als des Gesichts- sinns? 491. Aber welch merkwu%rdige Methode! -- Ich bilde einen Begriff und frage mich, wie er konsequent durchzufu%hren wa%re. Was "seine konsequente Durchfu%hrung" fu%r uns zu hei#en verdiente. Wir sehen ein Gema%lde zwar ra%umlich, es wa%re uns nicht leicht, es als Aggregat ebener Farbfla%chen zu beschreiben, aber was wir im Stereoskop sehen, schaut noch ganz anders ra%umlich aus. Wer eine Photographie betrachtet, von Menschen, Ha%usern, Ba%umen etwa, dem scheint Ra%umlichkeit an ihr nicht abzugehen! ((Zu der Bemerkung u%ber das ra%umliche Sehen mit beiden Augen.)) [Vgl. PU II, xi, S. 213a.] 492. Ich kann das Wu%rfelschema als Schachtel sehen, aber nicht: einmal als Papier-, einmal als Blechschachtel. -- Was sollte ich da2u sagen, wenn jemand mich versicherte, er ko%nnte die Figur als Blech- schachtel sehen? Sollte ich antworten, das sei kein Sehen ? Aber, wenn nicht sehen, ko%nnte er es also empfinden? Es wa%re natu%rlich plausibel, zu antworten: nur was in Wirk- lichkeit gesehen werden ko%nnte, ko%nne man sich so visuell vorstellen. ((Das Wissen im Traum.)) [Vgl. PU II, xi, S. 208b.] 493. Die Erfahrung, wenn man aus dem Kino auf die Stra#e tritt, und Stra#e und Menschen sieht, als wa%ren sie auf dem Lichtschirm und Teil einer Filmhandlung. Woran liegt es? Wie sieht man die Stra#e und die Menschen? Ich ko%nnte nur sagen: ich habe z.B. den flu%chtigen Gedanken "Vielleicht wird dieser Mann eine Hauptperson im Stu%ck sein". Aber das allein ist es nicht. Meine Einstellung ist irgendwie die zu den Vorga%ngen auf der Leinwand. Etwa wie eine milde Neugierde, ein Vergnu%gen. -- Aber das alles kann ich zuerst gar nicht sagen. 494. Geho%rt dazu, etwas als Variation eines bestimmten Themas zu ho%ren, nicht Phantasie? Und doch nimmt man dadurch etwas wahr. [PUII,xi,S.213c.] 495. "Stell dir das so gea%ndert vor, so hast du das andere." Im allgemeinen mo%chte man sagen, die Vorstellungskraft ko%nne ein Bild, eine Demonstration ersetzen. [Vgl. PU II, xi, S. 21 3d.] 496. Die Aspekte des doppelten Kreuzes kann man einfach dadurch ausdru%cken, da# man einmal auf ein wei#es Kreuz, einmal auf ein schwarzes zeigt, darauf also, worauf man auch bei der Frage wiese "Ist in der Figur auf diesem Papier dies enthalten?" -- Die gleiche Frage ko%nnte man bezu%glich des Hasen-Enten-Bildes stellen. Es ist aber auch klar, da# hier jeder Fall etwas von dem andern abweicht. 89 II--491 Denn, um die Aspekte dieses Bilds auszudru%cken, zeigt man 2.B. auf etwas, was nicht im Bild enthalten ist, wie das schwarze Kreuz im Doppelkreuz. 497. Du redest doch vom Verstehen der Musik. Du verstehst sie doch, wa%hrend du sie ho%rst! Sollen wir davon sagen, es sei ein Erlebnis welches das Ho%ren begleite? [Z 159.] 498. Ich gebe Zeichen des Entzu%ckens und des Versta%ndnisses. Ist es Wortklauberei: Freude, Genu#, Entzu%cken seien nicht Empfindungen? -- Fragen wir uns einmal: Wieviel Analogie besteht denn zwischen dem Entzu%cken und dem, was wir z.B. "Sinnesemp- findungen" nennen? [a: Z 515; b: Z 484.] 499. Das Bindeglied zwischen ihnen wa%re der Schmerz. Denn sein Begriff a%hnelt dem der Tastempfindung, z.B. (durch die Merkmale der Lokalisierung, echten Dauer, Intensita%t, Qualita%t) und zugleich dem der Gemu%tsbewegungen durch den Ausdruck (Mienen, Geba%rden, Laute) . [ Z 485 .] 500. Wie wei# ich, da# Einer entzu%ckt ist? Wie lernt man den sprachlichen Ausdruck des Entzu%ckens? Woran knu%pft er sich? An den Ausdruck von Ko%rperempfindungen? Fragen wir Einen, was er 1n der Brust, in den Gesichtsmuskeln spu%rt, um herauszufinden, ob er Genu# empfindet? [Z 168.] 501. Hei#t das aber, es ga%be nicht doch Empfindungen, die oft beim Genie#en der Musik wiederkehren? Durchaus nicht. (Bei manchem Stellen mag ihm das Weinen kommen und er spu%rt es im Kehlkopf.) Ein Gedicht macht uns beim Lesen einen Eindruck. "Fu%hlst du dasselbe, wa%hrend du es liest, wie wenn du etwas Gleichgu%ltiges liest?" -- Wie habe ich auf diese Frage antworten gelernt? Ich werde vielleicht sagen: "Natu%rlich nicht!" -- was soviel hei#t wie: mich ergreift dies, und das andere nicht. "Ich erlebe dabei etwas anderes." -- Und welcher Art ist dies? -- Ich kann nichts Befriedigendes antworten. Denn, was ich angebe, ist nichts Wichtiges. -- "Hast du aber nicht wa%hrend des Lesens genossen?" Freilich -- denn die entgegengesetzte Antwort hie#e: ich ha%tte es fru%her, oder spa%ter genossen; und das will ich nicht sagen. Aber nun erinnerst du dich an gewisse Empfindungen und Vorstellungen und Gedanken beim Lesen, und zwar solche, die fu%r das Genie#en, fu%r den Eindruck nicht irrelevant waren. -- Aber vor: denen mo%chte ich sagen, sie ha%tten ihre Richtigkeit nur durch ihre Umgebung erhalten: durch das Lesen des Gedichts, durch meine Kenntnis der Sprache, des Metrums und unza%hliger anderer Dinge. (Diese Augen la%cheln nur in diesem Gesicht und in diesem zeitlichen Zusammenhang.) Du mu#t dich doch fragen, wie haben wir den Ausdruck "Ist das nicht herrlich!" (z.B.) u%berhaupt gelernt? -- Niemand erkla%rte ihrl uns, indem er sich auf Empfindungen, Vorstellungen, oder Gedanken bezog, die das Ho%ren begleiten! Ja, wir wu%rden nicht verzweifeln, da# er's genossen hat, wenn er keine solchen Erlebnisse anzugeben wu%#te; wohl aber, wenn es sich zeigte, da# er gewisse Zusammen- ha%nge nicht versteht. [a: Vgl. Z 169; b, c, d: Vgl. Z 170.] 502. Aber zeigt sich das Versta%ndnis nicht z.B. darin, mit welchem Ausdruck Einer das Gedicht liest, die Melodie singt? Gewi#. Aber was ist nun hier das Erlebnis wa%hrend des Lesens? Da mu%#te manja sagen: der genie#e und verstehe es, der es gut gelesen ho%rt, oder in den Sprechorganen fu%hlt. [Z 171 .] 503. Man kann auch vom Verstehen einer musikalischen Phrase sagen, es sei das Verstehen einer Spmche. [Z 172.] 504. Ich denke an eine ganz kurze von nur zwei Takten. Du sagst "Was liegt nicht alles in ihr!" Aber es ist nur, sozusagen, eine optische Ta%uschung, wenn du denkst, beim Ho%ren gehe vor, was in ihr liegt. (Denk doch daran, da# wir manchmal sagen, und ganz mit Recht: "Es kommt drauf an, wer's sagt.") (Nur in dem Flu# der Gedanken und des Lebens haben die Worte Bedeutung.) [Z 173.] 505. Nicht das entha%lt die Ta%uschung: 'jetzt habe ich's verstanden." -- und nun folgt vielleicht eine lange Erkla%rung dessen, was ich verstanden habe. [Z 174.] 506. Wie ha%ngt das Sehen eines Aspekts zusammen mit der Fa%higkeit zu operieren (z.B. in der Mathematik)? Denk an das ra%umliche Sehen in der darstellenden Geometrie und das Operieren in der Zeichnung. Er bewegt sich mit dem Stift auf der Zeichenfla%che, als bewegte er sich im wirklichen Ko%rper. Wie aber kann das ein Beweis des Sehen1 sein? Nun, ist es uns nicht auch ein Beweis des Sehens, wenn sich Eine1 mit Sicherheit im Zimmer umherbewegt? Es gibt eben verschiedene Kriterien des Sehens. Frag dich: Mu# Einer, der Tiere, Menschen, und allerlei Gegensta%nde gut nach Vorstellung oder Erinnerung zeichnen kann, sie dazu vor dem innern Auge sehen? Die Antwort ko%nnte sein: "In so einem Fall sagen wir eben . . ." -- aber auch: "Man mu# den Zeichner fragen, ob er's tut oder nicht." 507. Es ist nun ein Zusammenhang zwischen Aspekt und Phantasie. 508. Die Aspekte von Mantel und Grundfla%che. Was fehlt dem, der fu%r sie blind wa%re? -- Es ist nicht unsinnig, zu antworten: Vorstellungskraft. 509. Bedenke, da# es fu%r einen Aspekt oft ein 'treffendes' Wort gibt. La%#t man z.B. Einen das Doppelkreuz ansehen und berichten, welchen der beiden Aspekte (schwarzes Kreuz oder wei#es Kreuz) er sehe, so mag es uns gleichgu%ltig sein, ob er sagt, er sehe das eine Mal etwas wie ein wei#es Windmu%hlchen mit vier Flu%geln, das andere Mal ein stehendes schwarzes Kreuz, oder ob er das wei#e Kreuz als vier gegen die Mitte gefaltete Spitzen eines Papiers sieht. Das Kreuz, welches 'jetzt' gesehen wird, kann auch als kreuzfo%rmige O%ffnung gesehen werden. Aber auf diese Unterschiede mu%#te es uns nicht ankommen; und man ko%nnte also eine Unterscheidung machem zwischen 'rein optischen' und 'begrifflichen' Aspekten. ((A%hnlich ko%nnte es bei der Erza%hlung eines Traums auf die besondern Worte , mit welchen die Traumsituationen beschrieben werden, ankommen, oder nicht ankommen.)) 510- Man ko%nnte nicht verstehen Sieh F als 1, solange nicht noch etwas ganz anderes gesagt ist. Denn verstu%nde ich "Sieh dieses Dreieck als jenes Dreieck"? Es mu# erst eine begriffliche Ver-- bindung bestehen. 511. "Es sieht jetzt fu%r mich nach links -- und nun wieder nach rechts." Also so, wie schon vorher? Nein; fru%her hatte es fu%r mich keine Richtung. Ich umgab es fru%her nicht mit dieser Welt der Vorstellungen. 5 12. Die Aufmerksamkeit ist dynamisch, nicht statisch -- mo%chte man sagen. Ich vergleiche das Aufmerken zuerst mit einem Hinstarren: das ist es aber nicht, was ich Aufmerksamkeit nenne; und will nun sagen, ich finde, man ko%nne nicht statisch aufmerken. [Z 673.] 513. Einer ko%nnte beim Anblick eines Felsens ausrufen "Ein Mann!" und nun vielleicht dem Andern zeigen, wie er in dem Felsen den Mann sieht, -- wo das Gesicht, wo die Fu%#e sind, etc. (Ein anderer ko%nnte in der gleichen Form einen Mann in anderer Weise sehen.) 92 II--507 Man wird sagen, es sei dazu Phantasie erforderlich. Nicht aber dazu, das naturgetreue Bild eines Hundes als solches zu erkennen. 514. "Er vergleicht den Felsen mit einer menschlichen Gestalt", "Er sieht in ihm eine menschliche Gestalt" -- aber nicht im gleichen Sinne: er vergleiche jenes Bild mit einem Hund, oder diese Passphoto- graphie mit einem Gesicht. 515. Ich sage mir beim Anblick der Photographie nicht "Das ko%nnte man als einen Menschen ansehen". Noch beim Anblick des F: "Das ko%nnte man als ein F ansehen." 516. Wer mir die Figur zeigte und mich fragte "Was ist das?", dem ko%nnte ich nur so antworten. -- Auch nicht: "Ich halte das fur ein . . .", oder "Es ist wohl ein . . .". So wenig, wie ich beim Lesen in einem Buch die Buchstaben fu%r das oder das halte. 517. "Ich sehe es als ein . . ." geht zusammen mit "Ich versuche es als . . . zu sehen", oder "Ich kann es noch nicht als ein . . . sehen". Du kannst aber nicht versuchen, das gewo%hnliche F als dies zu sehen. 518. Einen im Geist um Rat fragen. Die Zeit scha%tzen, indem man sich eine Uhr vorstellt. 519. Im Aspekt ist eine Physiognomie vorhanden, die nachher vergeht. Es ist beinahe, als wa%re da ein Gesicht, welches ich zuelst nachahme und dann hinnehme, ohne es nachzuahmen. -- Und ist das nicht eigentlich genug der Erkla%rung? -- Aber ist es nicht zu viel? [PU II, xi, S. 210e.] 520. Wenn ich in einem bestimmten Fall sage: die Aufmerksamkeit besteht in der Bereitschaft, jeder kleinsten Bewegung, die sich zeigen mag, zu folgen, -- so siehst du schon, da# die Aufmerksamkeit nicht das starre Hinschauen ist, sondern ein Begriff anderer Art. [Z 674.] 521. Nicht den Aspektwechsel sieht man, sondern den Deutungs-- wechsel. [Z 216.] 522. Du siehst es nicht einer Deutung, sondern einem Deuten gema%# . [Z217.] 523. Wen man fragte "Kannst du F als ein ef sehen?", der wurde uns nicht verstehen. Die Frage "Kannst du es als ein Spiegel-F sehen?" aber wu%rde er verstehen. Und auch die: "Und kannst du es jetzt wieder als ein gewo%hnliches ef sehen?" -- Warum? "Kannst du es als . . . sehen?" oder "Sieh es jetzt als ein . . .!" geht: zusammen mit: "Fa# esjetzt als ein . . . auf." Nur wo dieser Befehl Sinn hat, hatjene Frage Sinn. 524. Denk, jemand sagte, auf ein gewo%hnliches Druck-F zeigend, Jetzt ist es ein ef". -- Was hei#t das? Hat es einen Sinn? Es hat einstweilen noch keinen. Inwiefern ist es JETZT dies? Etwa insofern es immer dies ist? Und in Gegensatz wozu? -- Ich schaue auf eine: Lampe und sage "Jetzt ist es eine Lampe" -- was kann ich meinen? 525 . Du brauchst eine neue Begriffsbrille. 526. Wer sagt 'jetzt ist es fu%r mich ein Gesicht", den kann man fragen: "Auf welche Art der Verwandlung spielst du an?" [PU II, xi, S. 195d.] 527. Der Ausruf "Ein Hase! ' ist ja verwandt mit der Meldung Eln Hase". 528. Was ist denn die A%u#erung des Staunens? Kann es eine stationa%re Haltung sein? Kann also das Staunen ein Zustand der Ruhe sein? 529. Denk dir, man fragte: "Warum ist das Erlebnis der U%ber- raschung nicht festzuhalten?" 530. "Das ef verschwindet und es ist ein Kreuz da; das Kreuz verschwindet und es ist ein Spiegel-F da; etc." Das ist doch der Ausdruck der A%nderung der Wahrnehmung. 531. Vergi#, vergi#, da# du diese Erlebnisse selber hast! [Z 179.] 532. Es ist uns doch, als zeichnete unser Auge jedesmal eine andere Figur in diese Striche (auf dem Papier). 533. Verschiedene Bilder erscheinen mir. Aber wie verschieden? Worin verschieden? Das kann ich nur durch eine Genesis erkla%ren. 534. Ich sage etwas; und es ist richtig; -- aber nun mi#verstehe ich die Verwendung, der diese Aussage geho%ren wu%rde. 535. Wie spielt man denn das Spiel "Es ko%nnte auch das sein"? Das, was die Figur auch sein ko%nnte -- und das ist das, als was sie gesehen werden kann -- ist nicht einfach eine andere Figur. Es hatte darum keinen Sinn, zu sagen: F ko%nnte auch ein 1 sein. Oder auch: -- dies ko%nnte ganz verschiedenerlei hei#en. Jenes Spiel aber ko%nnte man z.B. mit einem Kind spielen. Zusammen betrachten wir eine Figur; oder einen beliebigen Gegenstand (ein Mo%belstu%ck) -- und nun hei#t es: "Das soll jetzt ein Haus sein" -- und es wird nun von ihm berichtet und erza%hlt, und man stellt sich zu ihm, als wa%re es ein Haus, und es wird ganz als dies ausgedeutet. Dann stellt das gleiche Ding etwas anderes vor, eine andere Erfindung wird darum gewoben. [a: Vgl. PU II, xi, S. 206d; b: Vgl. PU, S. 206e.] 536. Wie wirst du wissen, ob das Kind das Ding als das sieht? Nun, vielleicht wird es dies spontan sagen. Etwa sagen: ' ja,j-etzt sehe ich es als . . .". Und in dieser Situation, bei der lebhaften Teilnahme an der Erdichtung, wird es uns allerdings das Sehen des Aspekts bedeuten. 537. Ich will sagen: dieses Spiel ist mit dem des Sehens der Aspekte des F z.B. verwandt. Da# Einer mit den Dingen, gleichsam, Theater spielen kann, ist fu%r uns eine Vorbedingung dessen, da# er mit den Worten "Jetzt sehe ich es als . . ." das meint, was wir meinen. 538. Wie lehrst du ein Kind etwa beim Rechnen: 'jetzt nimm diese Punkte zusammen!" oder 'jetzt geho%ren die zusammen"? Offenbar mu# "zusammennehmen" und "zusammengeho%ren" urspru%nglich eine andere Bedeutung fu%r ihn gehabt haben, als die, etwas so oder so sehen. -- Und das war eine Bemerkung u%ber Begriffe, nicht u%ber Unterrichtsmethoden. [PU II, xi, S. 208c.] 539. Man kann allerdings sagen "Sieh die Figur jetzt an fu%r fu%nf Minuten als ein . . .", wenn dies hei#t: Erhalte, balanciere sie in diesem Aspekt. 540. Was verstehst du, wenn dir Einer sagt "Ich sehe es (na%mlich das gewo%hnliche F) als ein ef"? -- Da# er es mit Aspekten zu tun hat; da# es ein labiler Zustand ist. Da# er denkt 'es ko%nnte auch das sein'. 541. Das Sehen der Aspekte ist auf anderen Spielen aufgebaut. 542. Man redet ja von einem Rechnen in der Vorstellung. Es ist also nicht U%berraschendes, da# die Vorstellungskraft der Erkenntnis dienen kann. 543. Ich will aber nicht sagen, da# der Aspekt eine Vorstellung ist Aber da# 'einen Aspekt sehen' und 'sich etwas vorstellen' verwandte Begriffe sind. [Vgl. PU II, xi, S. 213c.] 544. Vom Sehen des Aspekts mo%chte man fragen: "Ist es ein Sehen? ist es ein Denken?" Der Aspekt untersteht dem Willen: schon das macht ihn dem Denken verwandt. 545. "Der Aspekt untersteht dem Willen. Er ist nicht Erfahrungs- satz. Es hat Sinn, zu sagen "Sieh diesen Kreis als Loch, nicht als Scheibe"; aber nicht "Sieh ihn als Viereck", oder "Sieh ihn rot". 546. Sehe ich wirklich jedesmal etwas anderes, oder deute ich nur, was ich sehe, auf verschiedene Weise? Ich bin geneigt, das erste zu sagen. Aber warum? -- Deuten ist ein Denken, ein Handeln. [PU II, xi, S. 212d.] 547. Die Fa%lle, in welchen wir deuten, was wir sehen, sind leicht zu erkennen. Deuten wir, so machen wir eine Hypothese, die sich als falsch erweisen mag. "Ich sehe diese Figur als ein . . ." kann so wenig (oder nur in dem Sinne) verifiziert werden, wie die Aussage "Ich sehe ein leuchtendes Rot". Hier besteht also eine A%hnlichkeit de Verwendungen des Wortes "sehen" in beiden Zusammenha%ngen. 548. Denken wir, es fragte jemand: "Sehen wir Alle ein F auf die gleiche Weise?" Was ko%nnte damit gemeint sein? -- Wir ko%nnten diesen Versuch machen: wir zeigen verschiedenen Leuten F un stellen die Frage "Wohin schaut ein F, nach rechts, oder links ?' Oder: "Wenn du ein F mit einem Gesicht im Profil vergleichst wohin schaut das Gesicht?" Mancher aber wu%rde vielleicht diese Frage nicht verstehen. Wi Mancher auch die Frage nicht versteht "Welche Farbe hat fu%r dich der Vokal a?" -- Wenn Einer sie nicht verstu%nde, wenn er erkla%rte, si sei Unsinn, -- ko%nnten wir sagen, er verstehe nicht deutsch, oder nicht die Bedeutungen der Wo%rter "Farbe", "Vokal", etc. ? Im Gegenteil: Wenn er diese Worte verstehen gelernt hat, dan kann er auf jene Fragen 'mit Versta%ndnis' oder 'ohne Versta%ndnis reagieren. [b: Z 185.] 96 II--54 549. Denk, nicht die Frage wa%re gestellt worden "In welcher Richtung schaut der Buchstabe . . .?" -- sondern die: "Wenn d Einem F oderJ ein Aug und eine Nase malen solltest, wohin wu%lde es schauen?" Dies wa%re doch auch eine psychologische Frage. Und in ihr ist von einem 'so, oder anders sehen' nicht die Rede. Statt dessen aber von einer Neigung, das eine oder andere zu tun. (Es ist aber z bedenken, wie er zu seiner Antwort auf diese Frage gelangt.) -- Also ist jenes Sehen mit einer Neigung verwandt. Die Neigung kann sic a%ndern, oder ganz fehlen. 550. "Mit dieser Verteilung der Fenster schaut die Fassade dorthin." "Die Fenster waren fru%her so verteilt, da# die Fassade dorthin sah.'' Der erste Satz ist a%hnlich einem geometrischen. Im zweiten dien der Begriff der 'Richtung, in welcher sie schaut' der Beschreibung der Fassade. So wie man ein Gesicht mittels der Begriffe 'fro%hlich' 'mu%rrisch', 'mi#trauisch' beschreibt, oder eine Bewegung mit 'furchtsam', 'zo%gernd', 'sicher'. Und insofern dies Beschreibungen de visuell Wahrgenommenen, des Beobachteten sind, sind es auch Beschreibungen des visuellen Eindrucks. Man kann also sagen: ma sa%he das Zo%gern. (Wer ein Bild kopiert, dem kann man sagen "Da' Gesicht ist noch nicht richtig, es ist nicht traurig genug".) 551. Wer einen Blick fu%r Familiena%hnlichkeiten hat, kann erkennen, da# zwei Leute mit einander verwandt sind, auch ohne sagen z ko%nnen, worin die A%hnlichkeit besteht. (Denke an den Fall d Rechenku%nstlers.) 552- Es ko%nnte sprachunrichtig sein' zu sagen Ich sehe Furcht diesem Gesicht". Es wu%rde uns gelehrt: ein furchtsames Gesicht ko%nn man 'sehen '; die Furcht in ihm, die A%hnlichkeit, oder Verschiedenhe zweier Gesichter 'bemerke ' man. 553. Die Verwandtschaft der beiden Begriffe zeigt sich ja in diese Erkla%rung; um ihre Verschiedenheit zu erkennen, bedenke man, welchen Sinn es haben ko%nnte zu sagen, Einer habe die A%hnlichkei zweier Gesichter von diesem Glockenschlage bis zum na%chsteen gesehen. Oder denk an den Befehl: "Bemerke die A%hnlichkei von...bis...!" 554. Die Beschreibung des Gesichtseindrucks kann eine Zeichnun sein. Was in der Zeichnung oben, was unten ist, ist meistens von d gro%#ten Wichtigkeit. Es ko%nnte aber auch festgesetzt werden, i welcher Entfernung vom Auge wir sie halten sollten. Ja auch, auf welchen Punkt der Zeichnung wir zu blicken haben, oder wie unser Blick auf ihr zu wandern habe. 555. Ich fange an, die A%hnlichkeit zu sehen, wenn sie mir 'auffa%llt'; und sehe ich sie dann, solange ich die a%hnlichen Gegensta%nde sehe? Oder nur solange ich mir der A%hnlichkeit bewu#t bin? -- Fa%llt mir die A%hnlichkeit auf, so nehme ich etwas wahr; ich brauche mir ihrer aber nicht bewu#t zu bleiben, um wahrzunehmen, da# sie sich nicht a%ndert. 55. - Zwei Verwendungen des Berichtes Ich sehe - - - - Ein Sprach-- spiel: Was siehst du dort?" -- "Ich sehe . . ." und es folgt eine Beschreibung des Gesehenen mit Worten, durch eine Zeichnung, en Modell, Geba%rden, etc. -- Ein anderes Sprachs iel: Wir betrachten zwei Gesichter, und ich --sage zum Andern: "Ich sehe eine A%hnlich-- keit in ihnen." Im ersten Sprachspiel ha%tte die Beschreibung z.B. lauten ko%nnen= "Ich sehe zwei Gesichter, die einander a%hnlich sind wie Vater und Sohn." -- Man kann dies eine weit unvollsta%ndigere Beschreibung nennen, als die durch eine Zeichnung es wa%re. Aber Einer ko%nnte diese vollsta%ndigere Beschreibung geben und doch jene A%hnlichkeit nicht bemerken. Ein Anderer ko%nnte die Zeichnung des Ersten sehen und die Familiena%hnlichkeit in ihr entdecken; und in gleicher Weise auch eine A%hnlichkeit des Gesichtsausdrucks. [a: Vgl. PU II, xi, S. 193a.] 557. "Als ich das Wort jetzt aussprach, bedeutete es fu%r mich . . .". Warum sollte das nicht einfach Wahnsinn sein? Weil ich das erlebte? Das ist kein Grund. [Z 182.] 558. Es sind ganz besondere Fa%lle: in denen das Innere mir verborgen erscheint. Und die Unsicherheit, die sich so ausdru%ckt, ist nicht eine philosophische, sondern eine praktische und primitive. 559. Es ist dann, als ob ich mir erst bewu#t wu%rde, da# das Innere eigentlich immer verborgen ist. 560. (Man sagt auch: Der Mensch ist mir vollkommen durchsichtig.) So ist mir also ein Mensch manchmal durchsichtig, manchmal undurchsichtig. 561. "Ich kann nie wissen, was in ihm vorgeht." -- Aber mu# denn etwas in ihm vorgehen? Und warum soll ich mich darum ku%mmern? 98 II--555 -- Es ist aber eine wirkliche, nicht ertra%umte, Unsicherheit, welche uns dieses Bild nahelegt. 562. Was ist die Wichtigkeit davon, da# Einer das und das Gesta%ndnis macht? mu# er denn seinen Zustand richtig beurteilen ko%nnen? -- Es kommt eben nicht auf einen inneren Zustand an, den er beurteilt, sondern gerade auf sein Gesta%ndnis. (Sein Gesta%ndnis kann Gewisses erkla%ren. Es kann z.B. meinen Verdacht von einem Andern abziehen.) 563. Die prinzipielle Unsicherheit: Ich wei# nicht, was er denkt, wenn er es nicht ausdru%ckt. Aber stell dir vor, er dru%ckte es wohl aus, aber in einer Sprache, die du nicht verstehst. Er ko%nnte es mit dem Finger einer Hand auf den Handru%cken der andern klopfen, in Morsezeichen oder a%hnlichen. Dann ist es doch auch geheim, und nicht ebenso sehr, als wa%re es nie ausgedru%ckt worden? Die Sprache ko%nnte ja auch von einer Art sein, wie ich sie nie lernen ko%nnte, z.B. mit einer au#erordentlich komplizierten Regelma%#igkeit. 54- Es kann Einer also seine lauten Gedanken vor mir verbergen' das verborgene Seelische? 565. Ich kann die Sprache wa%hlen, in welcher ich denke. Nicht aber als da%chte ich, und wa%hlte die Sprache, in welche ich meine wortlosen Gedanken u%bertragen will. 566. Du kannst der Empfindung des Andern so sicher sein, wie irgend i eines Faktums. Damit sind aber die Sa%tze "Er ist beglu%ckt" und "2 X 2 =4 nicht zu a%hnlichen Instrumenten geworden. Zu sagen "Die Sicherheit ist eine andere" liegt nahe, behebt aber die: Unklarheit nicht. [Vgl. PU II, xi, S. 224c.] 567. "Aber schlie#t du eben nicht einfach vor dem Zweifel die Augen, wenn du sicher bist?" -- Sie sind mir geschlossen. Es ist wohl wahr: Jener Zweifel wird auf einem ganz anderen Weg erreicht, als der an einem arithmetischen Satz. Vor allem ist da die vo%llige Gewi#heit der Grenzfall eines nach Graden verschiedenen Glaubens. -- Und es ist eben alles anders. [a: PU II, xi, S. 224d.] 568. Und nun -- mo%chte ich sagen -- gibt es hier allerdings den Fall des hoffnungslosen Zweifels. Wenn ich sage: "Ich habe keine Ahnung, was er wirklich denkt--". Er ist mir ein verschlossenes Buch. Wenn das einzige Mittel, den Andern zu verstehen, wa%re, die gleiche Erziehung wie er durchzumachen, -- was unmo%glich ist. Und hier ist keine Verstellung. Denk dir aber Leute, deren Erziehung dahingeht, den Ausdruck der Gemu%tsbewegung im Gesicht und in den Geba%rden zu unterdru%cken, und diese Leute machen sich mir unzuga%nglich, indem sie laut denken in einer mir unversta%ndlichen Sprache. Nun sage ich "Ich habe keine Ahnung von dem, was in ihnen vorgeht", und doch liegt es als a%u#ere Tatsache vor. 569. "Ich kann nicht wissen, was in ihm vorgeht" ist vor allem ein Bild. Es ist der u%berzeugende Ausdruck einer U%berzeugung. Es gibt nicht die Gru%nde der U%berzeugung an. Diese sind nicht etwas, was man unmittelbar sieht. [PU II, xi, S. 223g.] 570. "Man sieht Gemu%tsbewegung." -- Im Gegensatz wozu? -- Man Trauer, Langeweile. Man beschreibt sein Gesicht unmittelbar als traurig, glu%ckstrahlend, gelangweilt, auch wenn man nicht im Stande ist, sonst irgend eine Beschreibung der Gesichtszu%ge zu geben. -- Die Trauer ist im Gesicht personifiziert, mo%chte man sagen. Dies ist dem, was wir 'Gemu%tsbewegung' nennen, wesentlich. [Vgl. Z 225.] 571. Der, den ich bedeutungsblind nenne, wird wohl den Auftrag verstehen: "Sag ihm, er solle zur Bank gehen, und ich meine die Gartenbank", aber nicht: "Sag das Wort Bank und meine damit Gartenbank." Er wird auch nicht melden ko%nnen: es sei ihm beinahe gelungen, das Wort sei aber in die falsche Bedeutung ausgerutscht. Es kommt ihm auch nicht vor, als habe das Wort etwas in sich, was fo%rmlich wie eine Schreibweise die Bedeutung fixiert; und auch nicht, da# die Schreibweise gleichsam ein Bild der Bedeutung sei. -- Man ist z.B. stark versucht, zu meinen, da# der andern Schreibweise wenigstens ein geringer Unterschied der Aussprache entspricht, auch wo es gewi# nicht so ist. Es ist hier der fu%r viele andere als Beispiel dienende vorspricht und sie wirklich etwas verschieden ausspricht, obwohl man es natu%rlich im Flu# der Rede, wenn man nichts solches denkt, nicht tut; schon darum, weil man dann jedes der beiden Wo%rter bei verschiedenen Anla%ssen ungleich ausspricht. (a: Vgl. Z 183a.] 572. Verschiedene Menschen empfinden es sehr verschieden stark, Empfindung ist nicht nur Pieta%t fu%r einen alten Gebrauch. Wem die Orthographie nur eine praktische Frage ist, dem geht ein Gefu%hl ab, a%hnlich wie das, welches dem "Bedeutungsblinden" mangeln wu%rde. [Z184.] 573. Wie konnte er das Wort in der Bedeutung ho%ren? Wie war es mo%glich?! -- Gar nicht -- in diesen Dimensionen. [Z 180.] 574. Aber ist es also nicht wahr, da# das Wort fu%r mich jetzt das bedeutet? Warum nicht? Es kommt ja dieser Sinn mit der u%brigen Verwendung des Wortes nicht in Konflikt. Es sagt Einer: "Gib ihm den Befehl . . . und meine damit . . .!" Was kann das hei#en ? Aber warum gebrauchst du fu%r dein Erlebnis gerade diesen Ausdruck? einen schlecht sitzenden Anzug! -- Das ist der Ausdruck des Erlebnisses, wie "Der Vokal e ist gelb" und "Ich wu#te im Traume, da# . . ." Ausdru%cke anderer Erlebnisse. Ein schlecht sitzender Anzug ist es nur, wenn du ihn falsch auffa#t. Dieser Ausdruck geho%rt zum Erlebnisse ebenso, wie die primitive Schmerza%u#erung zum Schmerz. [a, b: Z 181 .] 575. W. James: der Gedanke sei schon am Anfang des Satzes fertig. Wie kann man das wissen? -- Aber die Absicht, ihn auszusprechen, kann schon bestehen, ehe das erste Wort gesagt ist. Denn fragt man Einen "Wei#t du, was du sagen willst?", so wird er es oft bejahen. Ich habe die Absicht, dieses Thema zu pfeifen: habe ich es damit in irgendeinem Sinne, etwa in Gedanken, schon gepfiffen? [a: Z 1; b: Z 2b.] 576. Wer die Frage bejaht "Wei#t du schon, was du sagen willst?", dem wird vielleicht irgend etwas vorschweben; aber wa%re dies auch etwas objektiv Ho%rbares oder Sichtbares, so ko%nnte man doch meistens das Beabsichtigte nicht mit Sicherheit daraus entnehmen. (Aufzeigen.) 577. NichtJeder, der eine Absicht hat, hat darum einen Plan gemacht. 578. Welche Formen geistiger Defekte wirklich existieren, ku%mmert uns nicht; aber wohl die Mo%glichkeiten solcher Formen. Nicht, ob es Menschen gibt, die nicht des Gedankens "Ich wollte damals . . ." fa%hig sind, wohl aber: wie dieser Begriff sich durchfu%hren la%#t. [Vgl. 1 Z183a.] 579. Wie lie#e sich diese Annahme konsequent durchfu%hren? Was wu%rden wir eine konsequente Durchfu%hrung nennen? -- Wenn du annimmst, da# Einer das nicht kann, wie ist es dann mit dem? kann er es auch nicht? -- Wohin fu%hrt uns dieser Begriff? [Von "Wenn du annimmst" an Vgl. Z 183b.] 101 II--573 580- Du mu#t es dir ernstlich versprechen' dann wirst du s auch tun." Zum ernstlichen Versprechen geho%rt z.B., da# man u%ber die Sache nachdenkt, es geho%rt eine bestimmte Vorbereitung dazu. Am Schlu# erfolgt dann vielleicht wirklich ein fo%rmliches Versprecheri, vielleicht auch mit lauter Stimme, aber das ist nur ein Stein dieses Geba%udes. (Gelu%bde.) 581 . Das Gelu%bde ko%nnte man eine Zeremonie nennen. (Taufe, auch wenn sie kein christliches Sakrament ist.) Und eine Zeremonie hat eine eigene Wichtigkeit. 582. Ich hatte die Absicht . . ." dru%ckt nicht die Erinnerung an ein Erlebnis aus. (So wenig wie "Ich warim Begriffe, . . .".) [Z 44.] 583. Welcher seltsame und furchtbare Laut. Ich werde ihn nie vergessen." Und warum sollte man das nicht vom Erinnern sagen ko%nnen ("Welche seltsame . . . Erfahrung . . ."), wenn man zum ersten Mal in die Vergangenheit gesehen hat? -- [Z 661.] 584. Ko%nnte er sich nicht nur einbilden, dies gerechnet zu haben? (Damit soll nicht im Widerspruch sein, da# er jetzt das Resultat der Rechnung wei#. Und er ko%nnte sich ja auch verrechnet haben.) Und gibt es hier keinen Irrtum, dann nicht darum, weil Gewi#heit besteht. 585. Es sagt mir Einer, er habe gerade im Kopfe gerechnet, wieviel . . . x . . . sei. Er gibt ein offenbar falsches Resultat, und auf die Frage, wie er es erhalten habe, sagt er die Rechnung her; sie ist vo%lliger Unsinn, wie er auch jetzt einsieht, kam ihm aber damals, sagt er, ganz richtig vor. (Im Traum geschieht a%hnliches.) Kann das nicht vorkommen? Seine Kopfrechnung, will ich sagen, mu# sich doch erst be wa%hren. 586. Er versteckt etwas vor mir, kann es so verstecken, da# ich's nicht nur nie finden werde, sondern da# Finden gar nicht denkbar ist.' Das wa%re ein metaphysisches Verstecken. -- Aber wie, wenn er ohne es zu wissen, Zeichen ga%be, die ihn verrieten? Das wa%re doch mo%glich. -- Aber ob ihn jene Zeichen wirklich verraten haben, -- kann nicht nur er das entscheiden? -- Aber ko%nnte ich nicht darauf bestehen, er habe vergessen, was in ihm vorgegangen ist -- seine Aussage nicht gelten lassen? (Ohne sie fu%r eine Lu%ge zu erkla%ren.) Das hei#t also: sie fu%r wertlos crkla%ren; oder ihr Wert nur als ein Pha%nomen zuzugestehen, woraus etwa Schlu%sse auf seinen Zustand gezogerl werden ko%nnen. 587. Wenn etwas versteckt ist, -- ist es nicht, als wa%re eine Schrift versteckt, oder vielmehr etwas, was einer Schrift a%hnlich sieht; dessen Bedeutung nur darin liegt, was er einmal herauslesen, oder hineinlesen, wird? 588. Er kann mich natu%rlich irrefu%hren, zu falschen Schlu%ssen bringen. Aber daraus folgt es nicht, da# er etwas versteckt hat; obgleich sich seine Handlungsweise mit einem Verstecken vergleichen la%#t. 589. Bin ich etwa nicht mit Recht u%berzeugt, da# er sich gegen mich nicht verstellt? -- Und kann ich also einen Andern nicht von meinem Recht u%berzeugen ? 590. Erza%hle ich ihm, wie sich mein Freund benommen hat, im Gro#en und Kleinen, -- wird er vernu%nftigerweise an der Echtheit der Gefu%hle meines Freundes zweifeln? Zweifelt Einer an der Echtheit der Gefu%hle Lears? 591. Ist es Gedankenlosigkeit, nicht doch die Mo%glichkeit der Verstel- lung im Auge zu behalten? 592. Erinnern: ein Sehen in die Vergangenheit. Tra%umen ko%nnte man so nennen, wenn es uns Vergangenes vorfu%hrt. Nicht aber Erinnern; denn auch wenn es uns Szenen mit halluzinatorischer Klarheit zeigte, so lehrt es uns doch erst, da# dies das Vergangene sei. [Z 662.] 593. Aber wenn uns nun das Geda%chtnis die Vergangenheit zeigt, wie zeigt es uns, da# es die Vergangenheit ist? Es zeigt uns eben nicht die Vergangenheit. So wenig, wie unsere Sinne die Gegenwart. [Z 663.] 594. Mann kann auch nicht sagen, sie teile uns die Vergangenheit mit. Denn selhst, wa%re das Geda%chtnis eine ho%rbare Stimme, die zu uns spra%che, -- wie ko%nnten wir sie verstehen? Sagt sie uns z.B. "Gestern war scho%nes Wetter", wie kann ich lernen, was "gestern" bedeutet? [Z 664.] 595. Ich fu%hre mir selbst nur so etwas vor, wie ich es auch dem Andern vorfu%hre. [Z 665 .] 596. Ich kann dem Andern mein gutes Geda%chtnis vorfu%hren, und auch mir selbst vorfu%hren. Ich kann mich selbst ausfragen. (Vokabeln, Daten.) [Z 666.] 597. Aber wie fu%hre ich mir das Erinnern vor? Nun, ich frage mich "Wie verbrachte ich den heutigen Morgen?" und antworte mir darauf. -- Aber was habe ich mir nun eigentlich vorgefu%hrt? War es das Erinnern? na%mlich, wie das ist, sich an etwas erinnern? Ha%tte ich denn damit einem Andern das Erinnern vorgefu%hrt? [Z 667.] 598- "Sich etwas vornehmen ist ein besonderer innerer Vorgang- -- Aber was fu%r ein Vorgang -- auch wenn du ihn erdichten du%rftest -- ko%nnte denn das leisten, was wir vom Vorsatz verlangen? [Z 192.] 599. Denk dir Menschen, die nur dann Mitgefu%hl zeigen, wenn sie den Andern bluten sehen; sonst lachen sie u%ber seine Schmerz-- a%u#erungen. So ist es bei ihnen. Manche nun beschmieren sich mit Tierblut, um bemitleidet zu werden. Kommt man ihnen darauf, se werden sie schwer bestraft. 600. Die Frage Ko%nnte er aber nicht dennoch Schmerzen haben? stellen sie nicht. 601 . Diese Leute du%rfen gewisse Skrupel nicht haben. 602. Ku%mmere ich mich um sein Inneres, wenn ich ihm traue? Wenn ich's nicht tue, sage ich "ich wei# nicht, was in ihm vorgeht"; vertraue ich ihm aber, so nicht: ich wisse, was in ihm vorgeht. 603. Mi#traue ich ihm nicht, so ku%mmere ich mich nicht um das, was in ihm vorgeht. (Worte und ihre Bedeutung. Die Bedeutung der Worte, was hinter ihnen steht, beku%mmert mich im normalen sprachlichen Verkehr nicht. Sie flie#en dahin und es werden die U-- berga%nge gemacht von Worten zu Handlungen und von Hand- lungen zu Worten. Niemand denkt, wenn er rechnet, daran, ob en 'gedankenvoll' oder 'papageihaft' rechne. (Frege.)) 604. Es mag Menschen geben, die viel mit sich selbst sprechen, ehe und wa%hrend sie handeln, und solche, die nur sehr wenig zu sich selbst sagen, die gleichsam auch mit sich selbst sehr schweigsam sind. Wenn man ihn fragt "Was hast du gedacht, als du das tatest?", gesteht er vielleicht ganz ehrlich "Gar nichts", obgleich seine Handlung uns wohl u%berlegt, ja vielleicht listig scheint. Ich sage, ich wisse nicht, was in ihm vorgeht, und es geht in einem wichtigen Sinne nichts in ihm vor. Ich kenne mich bei ihm nicht aus: Ich mache z.B. leicht falsche Vermutungen und werde von Zeit zu Zeit hart in meinen Erwartungen geta%uscht. Ich ko%nnte mir von diesem Menschen ein Bild machen, indem ich mir vorstellte, er spreche zu allen seinen Handlungen Monologe, die seine Gesinnung zum Ausdruck bra%chten. Die Monologe wa%ren eine Konstruktion, eine Arbeitshypothese, mittels derer ich mir seinee Handlungen versta%ndlich zu machen suche. Mu# ich nun annehmen, da# in ihm au#er jenen Monologen noch ein Denken vor sich geht! Sind die Monologe nicht ganz genug? Ko%nnen sie nicht alles leisten, was das Innenleben leisten soll? 6o5. Man kann sich leicht Ereignisse vorstellen und in alle Einzel- heiten ausmalen, die, wenn wir sie eintreten sa%hen, uns an allem Urteilen irrewerden lie#en. Sa%he ich vor meinen Fenstern statt der altgewohnten eine ganz neue Umgebung, bena%hmen sich die Dinge darin, wie sie sich nie benommen haben, so wu%rde ich etwa die Worte a%u#ern "Ich bi-n wahnsinnig geworden"; aber das wa%re nur ein Ausdruck dafu%r, da# ich es aufgebe, mich auszukennen. Und das Gleiche ko%nnte mir auch in der Mathematik zusto#en. Es ko%nnte mir z.B. scheinen, als machte ich immer wieder Rechenfehler, so da# keine Lo%sung mir verla%#lich erschiene. Das Wichtige aber fu%r mich daran ist, da# es zwischen einem solchen Zustand und dem normalen keine scharfe Grenze gibt. [Z393.] 606. Worin liegt die Wichtigkeit des genauen Ausmalens von Anomalien? Kann man es nicht, so zeigt das, da# man sich in den Begriffen noch nicht auskennt. [ Vermischte Bemerkungen, S. 1 39.] 607. Es gibt wohl dies: sich Menschenkenntnis zu erwerben; man kann Einem auch dabei helfen, also quasi einen Unterricht erteilen, aber man deutet nur auf Fa%lle, weist auf gewisse Zu%ge hin, gibt nicht feste Regeln. 608. Ich kann vielleicht sagen "La# mich mit diesem Menschen reden, die und die Zeit mit ihm verbringen, und ich werde wissen, ob ihm zu trauen ist und spa%ter: "Ich habe den Eindruck . . .". Aber hier handelt sich's um eine Prognose. Die Zukunft mag lehren, ob rnein Eindruck richtig war. Menschenkenntnis kann uns davon u%ber- zeugen, da# dieser Mensch wirklich fu%hlt, was er zu fu%hlen vorgibt; aber u%berzeugt sie uns davon, da# andere Menschen etwas fu%hlen? 609. "So kam man sich nicht verstellen." -- Und das kann eine Erfahrung sein, -- da# na%mlich niemand, der sich so benimmt, sich 105 II--605 spa%ter so und so benehmen werde; aber auch eine begriffliche Feststellung; und die beiden ko%nnen zusammenha%ngen. (Denn man ha%tte nicht gesagt, die Planeten ma%ssen sich in Kreisen bewegen, wenn es nie geschienen ha%tte, da# sie sich in Kreisen bewegen.) [a: Z 570a; b: Z s70c.] - 61o. Ich kann beim Unterricht auf Einen zeigen und sagen "Siehst du, der verstellt sich nicht". Und der Schu%ler kann daraus lerner:. Aber wenn er mich fragte "Woraus wird es eigentlich erkannt?" -- so wu%#te ich nichts anderes zu antworten, als etwa: "Schau, wie e1 daliegt, schau auf seine Zu%ge" und dergleichen. 611. Ko%nnte das nun bei andern Wesen anders sein? -- Wenn sie z.B. alle dieselbe Gestalt und dieselben Gesichtszu%ge ha%tten, wa%re schon vieles anders. 612. Und Verstellung ist natu%rlich nur ein besonderer Fall davon, da# Einer eine Schmerza%u#erung von sich gibt, und nicht Schmerzen hat. Wenn dies u%berhaupt mo%glich ist, warum sollte denn dabei immer Verstellung statthaben, -- dieser sehr spezielle psychologische V0R gang? (Und mit einem "psychologischen" meine ich nicht einen "innern".) [Vgl. PU II, xi, S. 228(?--229.] 613. Ja, es ko%nnte ein Fall eintreten, in welchem wir sagen wu%rden: "Er glaubt sich zu verstellen." (Pilgrim's Progress: Er glaubt, die Flu%che zu a%u#ern, die der Bo%se a%u#ert.) [a: PU II, xi, S. 229c.] 614. Die zureichende Evidenz geht ohne eine Grenze in die unzureichende u%ber. Eine natu%rliche Grundlage dieser Begriffs- bildung ist das komplizierte Wesen und die Mannigfaltigkeit der menschlichen Fa%lle. So mu%#te also bei einer geringeren Mannigfaltigkeit eine scharf begrenzte Begriffsbildung natu%rlich erscheinen. Warum aber scheint es so schwer, sich den vereinfachten Fall vorzustellen? Ist es so, als wollte man sich einen Gesichtsausdruck vorstellen, der nicht allma%hlicher, zarter Vera%nderungen U%hig wa%re; sondern, sagen wir, nur fu%nf Stellungen ha%tte; bei einer Vera%nderung ginge die eine mit einem Ruck in die andere u%ber. Wa%re nun dies starre La%cheln wirklich ein La%cheln? Und warum nicht? -- Ich ko%nnte mich vielleicht nicht so dazu verhalten, wie zu einem La%cheln. Es wu%rde mich vielleicht nicht selber zum La%cheln bringen. (a, b: Z 439; c: Vgl. Z527.] 106 (I6I0 615. Ein vollkommen starrer Gesichtsausdruck ko%nnte kein freund- licher sein. Zum freundlichen Ausdruck geho%rt die Vera%nderlichkeit und die Unregelma%#igkeit. Die Unregelma%#igkeit geho%rt zur Physiognomie. 616. Die Wichtigkeit fu%r uns der feinen Abschattungen des Benehmens. 617. Zu meinem Begriff geho%rt hier mein Verha%ltnis zur Erscheinung. [Z 543 .] 618. Denk die dies Argument: Schmerzen haben doch einen Grad. Nun wird aber niemand behaupten, ich wisse je den genauen Grnd der Schmerzen des Andern; also ko%nnten sie auch den Grad 0 haben. Aber kennt denn er den 'genauen Grad' seiner Schmerzen? Und was hei#t es: ihn kennen? 619. "Nun, wei# er denn nicht, wie stark seine Schmerzen sind? Er hat daru%ber keinen Zweifel. 620. Aber ich wei# doch z.B. nicht, da# sein Schmerz jetzt ein klein wenig abgenommen hat. -- Doch, ich wei# es, wenn er mir's sagt. Was er sagt, istja auch eine A%u#erung. 621. Die Unsicherheit hat ihren Grund nicht darin, da# er seir1e Schmerzen nicht au#en am Rock tra%gt. Und es ist auch gar keine Unsicherheit im besondern fall. Wenn die Grenze zwischen zwei La%ndern strittig wa%re, wu%rde daraus folgen, da# die Landes- angeho%rigkeit jedes einzelnen Bewohners fraglich wa%re? [Z 556.] 622. Sandhaufen' ist ein unscharf begrenzter Begriff--aber warum verwendet man statt seines nicht einen scharf begrenzten? Liegt der Grund in der Natur der Haufen? Welches Pha%nomens Natur bestimmt unsern Begriff? [Vgl. Z 392.] 623. Ein Hund ist einem Menschen a%hnlicher, als ihm ein Wesen von menschlicher Gestalt wa%re, das sich 'mechanisch' bena%hme." Nach einfachen Regeln bena%hme? 624. Wir beurteilen eine Handlung nach ihrem Hintergrund im menschlichen Leben, und dieser Hintergrund ist nicht einfa%rbig, sondern wir ko%nnten ihn uns als ein sehr kompliziertes filigranes Muster vorstellen, das wir zwar nicht nachzeichnen ko%nnten, aber nach seinem allgemeinen Eindruck wiedererkennen. 107 II--615 625. Der Hintergrund ist das Getriebe des Lebens. Und unser Begriff bezeichnet etwas in diesem Getriebe. 626. Und schon der Begriff 'Getriebe' bedingt die Unbestimmtheit. Denn nur durch sta%ndige Wiederholung ergibt sich ein Getriebe. Und fu%r 'sta%ndige Wiederholung' gibt es keinen bestimmten Anfang. 627. Die Variabilita%t selbst ist ein Charakter des Benehmens, der ihm nicht fehlen kann, ohne es fu%r uns zu etwas ganz anderem zu machen. (Die charakteristischen Gesichtszu%ge der Trauer, z.B., sind nicht bedeutsamer als es ihre Beweglichkeit ist.)1 628. Es ist dort unnatu%rlich, eine Begriffsgrenze zu ziehen, wo fu%r sie nicht eine besondere Rechtfertigung besteht, wo A%hnlichkeiten uns u%ber die willku%rlich gezogene Linie immer hinu%berzo%gen. 629. Wie ko%nnte man die menschliche Handlungsweise beschreiben? Doch nur, indem man die Handlungen der verschiedenen Menschen, wie sie durcheinanderwimmeln, zeigte. Nicht, was Einer jetzt tut, sondern das ganze Gewimmel ist der Hintergrund, worauf wir eine Handlung sehen, und bestimmt unser Urteil, unsere Begriffe und Reaktionen. [ Z 567.] 630. Wie ko%nntest du erkla%ren, was es hei#t 'Schrnerzen heucheln', 'sich stellen, als habe man Schmerzen'. (Natu%rlich fragt es sich: Wem?) Sollst du's vormachen? Und warum lie#e sich so eine Demonstration so leicht mi#verstehen? Man mo%chte sagen: "Leb einige Zeit unter uns und du wirst es verstehen lernen." 631. Man ko%nnte ihn doch einfach lehren, den Schmerz (z.B.) zu mimen (nicht in der Absicht zu betru%gen). Aber wa%re es Jedem beizubringen? Ich meine: Er ko%nnte ja wohl erlernen, gewisse rohe Schmerzzeichen von sich zu geben, ohne aber je aus eigenem, aus seiner eigenen Einsicht eine feinere Nachahmung zu geben. (Sprachtalent.) (Man ko%nnte vielleicht sogar einen gescheiten Hund eine Art Schmerzgeheul lehren; aber es ka%me doch nie seinerseits zu einer bewu#ten Nachahmung.) [ Z 389.] 632. Ich will eigentlich sagen, da# die gedanklichen Skrupel im Instinkt anfangen (ihre Wurzeln haben). Oder auch so: Das Sprachspiel hat seinen Ursprung nicht in der U%berlegung. Die U- berlegung ist ein Teil des Sprachspiels. Und der Begriff ist daher im Sprachspiel zu Hause. [Z 391.] 633. "Ko%nntest du dir keine weitere Umgebung denken, in der auch das noch als Verstellung zu deuten wa%re?" Aber was hei#t es: da# es noch immer Verstellung sein ko%nnte? Hat denn Erfahrung uns das gelehrt? Und wie ko%nnen wir anders u%ber Verstellung unterrichtet sein? [Vgl. Z 571.] 634. Liegt hier nicht etwas A%hnliches vor, wie das Verha%ltnis der euklidischen Geometrie zur Gesichtserfahrung? (Ich meine: es sei eine tiefgehende A%hnlichkeit vorhanden.) Denn auch die euklidische Geometrie entspricht ja der Erfahrung nur in sehr eigentu%mlicher Weise, und nicht etwa nur 'blo# anna%hernd'. Man ko%nnte vielleicht sagen, sie entspreche ebensosehr unserer Methode des Zeichnens, wie andern Dingen, oder auch, sie entspreche gewissen Bedu%rfnissen des Denkens. Ihre Begriffe haben ihre Wurzeln in weit verstreuten und entlegenen Gebieten. [Bis "Man ko%nnte vielleicht sagen" Vgl. Z572.] 635. Denn, so wie das Verbum "glauben" konjugiert wird wie das Verbum "schlagen", so werden Begriffe fu%r das eine Gebiet nach Analogie weit entfernter Begriffe gebildet. (Die Geschlechter der Hauptworte.) 636- Die Begriffsbildung hat z-B- Grenzenlosigkeit' wo in der Erfahrung keine scharfen Grenzen zu finden sind. (Grenzenlose Approximation.) 637- Man ko%nnte manchmal sagen' die Begriffe seien einer Denkbe- quemlichkeit gema%# gebildet. (Wie ja auch der Meterstab nicht nur den zu messenden Dingen, sondern auch dem Menschen gema%# ist.) Aber zum Teufel: es wei# doch Jeder, ob er Schmerzen hat! -- Wie ko%nnt's dennjeder wissen? Dazu mu%#te er doch vor allem wissen, da# sie Alle das Gleiche haben. 638. Ein Stamm hat zwei Begriffe, verwandt unserm 'Schmerz'. Der eine wird bei sichtbaren Verletzungen angewandt und ist mit Pflege, Mitleid, etc. verknu%pft. Den andern wenden sie bei Magen- schmerzen, z.B., an und er verbindet sich mit Belustigung u%ber den Klagenden. "Aber merken sie denn wirklich nicht die A%hnlichkeit?" -- Haben wir denn u%berall einen Begriff, wo eine A%hnlichkeit besteht ? Die Frage ist: Ist ihnen die A%hnlichkeit wichtig? Und mu# sie's ihnen sein? [Z 380.] 109 II--633 639. Wenn du dir u%berlegst, aus welchen Gru%nden Einer Schmerzen verbei#en, oder simulieren ko%nnte, werden dir unza%hlige einfallen. Warum gibt es nun diese Vielheit? Das Leben ist sehr kompliziert. Es gibt sehr viele Mo%glichkeiten. Aber ko%nnten nicht andere Menschen viele dieser Mog. lichaeiter beiseite lassen, gleichsam die Achsel u%ber sie zucken? 640. Aber u%bersieht dieser dann nicht etwas, was da ist? -- Er nimmt =: davon keine Notiz; und warum sollte er? -- Aber dann ist ja eben se1n Begriff grundverschieden von dem unsern. -- Grundverschieden? Verschieden. -- Aber es ist dann doch, als ob sein Wort nicht dasselbe bezeichnen ko%nnte wie unseres. Oder nur einen Teil davon. -- Aber so =:= mu# es ja auch ausschauen, wenn sein Begriff verschieden ist. Denn die Unbestimmtheit unseres Begriffs kann sich ja fu%r uns in den ,= Gegenstand projizieren, den das Wort bezeichnet. So da#, fehlte d~e Unbestimmtheit, auch nicht 'dasselbe gemeint' wa%re. Das Bild, das ;== wir verwenden, versinnbildlicht die Unbestimmtheit. [Z 381 .j 641 . In der Philosophie darf man keine Denkkrankheit abschneiden. Sie mu# ihren natu%rlichen Lauf gehen, und die langsame Heilung ist dns Wichtigste. [Z 382.] 642. Man kann nie wissen, was in seiner Seele vorgeht" -- das scheint eine Selbstversta%ndlichkeit zu sein. Und ist es auch in dem Sinne, da# hier eben das gebrauchte Bild den Satz schon entha%lt. Aber man mu# ihn eben zugleich mit dem Bild in Frage ziehen. 643. Das "Wer wei#, was in ihm vorgeht!" Das Interpretieren de1 au#ern Ereignisse als Folgen von unbekannten, oder nur geahnten, innern. Das Interesse, das sich auf dies Innere richtet, wie auf die chemische Struktur, aus der das Verhalten hervorgeht. Denn man braucht ja blo# sagen "Was gehen mich die inneren Vorga%nge, was immer sie sind, an?!" um zu sehen, da# sich eine andere Einstellung denken la%#t. -- "Aber jeden wird doch immer sein Inneres interessieren!" Unsinn. Wu%#te ich denn, da# der Schmerz, == etc. etc. etwas Inneres ist, wenn's mir nicht gesagt wu%rde? 644. Der Zweifel am inneren Vorgang ist ein Ausdruck. Der Zweifel aber ist ein instinktives Verhalten. Ein Verhalten gegen den Ande1r1 Und es ru%hrt nicht daher, da# ich von mir selbst her wei#, was Schmerz, etc., ist: wei#, da# es etwas Inneres ist und da# es n irgend einem A%u#ern zusammengehen kann. Ich wei# alles eher! 110 II--639 653. Ko%nnte also Bestimmtheit nur dort sein, wo regelma%#ige Lebensla%ufe sind? Was tun sie aber, wenn ihnen ein unregelma%#iger Fall unterla%uft? Vielleicht zucken sie nur die Achseln. 654. "Er sagte mir -- und es war nicht der geringste Zweifel an seiner Glaubwu%rdigkeit mo%glich -- da# . . ." Unter welchen Umsta%nden ist kein Zweifel an seiner Glaubwu%rdigkeit mo%glich? Kann ich sie angeben? Nein. 655. Du mu#t an den Zweck der Worte denken. Was hat die Sprache mit Schmerzen zu tun? 656. Im Falle, den ich mir vorstelle, haben die Leute ein Wort, das einen a%hnlichen Zweck erfu%llt (eine a%hnliche Funktion hat) wie das Wort "Schmerz". Man kann nicht sagen, es "bezeichne" etwas A%hnliches. Es greift anders, und doch a%hnlich, in ihr Leben ein. 657. "Man kann aber doch den Schmerz nicht mit Sicherheit nach dem A%u#ern erkennen." -- Man kann ihn nur nach dem A%u#ern erkennen und die Unsicherheit ist eine konstitutionelle. Sie ist kein Mangel. Es liegt in unserm Begriff, da# diese Unsicherheit besteht; in unserm Instrument. Ob dieser Begriff praktisch, oder unpraktisch 1st, darum handelt's sich eigentlich nicht. 658. Die Farben ko%nnten in einer andern Welt eine andere Rolle spielen als in der unsern. Denk an verschiedene Fa%lle. (1) Bestimmte Farben an bestimmte Formen gebunden. Kre1s- fo%rmiges Rot, viereckiges Gru%n, etc. (2) Farbstoffe nicht herstellbar. Man kann Dinge nicht fa%rben. (3) Eine Farbe immer an einen u%blen Geruch oder an Giftigkeit gebunden. (4) Farbenblindheit weit ha%ufiger als bei uns. (5) Verschiedene To%ne von Grau sind ha%ufig; alle andern Farber1 a%u#erst selten. (6) Wir ko%nnen aus dem Geda%chtnis eine gro#e Anzahl vor1 Farbto%nen reproduzieren. Wenn unser Zahlensystem mit der Zahl unserer Finger zusammen- ha%ngt, warum dann nicht unser System der Farben mit der besondern ' Art des Auftretens der Farben. (7) Eine Farbe tritt immer nur in graduellem U%bergang in eine - andere auf. (8) Farben treten immer im Farbverlauf des Regenbogens auf. 112 II653 659. Denke an die Unsicherheit, ob Tiere, besonders niedere Tiere, Fliegen z.B., Schmerzen fu%hlen. Die Unsicherheit, ob eine Fliege Schmerz fu%hlt, ist eine philo- sophische; aber ko%nnte sie nicht auch eine instinktive sein? Und wie wu%rde sich das zeigen? Ja, gibt es eben nicht eine Unsicherheit im Benehmen gegen die Tiere? Einer wei# nicht: Ist er grausam oder nicht. 660. Denn es gibt ja Unsicherheit des Benehmens, die nicht auf einer Unsicherheit in den Gedanken beruht. &1- Sieh die Frage der Unsicherheit' ob der Andere Schmerz empfindet, in der Beleuchtung durch die Frage, ob ein Insekt Schmerz empfindet. 662. Es gibt doch im Benehmen Vertrauen und Mi#trauen! Klagt Einer z.B., so kann ich mit vo%lliger Sicherheit, ver- trauensvoll, reagieren, oder unsicher und wie Einer, der Verdacht hat. Es braucht dazu keine Worte, noch Gedanken. [Z 573.] 663. Die Unvorhersehbarkeit des menschlichen Benehmens. Wa%re sie nicht vorhanden, -- wu%rde man dann auch sagen, man ko%nne n1e wissen, was im Andern vorgeht? [Z 603.] 664. Aber wie wa%r's, wenn das menschliche Benehmen nicht unvorhersehbar wa%re? Wie hat man sich das vorzustellen? (D.h.: wie auszumalen, welche Verbindungen anzunehmen?) [Z 604.] 665. "Ich wei# nicht, was jetzt in ihm vorgeht!" das ko%nnte man von einem komplizierten Mechanismus sagen; etwa einer Kunstuhr, die nach sehr komplizierten Gesetzen verschiedene a%u#ere Bewegungen auslo%st. Man denkt sich dann bei ihrer Betrachtung vielleicht: Wenn ich wu%#te, wie es in ihr ausschaut, was jetzt vorgeht, wu%#te ich, wns zu erwarten ist. 666. Beim Menschen aber ist angenommen, da# man in den Mechanismus keinen Einblick gewinnen kann. Es ist also die Unbestimmtheit postuliert. : &7. Wenn ich aber zweifle, ob eine Spinne wohl Schmer2 empfindet, dann ist es nicht, weil ich nicht wei#, was ich mir zu .== erwarten habe. [Z 564.] 113 II--659 668. Wir ko%nnen aber nicht umhin, uns das Bild vom seelischen Vorgang zu machen. Und nicht, weil wir ihn von uns her kenneni [Zs6s.] 669. Eine Art der Unsicherheit wa%re die, die wir auch einem nns unbekannten Mechanismus entgegenbringen ko%nnten. Bei der andern wu%rden wir uns mo%glicherweise an eine Begebenheit in unserm Leben erinnern. Es ko%nnte z.B. sein, da# Einer, der gerade der Todesangst entronnen ist, sich davor scheuen wu%rde, eine Fliege zv erschlagen und es sonst ohne Bedenken ta%te. Oder, anderseits, da# er mit diesem Erlebnis vor Augen, das zo%gernd tut, was er sonst ohne Zo%gern ta%te. [Z 561.] 670. Auch wenn ich 'nicht sicher in meinem Mitleid ruhe', mu# ich nicht an die Ungewi#heit seines spa%tern Benehmens denken. [Z 562.] = 671. Die eine Unsicherheit geht sozusagen von dir aus, die ande1e von ihm. Von der einen ko%nnte man also doch sagen, sie hinge mit einer Analogie zusammen; von der andern nicht. Aber nicht, als ob icli aus =- der Analogie einen Schlu# zo%ge! [Z 563.] 672. Wenn das Leben ein Teppich wa%re, so ist dies Muster (der ==== Verstellung z.B.) nicht immer vollsta%ndig und vielfach variiert. Abet: wir, in unserer Begriffswelt, sehen immer wieder das Gleiche mit Variationen wiederkehren. So fassen's unsere Begriffe auf. D1e: Begriffe sindja nicht fu%r einmaligen Gebrauch. [Z 568.] 673. Und das Muster ist im Teppich mit vielen andern Mustern verwoben. [Z s69.] := 674. Ich sage z.B. "Er ko%nnte sich ja doch verstellen" -- was denke ich mir dabei? -- d.h. welche Erkla%rung ga%be ich von dem Wort "verstellen"; was fu%r Exempel ka%men mir in den Sinn? 675. Wie uerwende ich den Satz? (Denn es ist hier wie in gewissen Gebieten der Mathematik, wo es eine 'phantastische Anwendung' gibt.) 676. Ich rufe ein Bild herauf, das dann zu einem Zweck dienen kann. (Ich ko%nnte geradezu auf ein gemaltes Bild schauen.) 677. Manchmal behandle ich ihn so, wie ich mich behandle und behandelt werden mo%chte, wenn ich Schmerzen habe, und manchrnal nicht. 114 II--668 0%78. Wir sind an eine bestimmte Einteilung der Sachen gewo%hnt. Sie ist uns mit der Sprache, oder den Sprachen, zur Nati1r geworden. 679. Dies sind die festen Schienen, auf denen all unser Denken verla%uft, und also nach ihnen auch unser Urteilen und Handeln. [Z37s.] 680. Mu# der Begriff der Bescheidenheit, oder der Prahlerei u%berall bekannt sein, wo es bescheidene und prahlerische Menschen gibt? Es liegt ihnen vielleicht dort nichts an dieser Unterscheidung. Uns sind ja auch manche Unterschiede unwichtig, und ko%nnten nns wichtig sein. [Z 378.] 681. Und Andere haben Begriffe, die unsere Begriffe durch- schneiden. Und warum sollte nicht ihr Begriff unsern Begriff 'Schmerz' schneiden? [Der erste Satz: Z 379. Der zweite Satz: Z 380, der letzte Satz.] 682. Die 'Unsicherheit' bezieht sich eben nicht auf den besondern Fall, sondern auf die Methode, auf die Regeln der Evidenz. [Z 555 683. Festbegrenzte Begriffe wu%rden eine Gleichfo%rmigkeit des Ver- haltens fordern. Es ist aber so, da# wo ich sicher bin, der Ander"e unsicher ist. Und das ist eine Naturtatsache. [Z 374.] 684. Wenn man sagt "Die Evidenz kann die Echtheit des Ge- fu%hlsausdrucks nur wahrscheinlich machen", so hei#t das nicht, daB statt vo%lliger Sicherheit immer nur eine mehr oder weniger zuversichtliche Vermutung da ist. "Nur wahrscheinlich" kann sich nicht auf den Grad unsrer Zuversicht beziehen, sondern nur auf die Art ihrer Begru%ndung, auf den Charakter des Sprachspiels: Das mu6 doch die Konstitution unsres Begriffs bestimmen helfen: da# unter den Menschen in Bezug auf die Sicherheit ihrer U%berzeugung nicht U-- bereinstimmung besteht. (Vergleiche die Bemerkung u%ber die U%bereinstimmung in den Farburteilen und in der Mathematik.) 685. Es kann der Eine vollkommen u%berzeugt sein und der Andere, bei gleicher Evidenz, nicht. Und wir schlie#en darum weder diesen noch jenen als urteilsunfa%hig, oder als unzurechnungsfa%hig, aus der 1 Gesellschaft aus. 686. Aber ko%nnte eine Gesellschaft nicht eben dies tun? 115 II578 687. Denn die Wo%rter haben eben nur im Flu# des Lebens Bedeutung. 688. Ich bin sicher, sicher, da# er sich nicht verstellt; aber der Andere ist's nicht. Kann ich ihn u%berzeugen? Und wenn nicht, -- sag ich, e=1 kann nicht denken? (Die U%berzeugung davon ko%nnte man 'intuitiv nennen.) [Vgl. PU II, xi, S. 227f.] 689. Der Instinkt ist das Erste, das Raisonnement das Zweite. Gru%nde gibt es erst in einem Sprachspiel. 690. Sage ich etwa "und die Seele ist auch nur etwas am Leibe"? Nein. (Ich bin nicht so arm an Kategorien.) 691. Du kannst den Begriff variieren, aber dann vera%nderst du ihn vielleicht bis zur Unkenntlichkeit. vielleicht bis zur Unkenntlichkeit 692. Wenn wir den Begriff der Verstellung variieren, mu%ssen wir seine Innerlichkeit, d.h. die Mo%glichkeit des Gesta%ndnisses bei- behalten. Wir mu%ssen aber dem Gesta%ndnis nicht immer Glauben schenken, und das falsche Gesta%ndnis mu# nicht Betrug sein. 693. Andere, obgleich den unsern verwandte Begriffe ko%nnten uns sehr seltsam erscheinen: na%mlich eine Abweichung vom Gewohnten~n ungewohnter Richtung. [Z 373.] 694. "Du verstehst ja nichts!" so sagt man, wenn Einer bezweifelt, da# das echt sei, was wir klar als echt erkennen. "Du verstehst ja nichts" -- aber wir ko%nnen nichts beweisen. [Vgl. PU II, xi, S. 227g.] 695. Der seelenvolle Ausdruck in der Musik, -- er ist doch nicht nach Regeln zu erkennen. Und warum ko%nnen wir uns nicht vorstellen, da# er's fu%r andere Wesen wa%re? [Z 157.] 696. Schon das wu%rde uns einen fremden und tiefen Eindruck machen, wenn wir zu Menschen ka%men, die nur Spieluhrmusik kennten. Wir wu%rden uns vielleicht eine Art Geba%rden erwarten, die wir nicht verstu%nden, auf die wir nicht zu reagieren wu%#ten. 697. 'Die Echtheit des Ausdrucks la%#t sich nicht beweisen.' 'Man mu# sie fu%hlen.' Aber was geschieht nun weiter damit? Wenn Eine1 sagt "Voila, comment s'exprime un coeur vraiment epris", und wen 116 II687 er auch einen Andern zu seiner Ansicht bekehrt, -- welche weitere Folgen hat es? Es lassen sich in vager Weise Folgen vorstellen. Die Auf- merksamkeit des Andern wird anders gelenkt. [Vgl. PU II, xj, S. 228a.] 698. Ko%nnte man sich nun vorstellen, da# bei andern Wesen, was bee1 uns sich nicht beweisen la%#t, sich beweisen lie#e? Oder wu%rde es eben dadurch sein Wesen bis zur Unkenntlic:hkeji a%ndern? 699. Was fu%r uns wesentlich ist, ist doch die spontane Zustimmnng, die spontane Sympathie. 700. 'Diese Menschen ha%tten nichts Menschena%hnliches.' Warum? -- Wir ko%nnten uns unmo%glich mit ihnen versta%ndigen. Nicht einmal so, wie wir's mit einem Hund ko%nnen. Wir ko%nnten uns nicht in sie finden. Und doch ko%nnte es ja solche, im u%brigen menschliche, Wese=n geben. [Z 390.] 701. "Wissen kann man es doch nicht. Man kann es glauben. Mit ganzer Seele glauben, aber nicht wissen." Dann liegt der Unter- schied nicht in der Sicherheit des U%berzeugten. Er mu# wo anders liegen; in der Logik der Frage. 702. Denke, Leute ko%nnten das Funktionieren des Nervensystems im Andern beobachten. Sie unterschieden dann echte und geheuchelte Empfindung in sicherer Weise. Oder ko%nnten sie doch wieder daran zweifeln, da# der Andere bei diesen Zeichen etwas spu%rt? -- Man ko%nnte sich jedenfalls vorstellen, da#, was sie da sehen, ihr Verhalten ohne alle Skrupel bestimmt. Und nun kann man dies doch auf das a%u#ere Benehmen u%bertragen. [Z557a,b.] 703. Es gibt wohl den Fall, da# Einer mir spa%ter sein Innerstes durc ein Gesta%ndnis aufschlie#t: aber, da# er so ist, kann mir nicht d1s Wesen von Au#en und Innen erkla%ren, denn ich mu# ja de Gesta%ndnis doch Glauben schenken. Das Gesta%ndnis ist ja auch etwas A%u#eres. (Z 558.] 704. Die Menschen, die das Funktionieren der Nerven sehen ko%nnen Mu# ich mir denken, das Innere ko%nne sie doch zum Besten habe: Das hei#t aber: Kann ich mir nicht doch a%u#ere Zeichen denken, di mir zum sicheren Urteil u%ber das Innere ausreichend schienen? 117 II--69 705. Aber nun sag: "Es ko%nnte ja doch Einer etwas fu%hlen, such wenn die physiologischen Zeichen ganz dagegen spra%chen." Nun, dann haben eben die einen andern Begriff, die diese Skrupel nichi kennen. 706. Denk dir, es wu%rden die Leute eines Stammes von fru%herJugend dazu erzogen, keinerlei Gemu%tsausdruck zu zeigen. Er ist fu%r sie etw as Kindisches, das abzutun sei. Die Abrichtung sei streng. Man redet von 'Schmerzen' nicht; schon erst recht nicht in der Form einet Vermutung "Vielleicht hat er doch . . .". Klagt jemand, so wird er verlacht oder gestraft. Den Verdacht der Verstellung gibt es gar nichi. Abrichtung zum ausdruckslosen, monotonen Reden, zu regel- ma%#igen Bewegungen. [Au#er dem letzten Satz: Z 383.] 707. Ich will sagen: eine ganz andere Erziehung, als die unsere, ko%nnte auch die Grundlage ganz anderer Begriffe sein. [Z 387.] 708. Denn es wu%rde hier das Leben anders verlaufen. -- Was uns interessiert, wu%rde sie nicht interessieren. Andere Begriffe wa%ren d1 nicht mehr unvorstellbar. Ja, wesentlich andere Begriffe sind nur so vorstellbar. [Z 388.] 709. Nicht darauf sehen wir, da# die Evidenz das Gefu%hl des Andem nur wahrscheinlich macht, sondern darauf, da# wir dies als Eviden fu%r irgend etwas betrachten, da# wir auf diese verwickelte Art er Evidenz eine Aussage bauen, da# sie also in unserm Leben ein besondere Wichtigkeit hat und durch einen Begriff herausgehobe=n wird. [Vgl. Z 554.] 710. "Verstellen", ko%nnten jene Leute sagen, "was fu%r ein la%cher. licher Begriff" [Z 384, der erste Satz.] 711. Der feste Glaube (an eine Verhei#ung z.B.) -- ist er wemger sicher als die U%berzeugung von einer mathematischen Wahrheit? (Aber iverden dadurch die Sprachspiele a%hnlicher!) [ Uermis(Xie Bemerkungen, S. 142.] 712. Ko%nnte nicht das Verhalten, Benehmen, des Vertrauens garz allgemein unter einer Gruppe von Menschen bestehen? So da# ihne ein Zweifel an Gefu%hlsa%u#erungen ganz fremd ist? [Z 566.] 713. Aber u%berlege: Warum soll sich Einer verstellen mu%ssen, gibt e nicht andere Mo%glichkeiten? Kann er nicht tra%umen? Kann sich d:e Sache nicht anders verwirren? (Couvade.) 118 II--70 Denk daran, wie oft es unmo%glich ist, zu sagen: Einer sei ehrjich, oder unehrlich; aufrichtig, oder unaufrichtig. (Ein Politiker z.B. Wohlmeinend, oder das Gegenteil. Wieviel dumme Fragen werd'en daru%ber gestellt! Wie oft passen die Begr~e nicht! 714. Es ist fu%r unsere Betrachtung wichtig, da# es Menschen g1bi, von denen jemand fu%hlt, er werde nie wissen, was in ihnen vorgeht. Er werde sie nie verstehen. [ Vermischte Bemerkungen, S. 142.j 715. Wir sind gewi# geneigt, zu sagen, die Kla8e sei nur ein Zeichen ein Symptom des wichtigen Pha%nomens, weQches nur erfahrun8s- ma%#ig mitjenem verbunden sei. Und wenn wir hier auch einen FehYer machen: so mu# diese starke Versuchung doch ihre Begru%ndung haben und zwar im Gesetz der Evidenz, welche wir zulassen.1 716. Man ko%nnte die Frage stellen: Welcher Art mu# das Gesetz de zugelassenen Evidenz sein, damit diese Auffassung uns naheliegt ? 717. Man mo%chte die Antwort geben: die Evidenz mu%sse schwanken sein. Vielgestaltig ? 718. Es gibt verstellten Ausdruck; aber auch fu%r die Verstellung mu# esja Evidenz geben. Wenn wir auch oft einfach nicht wissen, was wir sagen sollen, s mu%ssen wir doch manchmal einer Meinung zuneigen, manchmal Gewi#heit haben. Es mu# also doch das A%u#ere evident2 sein. 719. Du sagst, du pflegst den Sto%hnenden, weil Erfahrung dich gelehrt hat, da# du selbst sto%hnst, wenn du das und das fu%hlst. Abe1 d1 du ja doch keinen solchen Schlu# ziehst, so ko%nnen wir die Begru%ndung durch Analogie weglassen. [Z 537.] 720. Da# der und der Satz keinen Sinn hat, ist in der Philosophie von Bedeutung, aber auch, da# er komisch klingt. [Z 328.] 721. Kann man das 'sich auskennen' ein Erlebnis nennen? Nicht doch. Aber es gibt Erlebnisse charakteristisch fu%r den Zustand de1 Sich-auskennens und des Sich-nicht-auskennens. (Sich nicht ausken- nen und lu%gen.) [Z 516.] 119 II--714 722. Ist "Ich hoffe . . ." eine Beschreibung eines Seelenzustandes? E Seelenzustand hat eine Dauer. Sage ich also "Ich habe den ganz Tag gehofft . . .", so ist das eine solche Beschreibung. Sage ich abE Einem "Ich hoffe, du kommst" -- wie, wenn er mich fragte "W lange hoffst du es?"? Ist die Antwort: "Ich hoffe, wa%hrend ich' sage"? Angenommen, ich ha%tte auf diese Frage irgendeine Antwor wa%re sie nicht fu%r den Zweck der Worte "Ich hoffe, du w1r kommen" ganz irrelevant? [Z 78.] 723. Ein Schrei ist nicht die Beschreibung eines Seelenzustande obwohl man aus ihm auf einen See3enzustand schlie#en kann. PU II, ix, S. 189b, c.] 724. Man schreit nicht Hilfe, weil man auf den eigenen Ang zustand aufmerksam ist. 725 . Zum 'Beschreiben' geho%rt das 'Aufmerken'. 726. Beschreibungen sind die Sa%tze: "Ich fu%rchte ihnjetzt weniger fru%her", "Ich wu%nsche schon seit langem . . .", "Ich hoffe imm wieder . . .". (Man beschreibt einen Verlauf.) 727. Will ich also sagen, gewisse Tatsachen seien gewissen Begriff bildungen gu%nstig; oder ungu%nstig? Und lehrt das die Erfahrung? E ist Erfahrungstatsache, da# Menschen ihre Begriffe a%ndern, wechsel wenn sie neue Tatsachen kennenlernen; wenn dadurch, was ihne fru%her wichtig war, unwichtig wird, und umgekehrt. (Man find z.B.: was fru%her als Artunterschied galt, sei eigentlich nur e Gradunterschied.) ((Zur Betrachtung u%ber den Farbbegriffund anderes.)) 728. Ist der Schrei keine Beschreibung, dann ist es auch nicht d Wortausdruck, der ihn ersetzt. Die A%u#erungen von Furcl Hoffnung, Wunsch, sind keine Beschreibungen. Wohl aber sind d die Sa%tze: "Ich fu%rchte ihn jetzt weniger #s fru%her", "Ich wu%nscr schon seit langem . . .", . . . 729. Was ist die Vergangenheitsform von "Nicht wahr, kommst! "?1 [Z 80.] 120 II--7 730. Der verworrene Gebrauch der psychologischen Begr1kswu%rt ("denken" z.B.). Wenn das Wort "Violine" nicht blo# da Instrument, sondern manchmal auch den Geiger, die Geigenstinume den Geigenklang, das Geigenspiel bezeichnete. 731. "Wenn p eintrifft, so trifft q ein" ko%nnte man eine beding Vorhersage nennen. D.h.: fu%r den Fall nicht-p mache ich kein Vorhersage. Aber darum wird, was ich sage, durch "nichtp nicht-q" auch nicht wahrgemacht. Oder auch so: Es gibt bedingte Vorhersagen, und "p impliziert q" ist keine solche. [Z 681.] 732. Den Satz "Wenn p eintrifft, so trifft q ein" will ich "S" nermen -- "S oder nicht-S" ist eine Tautologie: aber ist es auch der Satz vo ausgeschlossenen Dritten? -- Oder auch so: Wenn ich sagen will, die Vorhersage "S" richtig, falsch, oder unentschieden sein kan wird das durch den Satz ausgedru%ckt "nicht (S oder nichtS)" [Z682.] 733. Die Verwendung des Wortes "betrachten , "beobachten . Vnt nun des Ausdrucks "sich selbst betrachten" ! fu%rchten". Aber auch der Ausdruck "Ich pflege . . ." ko%nnte hie: mancherlei bedeuten. Es ko%nnte aber eine Sprache geben, in dere Konjugationen viel mehr Unterschiede als in den uns bekar1nter Sprachen beru%cksichtigt werden. 735. Unterschied des Zwecks zwischen der Furchta%u#erung "j fu%rchte mich! " und dem Furchtbericht "Ich fu%rchte mich". 736. "Wissen" kann etwas A%hnliches bedeuten, wie "ko%nnen' (auswendig wissen z.B.), oder aber wie "sicher sein". 737. Niemand au#er ein Philosoph wu%rde sagen "Ich wei#, da# ic zwei Ha%nde habe"; wohl aber kann man sagen: "Ich bin nicht i Stande, zu bezweifeln, da# ich zwei Ha%nde habe." "Wissen" aber wird gewo%hnlich nicht in diesem Sinn gebrat1cht [a: Z 405; b: Z 406, der erste Satz.]